Fregatte "Bayern": Den chinesischen Machtansprüchen etwas entgegensetzen

Fregatte "Bayern"; Bild: US-Navy/gemeinfrei

Am Montag ist das Schiff nach Fernost ausgelaufen. Dort soll es sich aller Voraussicht nach mit französischen, britischen und US-amerikanischen Verbänden in den Gewässern vor der chinesischen Küste treffen

Am Montag ist die deutsche Fregatte "Bayern" nach Fernost ausgelaufen. Man wolle den "chinesischen Machtansprüchen in der Region etwas entgegensetzen", zitiert die Tagesschau eine ungenannt bleibende Bundeswehrquelle. Das Schiff wird sich aller Voraussicht nach mit französischen, britischen und US-amerikanischen Verbänden in den Gewässern vor der chinesischen Küste treffen.

Man sollte erwarten, dass das irgendjemand auffällt, dass der Vorgang eine hitzige öffentliche Debatte auslöst. Immerhin ist das in etwa so, als würden sich russische und chinesische Marineverbände in der Nordsee treffen und an Helgoland vorbeifahren. Doch irgendwie scheint sich die hiesige Öffentlichkeit längst an die Militarisierung der Außenpolitik gewöhnt zu haben.

Auch scheinen keinem die historischen Parallelen aufzufallen. Keiner in Europa scheint sich an den gemeinsamen Überfall auf China im Jahre 1900 durch eine Allianz europäischer Großmächte, der USA und Japan zu erinnern, an die koloniale Demütigung der uralten Zivilisation, an die Hafenstädte, die man China abpresste, an die Plünderung des Sommerpalasts 40 Jahre zuvor während des zweiten Opiumkriegs, dessen geraubt Schätze bis heute nicht zurückgegeben wurden.

Der Deutsche Kaiser hatte das deutsche Truppenkontingent im Juli 1900 in Wilhelmshaven mit denkwürdigen Worten, mit seiner berüchtigten Hunnenrede verabschiedet:

"Kommt Ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen lässt, so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, dass es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!"
Wilhelm II Hohenzollern

Hintergrund des Aufzugs der Marine des westlichen Bündnisses vor der chinesischen Küste sind die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China. Sowohl Washington als auch die Verbündeten in Europa haben in den letzten Jahren zunehmend der Volksrepublik Menschenrechtsverstöße vorgeworfen. Doch um die geht es offensichtlich nur vordergründig.

Vorwand

Wären die Vorwürfe ernst gemeint, hätten die NATO-Staaten nicht jahrelang tatenlos zugesehen, wie NATO-Mitglied Türkei Bürgerkrieg gegen seine kurdische Minderheit führt und ganze Städte in Schutt und Asche legt, den sogenannten Islamischen Staat trotzt seines Völkermords an den Jeziden in Schengal unterstützt, Aserbaidschan massive Rückendeckung und vor allem auch Ausrüstung für seinen Krieg gegen Armenien liefert und mit Dschihadisten ein Terrorregime in Afrin, das heißt im Westen des syrischen Teils von Kurdistan, errichtet und Zehntausende Kurden, Christen und Jeziden vertreibt.

Derweil scheint Beijing (Peking) entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Einer deutschen Anfrage, ob die "Bayern" auch in Schanghai vor Anker gehen könne, wurde vorerst die kalte Schulter gezeigt. Berlin solle zunächst einmal seine Absichten erklären, weshalb es ein Kriegsschiff durch das Südchinesische Meer schicke, zitiert die in Hongkong erscheinende South China Morning Post das chinesische Außenministerium.

Das von China, Vietnam, den Philippinen, Taiwan, Brunei, Indonesien und Malaysia eingerahmte Meer ist voller kleiner, unbewohnter Atolle deren staatliche Zugehörigkeit unter den Anrainern seit Jahrzehnten hochumstritten ist. Eines der vielen üblen Hinterlassenschaften des Kolonialismus. Einige Länder, allen voran China, haben unilateral angefangen einige der Eilande zu Flughäfen, Forschungsstationen, militärischen Horchposten und kleinen Stützpunkten auszubauen. (Hier wird der Konflikt und seine Zuspitzung in den letzten Jahren in einem Video erklärt.)

Provokationen

Die USA haben in den letzten Jahren bereits mehrfach Kriegsschiffe durch die Küstenzonen dieser von China beanspruchten Inseln geschickt, um zu demonstrieren, dass sie die chinesische Hoheit nicht akzeptieren. Man darf gespannt sein, ob sich die „Bayern“ an diesen Provokationen beteiligen wird.

Aber Beijing hat offensichtlich nicht vor, tatenlos abzuwarten. Zum einen hat das chinesische Außenministerium die deutsche Seite ermahnt, dass sich die "Bayern" bei ihrer Fahrt durchs Südchinesische Meer "ernsthaft an internationales Recht" halten möge, die Souveränität der Anrainer achte und "nichts unternimmt, was Frieden und Stabilität in der Region gefährden könnte".

Zum anderen berichtet die South China Morning Post am Freitag, das Beijing einen größeren Teil des Meeres südlich der chinesischen Insel Hainan für die Zeit bis Dienstag zum militärischen Sperrgebiet erklärt hat. Dort sollen Anti-Flugzeugträger-Raketen getestet werden. Eine ziemlich eindeutige Botschaft an die USA, die derzeit Kriegsschiffe unweit der genannten Gewässer kreuzen lässt.

Einer der größten Irrtümer westlicher Politiker dieser Tage scheint zu sein, dass sie die chinesische Öffentlichkeit und Politik für ähnlich geschichtsvergessen wie die hiesige halten.

Doch eher das Gegenteil ist der Fall, und wer sich nur ein bisschen über China informiert hat, könnte wissen, dass die gegenwärtige chinesische Führung zum einen für ihr Land einen der Größe und Wirtschaftskraft angemessenen Platz in der internationalen Ordnung anstrebt und zum anderen auch aus innenpolitischen Gründen gar nicht nachgeben kann. Andernfalls würde nämlich ihre Autorität massiv untergraben.

Stellt sich also die Frage, ob die Regierungen der NATO-Länder tatsächlich nur gedankenlos sind, oder ob sie es bewusst auf eine Eskalation und eine ernsthafte internationale Krise ankommen lassen wollen.