Grünen-Parteitag: Sprit ins Wahlkampf-Feuer

Früher war zwar nicht alles besser, aber der Sprit war billiger. Bild: Zauberin, Pixabay

Worum es den Delegierten bei der Debatte um den Kraftstoffpreis an diesem Wochenende geht. Und was im Entwurf des Wahlprogramms steht

Noch bis Sonntag diskutieren die Grünen auf einer überwiegend online stattfinden Delegiertenkonferenz ihr Wahlprogramm. Interessierte können die Reden und Diskussionen live auf der Internetseite der Partei verfolgen.

Man darf gespannt sein, was dem Publikum geboten wird. In den vergangenen Jahren hat sich die einstige Bewegungspartei – ganz dem Erwartungsdruck der großen Medien folgend – Auseinandersetzungen weitgehend verkniffen und die Parteitage eher als die nachgefragten Harmonie-Veranstaltungen inszeniert. Es ist eben lange her, dass die Grünen als parlamentarischer Arm von Friedens- und Umweltbewegung gestartet sind.

Es könnte aber sein, dass es in diesem Jahr ein wenig anders wird und die Parteitagsregisseure hinter den Kulissen mächtig ins Schwitzen geraten. Aus den Reihen der Jungen sowie aus der neuen Umwelt- und Klimabewegung wird schließlich ein deutlich höherer CO2-Preis gefordert.

Der Parteiführung dürfte das höchst unangenehmen sein. Immerhin haben die letzten Wochen gezeigt, dass der Spritpreis der Ring durch die Nase der Grünen ist, an dem sie durch die mediale Arena gezogen werden können.

Hier bei Telepolis wurde schon darüber geschrieben, dass die mediale Aufregung über die Spritpreis-Debatte rational nicht wirklich erklärbar ist. Aber vielleicht sollten wir an dieser Stelle zunächst einmal darauf hinweisen, dass es zwei voneinander unabhängige Märkte für CO2-Emissionen gibt, die nicht miteinander verwechselt werden sollten.

Zwei getrennte Märkte für Emissionsrechte

Das eine ist der ältere europäische Markt, auf dem sich Industrie und Kraftwerksbetreiber mit Emissionsrechten eindecken müssen.

Ein hoher Preis hier hat für den Verbraucher den Effekt, dass die EEG-Umlage niedriger wird. Ein hoher CO2-Preis für Kraftwerke bedeutet nämlich, dass der Braunkohlestrom teurer und damit letztlich auch der Preis an der Leipziger Strombörse höher wird. Dadurch kann der EEG-geförderte Ökostrom dort zu einem höheren Preis verkauft werden, was wiederum die mit der EEG-Umlage abzudeckende Spanne zwischen Vergütung für den Solar- oder Windkraftanlagenbetreiber und dem Verkaufserlös mindert.

Der andere Markt, der diesen Namen eigentlich bisher nicht wirklich verdient, ist der Anfang dieses Jahres eingerichtete bundesdeutsche Rahmen für Emissionsrechte, die künftig für Verkauf und Erwerb von Heizöl und Kraftstoffen eine Rolle spielen. Die Preise sind dort vorerst fixiert, wie am Mittwoch in der Telepolis-Klima-Wochenschau erläutert wurde. Dort haben wir auch die vorgesehene Staffelung der Preisanhebung aus dem entsprechenden Gesetz zitiert.

Die ganze Aufregung geht bisher darum, dass die Grünen in ihrem Programmentwurf vorschlagen, den Preisanstieg etwas vorzuziehen. Bisher heißt es, dass ab 2025 die Tonne CO2 55 Euro kosten soll und 2026 der Preis erstmalig frei gebildet werden soll. Für das erste Jahr wird noch eine Preisspanne von 55 bis 65 Euro pro Tonne vorgegeben, danach würde der Preis nach bisheriger Regelung frei gebildet werden.

Die Grünen schlagen nun vor, dass die Tonne CO2 für den Kraftstoff- und Heizölsektor bereits 2023 60 Euro kosten soll, also drei Jahre früher. Wie bereits festgestellt würde das gegenüber der bisherigen Regelung für Benzin eine Verteuerung von 5,7 und für Diesel um 6,5 Cent pro Liter bedeuten.

Grünen-Programmentwurf nennt konkrete Ziele

Dass damit noch keine Lenkungswirkung zu erzeugen sein wird, scheint auch den meisten Grünen klar. Daher auch die Forderung nach höheren CO2-Preisen. Die Befürworter wissen sich damit auf der Seite jener Umweltökonomen, die vor allem auf marktwirtschaftliche Elemente setzen.

Im grünen Programmentwurf liest sich das allerdings etwas differenzierter. Nach 2023 solle der CO2-Preis so ansteigen, "dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert". Ansonsten zeigt der Programmentwurf, dass der Partei immerhin bewusst ist, dass es auch um ordnungsrechtliche Vorgaben geht und die Maßnahmen sozial ausgewogen sein müssen:

"Da derzeit die Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam und sozial gerecht einsetzen wollen."
Grünen-Entwurf für ein Bundestagswahlprogramm

Und dann ist da noch die Idee eines Energie-Geldes, mit der die Grünen der Linkspartei den Rang ablaufen. Die Einnahmen aus den Emissionsrechten sollen nämlich nicht ins Staatssäckel fließen, sondern an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden. Und zwar als Bonus pro Kopf, der nicht auf Hartz-IV oder andere Transferleistung angerechnet wird.

Das wäre eine Umverteilung von oben nach unten, von der Menschen mit geringem Einkommen profitieren würden. Man darf gespannt sein, ob sich davon etwas in einer Koalition mit Union, Liberalen oder Sozialdemokraten durchsetzen ließe.