Gekaufte Politiker: Korruption und Lobbyismus in Deutschland

Foto: Steffen Prößdorf/CC BY-SA 4.0

Lobbycontrol über eine "problematische Nähe" zwischen Politik und Unternehmens-Lobbys. CDU fällt besonders auf. Ein neues Ethos wird gefordert

Die Aussage ist hart: Unter anderem die Christdemokraten haben in der zurückliegenden Legislaturperiode das Vertrauen in die Demokratie schwer beschädigt. Dieser Vorwurf wird von der Organisation Lobbycontrol erhoben, die jetzt ihren Lobbyreport 2021 vorgestellt hat. Aber auch anderen bürgerlichen Parteien kann dieser Vorwurf gemacht werden.

Dass Politiker käuflich sind, sich für die Interessen der Wirtschaft stark machen und als Gegenleistung von ihren Klienten viel Geld erhalten; dass sie sich in Notzeiten bereichern - das sei kein Einzelfall oder das Fehlverhalten einzelner Abgeordneter, heißt es in dem Bericht weiter. Die "Maskenaffäre" und die "Aserbaidschan-Connection" offenbarten "eine problematische Nähe zwischen Politik und starken Unternehmens-Lobbys, insbesondere in den Unionsparteien".

Über die problematische Nähe der CDU zur Wirtschaft muss man sich nicht wundern - und es geht über die Aktivitäten einzelner Bundestagsabgeordneten weit hinaus. Über den "Wirtschaftsrat der CDU" fließen die Interessen der Unternehmen direkt in die Beschlüsse und in die Arbeit der Partei ein. Denn der "Wirtschaftsrat" ist kein Parteigremium, sondern ein Lobbyverband mit Sitz im CDU-Parteivorstand.

"Solche Nähe und Verflechtungen begünstigen einseitige, unausgewogene Politik und tragen dazu bei, dass viele Menschen nicht mehr darauf vertrauen, dass die Politik auch ihre Interessen vertritt", heißt es in dem Bericht. Letztlich setzten sich Politiker wie selbstverständlich für "starke Partikularinteressen" ein, statt sich am Gemeinwohl zu orientieren. Es fehle immer noch an verbindlichen Regeln, die zu mehr Transparenz führen.

Fortschritte und Blockaden

Einigen Fortschritt gab es in der Sache: Unter dem Druck einiger Skandale hat die Regierungskoalition ein Lobbyregister eingeführt. Lobbyisten müssen sich nun in ein öffentlich einsehbares Register eintragen und dort Angaben zu ihren Arbeit- und Auftraggebern machen.

Treffen in Ministerien sollen bis zur Ebene von Unterabteilungsleitern erfasst werden. Auf dem Weg zu mehr Transparenz ist es allerdings noch ein weiter Weg und der Unwillen unter den Christdemokraten scheint groß zu sein. So behauptet Timo Lange, Autor des Berichtes, insbesondere die Union habe weitere notwendige Schritte blockiert. So werde beispielsweise der Einfluss von Lobbyisten auf Gesetzgebung immer noch nicht deutlich.

Auch sei eine Reform der Parteienfinanzierung notwendig. Denn über üppige Wahlkampfspenden kann beträchtlicher Einfluss ausgeübt werden. Kürzlich hatten zum Beispiel Die Grünen 1,25 Millionen Euro von einem niederländischen Medienunternehmer erhalten. Das sei die größte Einzelspende gewesen, welche die Partei jemals erhielt, sagte daraufhin ein Parteisprecher.

Einzelspenden über 50.000 Euro müssen dem Bundestagspräsidenten sofort gemeldet werden, der die Angaben dann zeitnah veröffentlichen muss. Problematischer wird es bei Zuwendungen, die 10.000 Euro im Jahr übersteigen. Die Spender müssen zwar mit Namen, Anschrift und Gesamtsumme im Rechenschaftsbericht verzeichnet werden - der laut Lobbycontrol aber erst gut zwei Jahre später erscheint. "Das erschwert, kritisch zu hinterfragen, ob es einen unzulässigen Zusammenhang zwischen einer Spende und einer politischen Entscheidung gab", heißt es bei Lobbycontrol. Deshalb müssten Spenden über 10.000 auch sofort veröffentlicht werden.

Wo bleibt die Gesellschaft bei den Gipfeln mit Konzernchefs?

Neben fehlenden Regelungen, die zu mehr Transparenz verpflichten, sieht Lobbycontrol ein weiteres gewichtiges Problem: Es fehlt bei Parteien, Ministerien und Behörden ein politisches Ethos, das "Integrität, Unabhängigkeit und Gemeinwohlverpflichtung" in den Mittelpunkt stellt.

Zu erkennen sei das an Formaten wie den sogenannten Autogipfeln: Bei Fragen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, werden von der Bundesregierung oft nur Konzernchefs und deren Lobbyisten angehört.

Damit sich etwas ändert, so der Appell von Lobbycontrol, solle sich die kommende Bundesregierung für eine andere politische Kultur einsetzen. Die bestehe aus einer notwendigen Distanz "zu den Stärksten dieser Gesellschaft" und dem aktiven Einbinden der Schwächeren.