Mein Name ist Vincent – was in der Pflege auf der Strecke bleibt

Wer als Patient rundum versorgt werden will, muss sich für ein besseres Gesundheitssystem engagieren. Pflege wird zusehends technokratischer

Dass man in einer Klinik von einem Pfleger begrüßt wird, der sich mit Namen vorstellt, ist heutzutage ziemlich selten geworden. Auch die Stimmung der Pfleger ist meist nicht gerade ansteckend positiv. Es gibt jedoch noch immer positive Ausnahmen, die bei einem Krankenhausaufenthalt durchaus genesungsfördernde Aspekte vermitteln. Das ist jedoch zumeist dem individuellen Engagement des Pflegepersonals zu verdanken. Im Dienstplan ist das nicht zu finden.

Die Dienstpläne werden vielfach auch immer chaotischer. Kurzfristige Änderungen, der Einsatz in fremden Abteilungen, Doppelschichten aus Personalmangel sind ein wiederkehrendes Ärgernis. Während bei den oftmals zitierten Motorradunfällen und ihren Knochenbrüchen die Liegezeiten deutlich verkürzt werden konnten, gibt es bei Covid-19-Patienten eine gegenläufige Tendenz.

Je jünger die Fälle werde, desto länger werden die Betten belegt. Da für die Pflege von Coronapatienten überdurchschnittlich viel Pflegepersonal benötigt wird, werden Pflegebetten, für die es dann keine Pfleger mehr gibt, abgemeldet. Das ist so auch vorgeschrieben. Im Zweifelsfall müssen sogar ganze Stationen geschlossen werden.

Der Personalmangel führt in der Praxis immer wieder zu Fehlern in der Pflege, wo beispielsweise Medikamente vergessen werden oder die Infusion dem falschen Empfänger angeschlossen wird. Sinnvoll wäre ein Vier-Augen-Prinzip bei Medikamenten und Infusionen. Dafür fehlt allerdings das Personal.

Verschärft wird diese Entwicklung aktuell durch den Übergang zur Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, wo für die statistische Erfassung der Tag des positiven Testergebnisses relevant ist und jemand, der acht Tage nach dem positiven Test hospitalisiert wird, bei der Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz statistisch nicht berücksichtigt wird.

Problem kleiner Krankenhäuser

Das Problem kleinerer Krankenhäuser besteht nicht zuletzt darin, dass sie weder über ein umfassendes Equipment verfügen und oft auch nicht über umfassende Fähigkeiten beim ärztlichen Personal, so dass schon bei der Eingangsuntersuchung lebensbedrohliche Fehldiagnosen die Folge sein können. Wenn man sich auf die Untersuchung des erwarteten Knochenbruchs konzentriert und die vorliegende Lungenembolie übersieht, kann das für den jeweiligen Fall leicht letal enden.

Dass sich aus solchen Erfahrungen die Idee entwickelt, kleine Krankenhäuser zu schließen, lässt sich durchaus nachvollziehen. Das sollte man auch im Zusammenhang mit den immer wieder zitierten zwanzig im Jahre 2020 geschlossenen kleinen Krankenhäuser berücksichtigen. Dazu gibt es seit dem Faktencheck von Correctiv im Grunde nichts Neues mehr zu sagen.

Pflegeroboter zu Entlastung des Personals

Eine denkbare Entlastung für die Pflege könnten sogenannte Pflegeroboter bringen. Wenn man heute mit Pflegern über das Thema Roboterisierung spricht, stößt man nicht gerade auf großes Interesse. Jeder würde gerne ohne sie auskommen. Dennoch wird die sogenannte "ePflege" schon in nächster Zukunft kaum zu vermeiden sein. Ohne umfangreiche Unterstützung durch digitale Technologien wird der Fachkräftemangel die Pflegesituation weiter verschärfen.

Höhere Löhne in der Pflege sind notwendig, sie werden jedoch den Personalmangel kaum mindern und zu deutlichen Kostenerhöhungen führen, die von den Kostenträgern ausgeglichen werden müssen. Höhere Kassenbeiträge und/oder höhere Steuern werde die Folge sein. Schätzungen zufolge werden in Deutschland schon 2030 rund 500.000 Pflegekräfte fehlen.

In der Krankenhauslogistik sind Roboter schon seit Langem eingeführt. So bewegen sich in der Uniklinik Köln seit den 1970-er Jahren 90 intelligente Wagen mit Transportaufgaben durch die unterirdischen Gänge. Sie machen auf den Stationsfluren Halt. Auch in der Immanuel Klinik Rüdersdorf bei Berlin können Transportroboter bis zu 500 Kilogramm schleppen.

Sie bringen Essen, steriles Gut oder Wäsche zu den jeweiligen Stationen und legen dabei täglich bis zu 28 Kilometer zurück. Etwas weiter ist man an der Uni Klinik Halle, wo mit Pepper ein japanischer Pflegeroboter zum Einsatz kommt, der mit den Patienten interagieren kann. Das ist bislang erst ein Ansatz, kann jedoch mit Sicherheit noch weiterentwickelt und verbessert werden.

Die Technik bietet die Chance, Pflegende von Routineaufgaben zu entlasten, Prozesse zu vereinfachen, um mehr Zeit für die pflegebedürftigen Menschen zu haben und letztlich auch die Patientensicherheit zu erhöhen. Wenn der Roboter die Medikamentengabe vorbereitet und ein Pfleger diese bestätigt, ist das ober erwähnte Vier-Augen-Prinzip schon weitgehend verwirklicht.

Um Pflegeroboter in der Pflege dauerhaft zu etablieren, die aufgrund ihres Arbeitsprinzips eine deutlich klarere Struktur bei den Arbeitsabläufen benötigen, muss man das Pflegepersonal mitnehmen und bei der Implementierung beteiligen.

Wenn unser Gesundheitssystem nicht grundsätzlich neu gestaltet und mit deutlich mehr Geld ausgestattet werden soll, wird die Robotisierung den vorerst letzten Lösungsansatz bieten. Mit dem Import ausländischer Pflegekräfte ist das Gesundheitssystem auf Dauer nicht mehr zu retten. Wer ein besseres und menschlicheres Gesundheitssystem haben will, muss sich dafür engagieren. Abwarten reicht da nicht aus.

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