Pläne für Bürgerversicherung: Krankenkassen-Beitragssätze würden sinken

Der Begriff "Bürgerversicherung" umfasst unterschiedliche Konzepte zur Reform des Krankenkassensystems. Bild: Tumisu auf Pixabay (Public Domain)

Das Institut der Deutschen Wirtschaft und die Linksfraktion haben untersuchen lassen, haben was eine Krankenversicherung für alle bringen würde

Selbst nach Einschätzung des "arbeitgebernahen" Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) würde eine allgemeine Bürgerversicherung, in die auch Selbstständige und Beamte einzahlen, zu einer leichten Reduzierung der Krankenkassen-Beitragssätze führen. Der momentane Beitragssatz von 15,6 Prozent könnte mit einem solchen Modell durch Einbeziehung der bisher Privatversicherten auf 14,6 sinken, heißt es in einer am Dienstag von der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Studie des Instituts.

Bei einem Wechsel aller Privatversicherten in die gesetzliche Kasse würden überdurchschnittlich viele ältere Menschen dazukommen, die zwar mehr Leistungen in Anspruch nehmen müssen, aber auch überdurchschnittlich hohe Einkommen und entsprechend hohe Beiträge mitbrächten. So könnten mit dem aktuellen Beitragssatz Überschüsse erwirtschaftet werden. Weil das System keine Überschüsse vorsehe, würde der Kassenbeitrag um einen Prozentpunkt reduziert - zumindest für die nächsten sechs Jahre, so das IW.

Auf eine mögliche Beitragssenkung von 2,3 Prozentpunkten kam dagegen Prof. Heinz Rothgang, der Autor eines Gutachtens, das die Bundestagsfraktion Die Linke am Montag in Berlin vorstellte. Das Modell der Solidarischen Gesundheitsversicherung, das Die Linke vorschlägt, sieht allerdings nicht nur den Wechsel der Privatversicherten in die gesetzliche Krankenkasse vor, sondern auch, dass die Beitragbemessungsgrenze für Versicherte mit besonders hohem Einkommen aufgehoben wird - in diesem Fall könnte der Beitragssatz nach Rothgangs Berechnung sogar um 3,5 Prozentpunkte sinken.

Die Stellschrauben der Linken

"Um die Finanzierung von Gesundheit und Pflege solidarisch auszugestalten, wollen wir drei große Schritte gehen", erklärte dazu Susanne Ferschl, die den Arbeitskreis Arbeit, Soziales und Gesundheit der Linken leitet. "Erstens beteiligen wir die Privatversicherten. Zweitens werden Beiträge auf hohe Einkommen fällig. Drittens erheben wir Beiträge auf Kapitaleinkommen - nicht nur auf Löhne und Renten." Die Linke verwendet den Begriff "Bürgerversicherung", der auch in den Wahlprogrammen der Grünen und der SPD auftaucht und unterschiedliche Konzepte umfasst, mitunter synonym für ihr Konzept.

Das IW lenkt dagegen den Blick auf die Lastenverteilung zwischen Jung und Alt: Die Beitragssenkung würde nach Berechnungen des Instituts nur für etwa sechs Jahre anhalten - dann würden aufgrund des demografischen Wandels die Beiträge wieder auf das Niveau von heute steigen, heißt es in der Studie. Wer aktuell gesetzlich versichert ist, könnte sich von einer Bürgerversicherung also eine finanzielle Entlastung erhoffen, allerdings nur temporär, so einer der Studienautoren, Jochen Pimpertz: "Wenn alle anderen Rahmenbedingungen unverändert bleiben, die Kosten also weiterhin überproportional wachsen, dann wäre nach sechs Jahren das alte Beitragsniveau wieder erreicht."

Grundsätzlich bliebe der Anteil jener Menschen, die einen "Solidarbeitrag" leisten, also mehr bezahlen als ihrem aktuellen Erkrankungsrisiko rechnerisch entspräche, bei Einführung einer Bürgerversicherung zunächst bei knapp 40 Prozent in etwa konstant. Aufgrund der Alterung der Gesellschaft würden junge Menschen im erwerbsfähigen Alte aber immer stärker belastet, um das GKV-System weiter zu finanzieren. "Dieses Problem besteht derzeit und es bestünde in einer Bürgerversicherung weiterhin."