Gezielte Polizeischüsse bei Corona-Krawallen in Rotterdam

Zerstörtes Polizeiauto in Rotterdam. Bild: @jvdgeld

Demonstration gegen 2G und Feuerwerksverbot lief aus dem Ruder. Beamte griffen nach Warnschüssen zum äußersten Mittel. Medien berichten von mindestens zwei Verletzten

Genau eine Woche nach der Ankündigung eines Teil-Lockdowns in den Niederlanden ist es in Rotterdam, der nach Amsterdam zweitgrößten Stadt des Landes, zu schweren Krawallen gekommen. Zuvor war im Internet eine Demonstration gegen die erwartete 2-G-Regel im öffentlichen Leben und das am heutigen Freitag beschlossene Feuerwerksverbot für Silvester angekündigt worden.

Der Rotterdamer Bürgermeister Ahmed Aboutaleb (von der SPD-ähnlichen Partij voor de Arbeid) gab um 0:30 Uhr eine Pressekonferenz. Zu dem Zeitpunkt, also rund vier Stunden nach Beginn der Krawalle, galt die Ordnung als wiederhergestellt.

Nach Aboutalebs Darstellung hatte sich zu einer Gruppe von rund hundert Demonstranten ein Vielfaches an gewaltbereiten Menschen gesellt. Die Gesamtmenge der Teilnehmer war der Polizei anfangs zahlenmäßig weit überlegen, wodurch sich Beamte bedrängt fühlten und nach Warnschüssen auch scharf auf Personen schossen.

Schließlich wurden aus dem ganzen Land 400 Polizistinnen und Polizisten zusammengezogen. Die Landespolizei (Rijksrecherche) untersucht den Tathergang der Schusswechsel. Im Internet kursierten Aufnahmen einer erschossenen Person. Diese Aufnahmen sind von offizieller Seite noch nicht kommentiert worden.

Zurzeit ist von sieben Verletzten die Rede, einschließlich verletzten Polizeibeamten. Die Polizei spricht von mindestens zwanzig Festnahmen. Nach Auswertung von Kameraaufnahmen würden wahrscheinlich weitere Festnahmen folgen.

Für den heutigen Samstag sind im südlichen Breda und der Landeshauptstadt Amsterdam Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen angekündigt. In Breda hatte sich vor einer Woche das Gaststättengewerbe gegen den Teil-Lockdown gewehrt. In Amsterdam ist derzeit unklar, ob eine weitere Demonstration stattfinden wird.

Proteste waren am Abend umgehend eskaliert

Laut Berichten der Polizei in Rotterdam war die Situation bereits kurz nach Beginn der Proteste um 20 Uhr eskaliert. Am Coolsingel im Stadtzentrum unweit des Rathauses wurde schweres Feuerwerk gezündet und kam es zu Brandstiftungen.

Mehrere Fahrzeuge wurden zum Teil schwer beschädigt. Ein Polizeiwagen ist vollständig ausgebrannt (hier ein Video von der Nachrichtenseite NOS.nl).

Schon um 21 Uhr berichtete die Polizei von Warnschüssen und dem Einsatz der Mobilen Einheit zur Protestkontrolle. Außerdem wurde ein Wasserwerfer eingesetzt. Für den Coolsingel und zwei Bahnhöfe verhängte der Bürgermeister ein allgemeines Aufenthaltsverbot, das bis um 4:30 Uhr morgens gilt. Die niederländische Bahn stellte den Zugverkehr nach Rotterdam vollständig ein und auch innerhalb der Stadt wurden öffentliche Verkehrsmittel umgeleitet.

Schon um 22:10 Uhr hatte die Polizei von Verletzten nach einem Schusswechsel berichtet. In den Medien war von mindestens zwei Verletzten die Rede. Die Polizei bittet Zeugen um die Kontaktaufnahme und die Zusendung von Beweisfotos.

Laut dem Lokalsender Rijnmond beteiligten sich unter den mehreren hundert Randalierern bekannte Gruppen, darunter "Dockers United" und der "Protestgroep Feyenoord City". Zudem sei ein Journalist angegriffen worden: Man habe ihm Schläge verpasst und seine Kamera zerstört.

Gegen Mitternacht war die Situation noch nicht vollständig unter Kontrolle. Erst im Januar war es nach Verhängung der Ausgangssperre in vielen niederländischen Städten zu schweren Krawallen gekommen.