Ach, Olympia!

National Sliding Centre. Bild: N509FZ / CC-BY-SA-4.0

Schnee aus der Kanone, Sinngebung von der Partei und ein verriegelter IOC-Präsident: Die Winterspiele Peking 2022 halten eine Leiche am Leben

Peking wird vom 4. bis 20. Februar 2022 Gastgeber und Austragungsort der XXIV. Olympischen Winterspiele sein. Es ist damit die erste Stadt, die sowohl Olympische Sommerspiele (2008) als auch Olympische Winterspiele austrägt. An die 3.000 Sportler:innen aus über 80 Nationen werden Pressemeldungen zufolge zugegen sein. Die Wettkämpfe verteilen sich auf drei verschiedene Gebiete: Peking, Yanqing und Zhangjiakou.

Somit werden mehrere Bergketten, die sich in Nordchina durch die Landschaft ziehen, bei diesen Winterspielen die Hauptschauplätze abgeben.

Die alpinen Wettbewerbe sind hauptsächlich im Berggebiet Xiaohaituo (im Nordwesten von Yanqing), die nordischen Disziplinen in Zhangjiakou mit dem Kerndistrikt Chongli (Chongli Resort Cluster) angesetzt.

In Peking selber, Chinas Hauptstadt, gibt man sich die Ehre mit Eröffnungsfeier und Schlussfeier, zudem werden das Eishockey-Turnier, die Curling-Wettkämpfe sowie Eiskunstlauf, Eisschnelllauf, Short Track und Big Air (Snowboard und Ski Freestyle) hier ausgetragen.

Winterwunderland, süß-sauer

In Yanqing, genauer: in der Gebirgsregion Xiaohaituo, einer atemberaubend bizarren, jedoch knochentrockenen und sibirisch kalten Berglandschaft rund 75 Kilometer von der Hauptstadt-Metropole Peking entfernt, warten sieben Pisten auf die Teilnehmer der Winterspiele 2022. Der Wettkampfkalender dort umfasst die populären Disziplinen des alpinen Ski-Zirkus und der Schlitten-Wettbewerbe Skeleton, Rennrodeln und Bob.

Spektakulär um jeden Preis: Wie ein futuristisches Reptil windet sich Chinas erste – und mit einer Strecke von 1,6 Kilometern weltweit längste – Bobbahn der Welt auf einem der Bergkämme des National Sliding Centre. Die Bahn hat 16 Kurven, ist vollständig überdacht, beherbergt Sitzplätze für 2.000 Zuschauer und wurde sinnigerweise entworfen in Form eines Drachen. Der klebt wie ein Fremdkörper in der spröden Naturkulisse – und spiegelt dabei zugleich sehr typisch die Handschrift der Spielemacher wider.

Die Skipisten wirken, als wären sie mit Sprengstoff und Betonguss aus den Berghängen geschlagen worden. (…) Die Anlagen wirken hochmodern, geradezu monumental, jedoch unter dem Nachhaltigkeitsgedanken geradezu absurd.

RedaktionsNetzwerk Deutschland

Zhangjiakou: Chinas weiße Zukunft?

Zhangjiakou, die andere (und deutlich weiter entfernte) Wettkampfzone außerhalb Pekings, liegt in der Provinz Hebei an der Schnittstelle zwischen Peking, Tianjin, der Inneren Mongolei und der Provinz Shanxi und ist rund 180 Kilometer von der Hauptstadt entfernt.

Die Region mit der Stadt Taizi im Kerngebiet gilt als wichtiges Portal zwischen Peking und dem Nordwesten Chinas sowie als zukunftsträchtiger Bestandteil des Hauptstadt-Wirtschaftsraums. Hier wie in Yanqing gibt es ein Olympisches Dorf; das örtliche in der Zhangjiakou-Zone allein kann mehr als 2.500 Athleten und Mannschaftsoffizielle beherbergen, mit allem Drum und Dran, u.a. vollständig mit Fußbodenheizung ausgestattet.

Im Zeitplan von Olympia präsentiert der Cluster in der Provinz Hebei elf Disziplinen des Biathlons, Sprungwettbewerbe sowie Ski Freestyle- und Snowboard-Entscheidungen. Nach den Spielen, so ist es geplant, wird die Anlage als Trainingszentrum fungieren.

Um Touristen aus anderen Regionen Chinas anzulocken, strebt die Stadtregierung das Ziel an, Zhangjiakou zu einem Hotspot für den Wintersport auszubauen und wirbt rührig um Investitionen. Die sprudelten bislang schon kräftig, auch von Staats wegen: Seit zwei Jahren verbindet ein führerloser, auf manchen Abschnitten bis zu 350 km/h schneller Zug die Hauptstadt Peking mit der Millionenstadt Zhangjiakou. Das Prestigeprojekt dürfte geeignet sein, auch Touristen von weither zu ködern.

Mit Highspeed ins Olympische Dorf

Der Bahnhof der Bezirksstadt Taizi kann nun darauf verweisen, der erste Hochgeschwindigkeitsbahnhof der Welt zu sein - und der führt direkt zu den Olympischen Spielen: Die Station liegt nur zehn Minuten vom Olympischen Dorf und den verschiedenen Schneeparks entfernt.

Die Strecke wurde am 30. Dezember 2019 eröffnet; die Reisezeit von Peking nach Zhangjiakou ist nach offiziellen Angaben von drei Stunden und sieben Minuten auf nur 47 Minuten verkürzt.

An den zehn Stationen des 174 km langen Highspeed-Railway werden Gesichtserkennungs-Technologien und Roboter eingesetzt, um den Fahrgästen bei der Wegbeschreibung, dem Gepäck und der papierlosen Abfertigung zu helfen. Spezielle Kabinen bieten Stauraum für Wintersportgeräte, der Speisewagen kann zum Mediencenter umfunktioniert werden.

Abgesehen von derlei technischen Errungenschaften (mitsamt ihren offenkundigen Kehrseiten), lobte Peking von Anfang an "Spiele der Nachhaltigkeit" aus. Auf über 50 Seiten hatten Chinas Olympia-Organisatoren ihre Pläne zusammengetragen, für "grüne, inklusive, offene und saubere" Winterspiele, wie es auf dem Papier heißt.

Olympia 2022: Mehr als eine Mogelpackung?

Mehr als eine Mogelpackung? Zwar werden viele der Olympiaanlagen der Sommerspiele 2008 auch 2022 wieder benutzt. Doch die Parteipropaganda kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die bevorstehenden Winterspiele das blankgeputzte Etikett nicht verdienen. "Olympische Mogelpackung" nannte die ARD-Sportschau schon die angeblich "nachhaltigen" Winterspiele. Die Probleme fangen beim einfachsten Fakt, dem fehlenden Schnee, schon an.

Schnee ist in der Region Zhangjiakou, wo ein Großteil der alpinen Wettbewerbe ausgetragen wird, eine Rarität. Der Norden Chinas gehört zu den trockensten Regionen der Welt. Nicht mehr als 570 Millimeter Niederschlag fallen hier im Durchschnitt pro Jahr.

Auch das Gebiet von Yanqing, rund 100 Kilometer näher an Peking, misst eine jährliche Neuschneemenge von durchschnittlich gerade mal zwei Zentimetern. Hier wie auch im entfernten Chongli, wo mehrere Medaillen-Entscheidungen im Ski alpin fallen sollen, war es zudem über Wochen ungewöhnlich warm.