Golanhöhen: Israels Regierungschef kündigt Vervierfachung der Bevölkerung an

"Golan Heights". Foto (2008): tyomitch - 145 / CC BY 2.0

Naftali Bennett will neue Gemeinden für israelische Siedler bauen. Zahl der Einwohner auf dem besetzten Gebiet soll auf 100.000 wachsen

Israels Ministerpräsident Naftali Bennett beabsichtigt, die Zahl der israelischen Einwohner auf den Golanhöhen erheblich zu erhöhen. Auf einer Konferenz in Chispin, einer Moschav-Siedlung auf den Golanhöhen, kündigte er einen Plan an, wonach man die derzeitige Bevölkerung von 27.000 auf 100.000 steigern wolle. Dazu ist der Bau von zwei neuen Gemeinden vorgesehen.

In sechs Wochen werden wir eine Kabinettssitzung abhalten, auf der wir einen nationalen Plan für die Golanhöhen verabschieden werden. Unser Ziel ist es, die Zahl der Einwohner auf den Golanhöhen zu verdoppeln und nochmals zu verdoppeln.

Naftali Bennett

Die Golanhöhen seien "israelisch, Punkt", wird der Ministerpräsident von Times of Israel zitiert. Er betonte, dass sich in diesem Punkt auch an der Haltung der US-Regierung unter Präsident Biden nichts geändert habe: Sie erkenne das nördliche Plateau weiterhin als israelisches Gebiet an.

Bei Gesprächen mit Unternehmen habe er von "sehr interessanten Vorschlägen" erfahren, wie man die Golanhöhen zu einem Versuchsgebiet für erneuerbare Energien, u.a. im Bereich der Solarenergie, machen könne.

Wie in einem al-Monitor-Bericht zu Bennets Plänen erwähnt wird, hatte die US-Botschafterin bei der UN, Linda Thomas-Greenfield, vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses Mitte Juni dieses Jahres mitgeteilt, dass die Regierung Biden die Anerkennung der israelischen Souveränität auf den Golanhöhen durch die Trump-Administration "nicht geändert habe und weiterhin an dieser Frage arbeite".

Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte Ende März 2019 ein Dekret unterzeichnet, wonach die USA die Golanhöhen formell als Staatsgebiet Israels anerkennen. Das war mitten im Wahlkampf in Israel und der damalige Ministerpräsident Netanjahu freute sich sehr über die Hilfe aus Washington. Er war damit nicht der einzige israelische Politiker.

Bennetts Pläne sind nicht ohne Vorläufer. Vorstöße, die untermauern, dass die Golanhöhen faktisch israelisches Gebiet sind, gab es immer wieder. Realpolitisch ist es gegenwärtig weniger denn je vorstellbar, dass Israel die im Juni 1967 eroberten Gebiete an Syrien zurückgibt.

Zwar gibt es eine UN-Sicherheitsrats-Resolution von Dezember 1981, die statuiert, dass die Entscheidung Israels, seine Gesetze, seine Rechtsprechung und seine Verwaltung auf den besetzten syrischen Golanhöhen durchzusetzen, "null und nichtig" sei und keine internationale Rechtswirkung habe, aber die Resolution änderte nichts an der Besatzung.

2007 lancierte der damalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert nach Informationen des Guardian und israelischer Medien eine geheime Initiative, die auslotete, ob Syrien bereit sei, als Gegenleistung zu einer Rückgabe der Golanhöhen einen Friedensvertrag einzugehen, - allerdings erfolglos. Die Forderungen an Syriens Regierung lauteten gemäß der britischen Zeitung, die Olmert zitiert: die allmähliche Auflösung ihrer Bündnisse mit Iran und mit palästinensischen Terrororganisationen sowie der Stopp der "Finanzierung und Förderung des Terrors". Baschar al-Assads Regierung ging darauf nicht ein.

Angesichts der Lage in Syrien ist nicht vorstellbar, dass eine israelische Regierung die strategisch sehr wichtigen Golanhöhen an Syrien zurückgibt. Entsprechende Forderungen der syrischen Regierung sind auch verstummt. Al-Assad steht nicht im Ruf, utopischen Ideen zu folgen, er ist Realist.

Vom Außenministerium in Damaskus gab es die erwartbare Reaktion, wonach Bennetts Ankündigungen als aggressiv gewertet wurden. Sie würden aber "nichts an der ewigen Wahrheit ändern", dass der Golan der syrisch-arabischen Republik gehört und dies bleibt und früher oder später zum Mutterland zurückkehren wird".

Auf den Golanhöhen protestierten syrische Drusen am vergangenen Montag gegen die Äußerungen Bennetts und die israelische Siedlungspolitik.

Die Ankündigung einer verstärkten Siedlungspolitik auf den Golanhöhen sei die eine Seite, so Ortskenner gegenüber Telepolis, die andere sei, dass es nicht so leicht ist, genügend Menschen davon zu überzeugen, in dieses unwirtliche Gebiet zu ziehen, das wenig Infrastruktur habe. Bennetts Äußerung bleibe vorerst vor allem eine politische Geste. Nächste Woche reist Bennett nach Moskau, um Putin zu besuchen. Syrien dürfte ein Thema sein.