Eine falsche Kritik am Geld des Staates aus der Welt der Kryptographie

Der Bitcoin und seine Karriere (Teil 1)

Im Frühjahr 2021 wird von der Kryptowährung Bitcoin vermeldet, dass sie "die magische Grenze von 50.000 US-Dollar" pro Stück überschritten hat, zur selben Zeit macht in den Feuilletons die Nachricht die Runde, dass eine einzige und einmalige Kompilation von 5.000 drittklassigen digitalisierten Bildern für sensationelle 69.000.000 US-Dollar ihren Besitzer wechselt.

In beiden Fällen gibt sich der ressortspezifische bürgerliche Sachverstand von den Summen sehr beeindruckt, die das exklusive Verfügungsrecht über einen Haufen Daten erbringt, sieht sich aber in seinen Routinen schon vor gewisse Probleme gestellt, sich auf den Gang der Dinge seinen verständigen Reim zu machen: Die berichteten Phänomene aus dem Wirtschafts- und Kulturleben wollen nicht so recht in die Schubladen hineinpassen, in die sie ihrem Namen nach hineingehören.

Denn was soll man anfangen mit einer Währung, die derart "kurzfristigen und extremen Schwankungen unterliegt", wie "will man mit der (Währung) einkaufen?", fragt sich und sein lesendes Publikum der Fachmann für Ökonomie in der SZ.

Sein Kollege aus der Abteilung Kultur von der FAZ räsoniert gleichfalls etwas ratlos darüber, wo eigentlich die Kunst geblieben ist, wenn auf dem Markt für selbige ein sog. Token, "nichts weiter als ein verschlüsselter Datensatz von Dutzendware", Preise erzielt wie sonst nur ein echter van Gogh.

Auftakt dazu, ein paar Überlegungen darüber zu riskieren, was es mit Märkten für Geld und Kunst und ihren Handelsartikeln auf sich haben mag, die derartige Rätsel aufwerfen, sind diese Fragen für die Experten allerdings nicht.

Der Frankfurter Freund des Höherwertigen mag sich nach einer kurzen Polemik gegen den Mammon, der auf dem Kunstmarkt den Niedergang des Schönen und Wahren besorgt, letztlich der Erkenntnis nicht verschließen, dass offenbar auch via Blockchain verschlüsselter Kinderkram die der Kunst reservierte Aura der Einzigartigkeit genießt – schließlich wird nur deshalb so viel für Dutzendware bezahlt, weil die garantiert nicht reproduzierbar ist.

Nach derselben Logik schließt auch der Ökonom aus München seinen Frieden mit der Welt, die er gar nicht so gut versteht: Erst zählt er auf, dass nach allem, was er von einer Währung so weiß, es sich beim Bitcoin um eine solche unmöglich handeln kann, für ihn ist das Ding ein "spekulativer Vermögenswert ohne Nutzen", der "eigentlich nichts wert sein sollte" (SZ, 15.4.2021).

Dann freilich mag er dem Umstand seinen Respekt doch nicht verweigern, dass in der modernen Geldwirtschaft offenbar ein Vermögenswert ist, was als Vehikel zur Spekulation aufs spekulative Interesse von anderen taugt, und weiß mit einmal nicht nur ganz genau, warum das so ist: "Der Bitcoin hat einen Wert, weil sich Millionen, vielleicht bald Milliarden Menschen darauf geeinigt haben."

Ihm ist auch klar, dass so viele, die sich da einig sind, unmöglich daneben liegen können mit dem, worauf sie sich geeinigt haben, und für denselben Fachmann für Ökonomie, dem kurz zuvor zu Bitcoin noch "die Mutter allen Betrugs" einfiel, steht am Ende fest: "Es ist nicht verkehrt, einen kleinen Teil seiner Ersparnisse in Kryptowährungen anzulegen, angefangen beim Bitcoin. Einfach, um welche zu haben."

Die wichtigsten Kryptowährungen (12 Bilder)

Bitcoin. Start: 2009. Marktanteil: 57,9 Prozent. Marktkapitalisierung: 197,855 Mrd. USD. Mining: SHA-256. Stand: Oktober 2020. Quelle: Wikipedia

Viel verstehen von seiner kapitalistischen Welt und Errungenschaften wie einer Kryptowährung muss einer also nicht, um sie in letzter Instanz doch als ganz vernünftig eingerichtet befinden zu können. Mutige Spekulanten zeigen, wie einfach es manchmal geht, sagenhaft reich zu werden; es ihnen nachzumachen, kann daher auch bei denen "nicht verkehrt" sein, die eher nicht mit dem Splitting ihres Portfolios, weil hauptsächlich mit ihrer Einteilung beim Verzichten zu tun haben.

Insofern geht auch die Gratulation an die Adresse eines nutzlosen digitalen Etwas in Ordnung, erfolgreich die Karriere als Spekulationsartikel hinter sich gebracht zu haben, auch wenn dessen Erfinder mit ihrer Kreation ziemlich genau das Gegenteil von einer Beförderung der Spekulation im kapitalistischen Geldwesen bezweckt haben. Doch auch noch das hat in dieser Welt seine Logik und Notwendigkeit.