Pandemie-Experte inmitten der Pandemie gefeuert

Alexander Kekulé. Bild: Superbass, CC BY-SA 4.0

Universität Halle stellt Virologen Alexander Kekulé frei. Fall kommt in der Pandemie besondere Aufmerksamkeit zu

Wenn inmitten einer Pandemie ein bundesweit bekannter Virologe vom Dienst enthoben wird, ist das Interesse erwartungsgemäß groß. So geschehen nun im Fall von Alexander Kekulé an der Universität in Halle. Die Hochschulleitung hat dem Professor für Virologie und Mikrobiologie überraschend weitere Forschung und Lehre untersagt.

Nach Agenturberichten hat der Rektor der Martin-Luther-Universität eine "vorläufige Dienstenthebung" gegen Kekulé angeordnet; der Deutschen Presse-Agentur lag der Brief nach eigenen Angaben vor. Der Geschasste selbst will sich nun rechtlich gegen die Entlassung wehren, die Universität in Halle äußerte sich zu der Sache nicht weiter.

Nach Angaben der Mitteldeutschen Zeitung waren die Direktoren der örtlichen Universitätskliniken der Universität am Montag von der Entscheidung des Rektors in Kenntnis gesetzt worden. Demnach liegt dem Konflikt ein Disziplinarverfahren zugrunde.

Kekulé sei seinen Unterrichtsverpflichtungen nicht im ausreichenden Maße nachgekommen, schreibt die Mitteldeutschen Zeitung unter Berufung auf die interne Kommunikation. Das bisher von Kekulé geleitete Institut für Medizinische Mikrobiologie untersteht nun einer Interimsleitung.

Kekulé schilderte gegenüber der dpa einen länger währenden Konflikt, wie er in Forschung und Lehre oft besteht: Er habe seit Jahren eine bessere Ausstattung des mikrobiologischen Instituts gefordert. Um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen, versuche die Universität offenbar, ihn mit dem Vorwurf loszuwerden, er sei seinen universitären Verpflichtungen nicht nachgekommen.

Dem Fall kommt in der aktuellen Pandemielage aus drei Gründen eine größere Aufmerksamkeit zu: Zum einen stellt sich die Frage, inwieweit die Universitätsleitung inmitten einer Pandemie von einem Pandemieexperten stoisch die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten verlangen kann.

Zum anderen droht der Rausschmiss weitere Unruhe in die Debatte zu bringen, Verschwörungstheorien über die "wirklichen Hintergründe" der Personalentscheidung eingeschlossen.

Das tatsächliche Thema aber nannte Kekulé drittens gegenüber der dpa: Die nach wie vor frappierende Unterfinanzierung von universitärer Forschung und Lehre, während privatwirtschaftliche Akteure mit unbegrenzt scheinenden Mitteln unterstützt werden. Von der Unterfinanzierung – bis hin zu einem Kapazitätenrückbau – der klinischen Versorgung ganz zu schweigen.

Kekulé war seit 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Virologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und stand dem Institut für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle als Direktor vor. Er gehört zu den hierzulande bekanntesten Virologen. In Interviews und Publikationen hatte er früh vor den Gefahren der Corona-Pandemie gewarnt und wiederholt die Maßnahmen der Politik kritisiert.

Von 2003 bis 2015 war er zudem Mitglied der sogenannten Schutzkommission des Bundesinnenministeriums. Bis zu seiner Auflösung 2015 hatte das Gremium die Bundesregierung zu Zivilschutz und der Katastrophenhilfe beraten.