Arbeiterproteste gegen Corona-Impfpass in Italien

Während in Rom rechte Gruppen das Thema instrumentalisierten, kam es in Hafenstädten zu proletarischem Widerstand

Während Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für das Ende des Corona-Ausnahmezustands in Deutschland plädiert geht Lettland in einen neuen Lockdown. In Italien gab es unterdessen in vielen Städten Proteste gegen die Einführung des sogenannten Grünen Passes. Dort wird vermerkt, ob man geimpft, getestet oder genesen ist. Alle Lohnabhängigen müssen ein solches Dokument vorweisen, wenn sie an ihren Arbeitsplatz wollen. Wer ohne den "Grünen Pass" zur Arbeit kommt, riskiert bis zu 1.500 Euro Bußgeld.

Wer der Arbeit fernbleibt, weil er das Dokument nicht vorweisen kann, muss mit unbezahlter Freistellung rechnen, verliert aber nicht den Arbeitsplatz. Wer sich nicht impfen lassen will, muss auf eigene Kosten einen Corona-Test machen und diesen je nach Test-Art alle 48 bis 72 Stunden wiederholen. Geldstrafen für Arbeitgeber, die sich den "Grünen Pass" von ihren Beschäftigten nicht vorzeigen lassen, reichen von 400 bis 1.000 Euro.

Daher droht ein massiver Lohnverlust, wenn man nicht geimpft, getestet oder genesen ist. Damit ist Italien Vorreiter bei der Durchsetzung eines neues Gesundheitsregimes, das durch die Corona-Pandemie vorangetrieben wurde. Der von der wirtschaftsliberalen Regierung Marion Draghis durchgesetzte Beschluss stieß auf heftigen Widerstand in vielen italienischen Städten. Der Protest gegen die neuen Corona-Regeln war politisch jedoch sehr unterschiedlich ausgerichtet. In Triest und Genua waren es Hafenarbeiter, die sich gegen ein Gesundheits- und Kontrollregime im Sinne des Kapitals stellten.

In Rom wurde der Protest dagegen vor allem von rechten Gruppen getragen. Ein Teil der Demonstranten stürmte vergangene Woche die Zentrale des sozialdemokratischen Gewerkschaftsbundes CGIL, dem vorgeworfen wird, die verschärften Corona-Maßnahmen mitzutragen. Linke Basisgewerkschaften wie SIN Cobas hatten zwar schon lange die Staatsnähe des CGIL kritisiert - der rechte Angriff mit mehreren Verletzten hat allerdings in Rom zu einer Großdemonstration für die Auflösung faschistischer Organisationen wie der Partei Forza Nuova geführt.

So haben die Rechten letztendlich unfreiwillig eine Welle der Solidarität mit dem wegen seines konzern- und regierungsfreundlichen Kurses weitgehend diskreditierten Gewerkschaftsbund ausgelöst.

"No Green-Pass, no Discrimination"

Während sich CGIL auch in der Frage des Grünen Passes mit Kritik an der Regierung zurückhält, war das zentrale Motto der Proteste in vielen italienischen Städten "No Green-Pass, no Discrimination". Damit wandten sich die Demonstranten gegen die Benachteiligung von Ungeimpften. Zu den Höhepunkten der Proteste gehörte die Blockade des Hafens in der norditalienischen Stadt Triest durch mehrere Tausend Arbeiter und Unterstützer.

Am Montagmorgen begann die Räumung der Blockade mit behelmten Polizeikräften. Dabei wurden auch Wasserwerfer eingesetzt. Auch in Genua hatten mehrere hundert Hafenarbeiter mit einer Blockade begonnen, die wieder geräumt wurde. Die Aktionen sind insofern bemerkenswert, weil es sich hier um proletarischen Widerstand gegen ein neues Gesundheitsregime im Interesse des Kapitals handelt.

Sämtliche Kapitalverbände in Italien haben sich besonders lobend zum Green Pass geäußert. Die Arbeiterproteste sind so auch ein Klassenkampf gegen eine Politik im Sinne der Konzerne, die jetzt unter den Vorwand der Corona-Bekämpfung durchgesetzt wird. Dabei leugnen die Arbeiter mehrheitlich Mehrheit weder die Gefährlichkeit des Coronavirus, noch sind sie generell gegen Impfungen.

Sie wehren sich aber dagegen, dass ihre Rechte in der Pandemie weiter eingeschränkt werden. Zu Beginn dieser Pandemie hatten Basisgewerkschaften und kämpferische Belegschaften in einigen Branchen die Produktion selbst stillgelegt, um sich vor dem Virus zu schützen. Es ist kein Widerspruch, dass manche der damals aktiven Lohnabhängigen jetzt gegen den "Green Pass" protestieren. Dabei wird auch deutlich, dass es sich hier eben nicht um einen Protest für abstrakte Freiheiten auch unter Corona handelt, sondern um einen Kampf für die Rechte der Lohnabhängigen auch in einer Pandemie.