Nach Afghanistan ist vor neuen Einsätzen

Gedenken an gefallene Bundeswehrsoldaten, die jetzt tot sind, nicht in einem "todesähnlichen Zustand". Bild: Berlinschneid, CC BY-SA 4.0

Ein Wegweiser für die CIA, den BND, befreundete Dienste, das Weiße Haus, benachbarte Häuser, die Bundesregierung, die EU, Mainstream-Medien auf beiden Seiten des Atlantiks und alle angeblich Überraschten von den Entwicklungen am Hindukusch

Nachfolgend lesen Sie die sieben sichersten Anzeichen dafür, dass ein Auslandseinsatz scheitern wird. Zusammengestellt aus Aktham Suliman "Krieg und Chaos in Nahost - eine arabische Sicht", Nomen-Verlag 2018. Preis: 17,90 Euro. Zum Vergleich: Der Einsatz in Afghanistan hat laut Bundesregierung über 17 Milliarden Euro gekostet.

1. Hysterische Atmosphäre als Ausgangspunkt

Die Hysterie im Westen (nach 9/11), allen voran in den USA, war allumfassend. Weniger deswegen, weil knapp 3.000 unschuldige Menschen bei den Angriffen vom 11. September 2001 starben; auch nicht unbedingt deshalb, weil das Zeitalter der medial übertragenen Terrorbilder in Echtzeit begonnen hatte: Es war tatsächlich das erste Mal, dass Normalsterbliche Bilder von einem Flugzeug sahen, das in ein Hochhaus flog.

Vielmehr war die Hysterie deshalb allumfassend, weil diese Bilder mit einem vorherrschenden Selbstbild des Westens verknüpft waren, das spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges und dem Blitzsieg im Zweiten Golfkrieg keinerlei Projektionsfläche mehr für die eigene Verletzbarkeit vorsah.

Diese Erfahrung schien schlicht und ergreifend nur außerhalb der eigenen Lebenssphäre zu existieren. (…) Der Araber verstand nach dem 11. September 2001 nicht einmal mehr Bahnhof. Denn an jenem Tag wurden praktisch über Nacht mehr als einer Milliarde Menschen auf der Erde – Arabern wie Nicht-Arabern – ihre Staatsbürgerschaft aberkannt. Syrer, Ägypter, Türken, Pakistaner, Iraner, Senegalesen und viele andere mehr mutierten plötzlich in den Augen westlicher Medien, Politiker und Gesellschaften schlicht und einfach zu Nur-Muslimen.

2. Vollmundige Äußerungen im In- und Ausland

Anders als es auf den ersten Blick schien, sagte auch Kanzler Gerhard Schröder (1995-2005) in der Erklärung seiner rot-grünen Regierung am Tag nach den Anschlägen inhaltlich nicht viel Neues: Wir wissen noch nicht, wer hinter dieser Kriegserklärung an die zivilisierte Völkergemeinschaft steht. (...) Ich habe dem amerikanischen Präsidenten das tief empfundene Beileid des gesamten deutschen Volkes ausgesprochen. Ich habe ihm auch die uneingeschränkte – ich betone: die uneingeschränkte – Solidarität Deutschlands zugesichert."

Lediglich sprachlich beinhaltete die Rede des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Neuartiges. Die Kriegserklärung war darin weniger metaphorisch als vielmehr wortwörtlich gemeint und ebnete später den Weg für einen sich anbahnenden Krieg: einen Möchtegern-Selbstverteidigungskrieg gegen die vermeintlichen Kriegserklärer hinter der Kriegserklärung.

Der Begriff Krieg gegen den Terror war jedoch in seiner heutigen globalen Bedeutung und Verbreitung ein brillanter Begriff des 21. Jahrhunderts. Urheber: der US-Präsident George W. Bush. Nur fünf Tage nach dem 11. September sagte er bei einer Rede in Camp David: Dieser Kreuzzug, dieser Krieg gegen den Terrorismus wird eine Weile dauern.

3. Juristische Rumgeeiere internationalen Ausmaßes

Schließlich verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat bereits am 12. September 2001 die Resolution 1368, die nach Auffassung der USA und der verbündeten Regierungen ein militärisches Angreifen legitimierte.

Darin wurden zwar nicht - wie in der Kuwait-Resolution 678 aus dem Jahr 1990 - vom Einsatz aller notwendigen Mittel gesprochen, jedoch wurden die Anschläge vom 11. September als Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit eingestuft. Ein erster indirekter, aber wichtiger Schritt in Richtung Krieg.

Außerdem betonte die Resolution 1.368 durch einen allgemeinen und sicher auch interpretationswürdigen Verweis das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung; der zweite und wesentliche Schritt in Richtung Krieg.

Das Kunststück im Kontext des Antiterrorkrieges im Jahr 2001 bestand allerdings in der sehr freizügigen und geschickten Uminterpretation dieses Rechtes auf Selbstverteidigung.

Eine Uminterpretation dahingehend, dass dieses Recht nun auch auf Terroranschläge ausgedehnt wurde, die sonst eigentlich als kriminelle Akte, nicht als militärische Angriffe von außen, hätten bezeichnet und entsprechend verfolgt werden können. Dieses Vorgehen öffnete später Tor und Tür für Kriege ohne Grenzen, sowohl territorial als auch zeitlich.