Parteinahe Stiftungen: honoriert für die Nähe zur Macht

Die politische Herrschaft hat ihren Preis. Auch das sind Kosten der Freiheit

Die Wahl ist gelaufen. Die Volkssouveränität ist für einige Sekunden beim Besuch der Wahlkabine in Erscheinung getreten und das freiheitlichste Regime, das es je auf deutschem Boden gab, hat die Sache wieder einmal reibungslos über die Bühne gebracht; nämlich, wie Kritiker respektlos resümieren, die Indienstnahme der Regierten für die Ermächtigung des Herrschaftspersonals durchgezogen.

Telepolis ist auf diese "Sternstunde der Demokratie" mehrfach mit kritischen Beiträgen eingegangen (vgl. "Bundestagswahl 2021: Was nicht gewählt werden kann und was jetzt schon feststeht" und "Bundestagswahl 2021: Sternstunde der Demokratie?").

In dem Kontext kam auch eine besondere Einrichtung des bundesrepublikanischen Staates zur Sprache, die nicht zuletzt für die Stabilität des hiesigen Parteiensystems sorgt und daher von einem populistischen Newcomer wie der AfD argwöhnisch beäugt, aber auch gerne selber in Anspruch genommen wird: die sogenannten parteinahen Stiftungen (vgl. "Rechtspopulismus – vom Bund gesponsert?").

Zu diesem Institut hier – im Nachgang zur Wahl und als Ausblick auf die erneute Etablierung eines stabilen Parteiensystems – einige sachdienliche Hinweise.

Gut geschmierte Apparate

Parteinahe Stiftungen sind Einrichtungen, die den politischen Parteien in Deutschland nahestehen, aber aus rechtlichen Gründen von ihnen getrennt sind. Die ältesten auf sozial- bzw. christdemokratischer Seite sind die Friedrich-Ebert- und die Konrad-Adenauer-Stiftung (wobei die CSU noch über einen eingetragenen Verein verfügt). Die FDP hat auch schon länger ihre Friedrich-Naumann-Stiftung, und in den 1990er-Jahren kamen die Rosa-Luxemburg-Stiftung für die Linke und die Heinrich-Böll-Stiftung für die Grünen hinzu.

Ein besonderer rechtlicher Rahmen für diese Institute und ihre Förderung aus öffentlichen Mitteln besteht interessanterweise nicht. Das ist bemerkenswert angesichts eines Fördervolumens, das mittlerweile jährlich dreistellige Millionenbeträge erreicht und in den letzten Jahren eine stark steigende Tendenz aufweist.

So stiegen die Zuwendungen des Bundes an die politischen Stiftungen von 295 Mio. Euro im Jahr 2000 um 43,5 Prozent auf 423,2 Mio. Euro im Jahr 2011. Von 2005 bis 2014 stiegen die Etats insgesamt um fast 50 Prozent (zum Vergleich, Etatsteigerung Bundeshaushalt: 14 Prozent). 2017 stieg der Betrag weiter auf 581,4 Mio. Euro.

Wikipedia

Seit dem Amtsantritt von Angela Merkel als Bundeskanzlerin im Jahr 2005 haben die politischen Stiftungen laut Die Welt (12.12.2018) bis zu Beginn der letzten Legislaturperiode 5,6 Milliarden Euro erhalten – eine Entwicklung, die immer wieder Proteste einschlägiger NGOs hervorrief. "Die Finanzierung der Stiftungen verschlingt dreimal mehr Steuergeld als die staatliche Parteienfinanzierung", monierte etwa der Präsident des Bundes der Steuerzahler.

Die AfD war übrigens seinerzeit mit einer lauten Kritik an diesem "wenig durchschaubaren Finanzierungsgeflecht" (Die Welt) angetreten und hält die Vorwürfe in ihrem Wahlprogramm verbalradikal aufrecht. Mittlerweile hat sie aber auch eine eigene Stiftung gegründet und meldet gleichfalls Ansprüche an, die nach der bisherigen parlamentarischen Regelung beim zweiten Einzug in den Bundestag auch erfüllt werden müssten - wenn dem nicht mit einem neuen Gesetz (zum Stiftungsrecht, zur Demokratieförderung…) ein Riegel vorgeschoben wird.

Eine gesetzliche Regelung ist übrigens eine alte Idee des Steuerzahler-Bundes, der (wie die Weizsäcker-Kommission aus den 1990er-Jahren) ein spezielles Stiftungsgesetz forderte: "Für alle Bereiche der Politik existieren gesetzliche Regelungen zu Anspruch, Umfang, Verwendung und Kontrolle von Steuermitteln – ob für Abgeordnete, Fraktionen oder Parteien." Daher sei es nicht akzeptabel, "dass nur die Stiftungen in einem rechtsfreien Raum finanziert werden - und das mit Steuergeld." Ähnliche Kritik kam vom Anti-Korruptions-Verein Transparency International.