"Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit"

Der deutschen Rüstungsindustrie droht das Geld auszugehen. Die Finanzwelt stuft sie zunehmend als nicht nachhaltig ein. Das ist nicht fair: Wer forstet denn immer wieder die Waffenbestände der Staaten auf? Eine überfällige Richtigstellung

Schon mal was vom BDSV gehört? Wie, den kennen Sie nicht? Aber der "Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie" ist Ihnen doch sicher ein Begriff, oder? Gewiss, dieser Verein arbeitet eher im Verborgenen. Er vertritt halt Waffen- und Rüstungsschmieden, erinnert die politischen Entscheider in aller Vertraulichkeit daran, dass auch diese Sorte Kapital Profit machen muss.

Einerseits macht es den Job des BDSV leichter, dass seine Mitgliedsunternehmen nur einen Kunden haben – den Staat mit Polizei und Bundeswehr. Andererseits ist es nicht immer einfach, die richtigen politischen Mehrheiten zu finden, damit mehr Gewehre, Raketen und Panzer bestellt werden.

Noch vor kurzem sah es recht gut für den BDSV aus. Schließlich hatte die alte Bundesregierung zum Schluss noch mal den Verkauf von drei Kriegsschiffen und 16 Luftabwehrsystemen genehmigt. Insgesamt stiegen 2021 die deutschen Rüstungsexporte auf einen neuen Rekordwert von 9 Milliarden Euro.

Die neue "Ampel-Koalition" macht weiter: Sie hat beschlossen, dass die Bundeswehr bewaffnete Drohnen einsetzen darf. Zwar nur wenn der tödliche Schuss von einem echten Soldaten abgefeuert wird, und auch nur, wenn er sich oder seine Kameraden "schützen" muss. Dann läuft das Ganze unter Notwehr. Und sicher im Rahmen eines humanitären Einsatzes, bei dem die Freiheit ein paar Uneinsichtigen leider nicht anders beizubringen ist.

Ebenfalls eine gute Nachricht für die BDSV-Mitglieder: Das "Zwei-Prozent-Ziel" der Nato wird sogar getoppt. Nun werden Ausgaben in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestrebt. Allerdings nicht nur für Verteidigung, sondern auch für Auswärtiges und Entwicklungshilfe soll das Geld reichen. Da hat der BDSV noch eine Menge Lobbyarbeit vor sich. Die besten Botschafter Deutschlands sind ohnehin die Bundeswehr-Soldaten – und auch die besten Entwicklungshelfer, wie in Afghanistan gesehen.

Es lief also eigentlich ganz ordentlich für den BDSV. Bis die Sache mit der Nachhaltigkeit und der "Taxonomie" Fahrt aufnahm. Nun schlägt der Verband Alarm: "Schon heute kommt es vor, dass namhafte deutsche Banken ihren Kunden keine Garantie oder Kredite mehr geben, nur weil diese beispielsweise die Bundeswehr beliefern – mit der Begründung, dies sei ein nicht nachhaltiges Geschäft", sagt Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien. "Die Banken denken an ihre Nachhaltigkeitsberichte und wollen daher oft nichts mit Unternehmen zu tun haben, die einen bestimmten Anteil ihres Umsatzes mit Waffen oder Rüstung machen."

Und es kommt noch schlimmer: Es droht die "schleichende Enteignung" durch die EU. Denn im Rahmen der "Taxonomie" - also den Hinweisen an die Finanzwelt, welche Investitionen den Klimaschutz befördern - gerät die Waffenindustrie ins Hintertreffen. In den Augen der EU gilt sie nicht als nachhaltig, wird damit nicht als gute Anlage empfohlen.

Die europäischen Politiker streiten gerade über die Nachhaltigkeit von Atomkraft und Erdgas, dabei steht doch viel Wichtigeres auf dem Spiel: Ein wehrloses Deutschland ist so gut wie von Feinden überrannt, wird ausradiert, mahnt der BDSV. Und wer nicht existiert, kann ja wohl kaum das Klima schützen! Der Verband fasst dies griffig in dem Claim zusammen: "Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit".

Es erschüttert schon, dass unsere Politiker diesen einfachen Zusammenhang so offenkundig ignorieren. Selbst den "Leitmedien" ist dieser Skandal entgangen – wo sie doch stets den Herrschern in Berlin ihre Sorgen von den Lippen ablesen. Oder ihnen erklären, um was sie sich gefälligst Sorgen machen sollten, weil es sonst mit der Nation bergab ginge. Deshalb muss Telepolis in die Bresche springen – einmal mehr, weil die etablierte Presse versagt!

Also, ihr Ignoranten, schreibt es Euch hinter die Ohren: Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist nachhaltig! Sie will ernsthaft ihre CO2-Emissionen reduzieren. Der harte ThyssenKrupp-Stahl für die Rüstung wird bald mit klimafreundlichem Wasserstoff produziert. Und Panzer, Schiffe, Flugzeuge & Co. werden spätestens 2065 mit synthetischen Kraftstoffen betrieben. Ab diesem Zeitpunkt rechnet nämlich die Bundeswehr damit, dass die Erdölvorräte zur Neige gehen.

Wir finden, das ist ein guter Anfang. Aber da geht sicher noch mehr. Wir haben daher einige konstruktive Vorschläge. Beispielsweise sollten die Kugeln ganz ohne klimaschädliche Zündung auf ihre friedenssichernde Reise geschickt werden können. Und wenn sie dann noch aus Holz bestehen, ist die Wirkung rundum nachhaltig.

Die Gaswolken, wenn Bomben explodieren, passen natürlich auch nicht mehr in unsere Zeit. Da gab es doch mal diese Neutronenbombe? Ein weites Feld für mehr Nachhaltigkeit eröffnet außerdem die Uniform: Bei den Altkleidersammlungen wird es doch bestimmt genügend Stoffe in Grau und Olivgrün geben. Und schneidern lassen könnte man sie doch im Zuge aktiver Entwicklungshilfe in Afghanistan. Dorthin gibt es ja noch viele gute Kontakte.

Eines ist aber schon heute sicher: Eine nachhaltigere Branche als die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie gibt es nicht. Denn es wird stets mindestens so viel neue Rüstung nachproduziert, wie alte verloren geht, in der Regel sogar mehr. Wir können uns die vielen Waffen, Panzer, Zerstörer und Raketen als einen Wald vorstellen, der so sorgsam gepflegt wird wie kein anderer.

In bester forstwirtschaftlicher Tradition entstehen an den kahlen Stellen, zum Beispiel dort, wo eine schöne Heckler & Koch-Maschinenpistole stand, sofort neue zarte Triebe, vielleicht eine MP7 oder eher ein Maschinengewehr wie die MG4? Und es gibt Hoffnung, dass noch mehr Wälder angelegt werden, noch mehr Brachen aufgeforstet! Einer grünen Bundesaußenministerin und einem grünen Landwirtschaftsminister dürfte dieses Bild doch sicher gefallen. Wir stellen es dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie gern kostenlos zur Verfügung.