Wirtschaftskrise mit Ansage

Ökonomen warnen vor Lieferstopp von russischem Erdgas. Erheblicher Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung befürchtet

Der Wirtschaftskrieg der westlichen Länder ist auch ein Nervenkrieg. Am Donnerstag dürfte sich entscheiden, ob Bundesrepublik und Europäische Union bereit sind, für ihre Sanktionen gegen Russland eine tiefe Wirtschaftskrise in Kauf zu nehmen. Russland hatte angekündigt, bis Donnerstag festlegen zu wollen, wie künftig Gas- und Öllieferungen bezahlt werden sollen.

Die G7-Staaten hatten am Montag erklärt, die russischen Gaslieferungen künftig nicht in Rubel bezahlen zu wollen. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte am Montagabend in einem Interview mit der amerikanischen Fernsehkette PBS klargestellt: "Keine Bezahlung – kein Gas". Moskau wolle erst die Antwort der EU abwarten und dann die nächsten Schritte festlegen. "Wir beabsichtigten aber auf keinen Fall, uns als Wohltäter zu zeigen und Westeuropa kostenloses Gas zu liefern", betonte er.

LNG-Terminals und -Tanker (11 Bilder)

LNG-Terminal Ras Laffan in Katar. Bild: Matthew Smith / CC-BY-2.0

Für die Bundesrepublik hätte ein Lieferstopp weitreichende Folgen. Mittelfristig würde er das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um bis zu drei Prozent einbrechen lassen, heißt es in einer Untersuchung, die am Dienstag vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorgestellt wurde. Und der Verlust an Wirtschaftskraft ist nicht vorübergehend – die Rede ist von einer langanhaltenden Rezession. Selbst nach etwa zehn Jahren sei "die wirtschaftliche Aktivität noch nicht wieder auf dem Niveau von vor dem Ukraine-Krieg", heißt es in der Studie weiter.

Auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) warnt in einer aktuellen Studie vor schweren wirtschaftlichen Folgen, sollte das Erdgas nicht mehr fließen. Schon unter der Annahme stark gestiegener Energiekosten könnte das BIP um vier Prozent zurückgehen. Steigen die Preise für Erdgas wegen eines Lieferstopps für russisches Erdgas noch weiter, dann könnte das BIP sogar um mehr als sechs Prozent zurückgehen.

Grundsätzlich sei ein Energieembargo eine politische Entscheidung, bei der zahlreiche Erwägungen einflössen. "Wir wollen aber darauf hinweisen, dass die wirtschaftlichen und auch die sozialen Folgen mit höchster Wahrscheinlichkeit gravierend wären und die Wirtschaftspolitik bereit sein muss, entsprechend zu reagieren", betonte IMK-Direktor Sebastian Dullien.

Vor diesem Hintergrund mahnen die Gewerkschaften. Michael Vassiliadis, Chef der IG BCE, warnte am Montag, dass ein Lieferstopp von russischen Energieträgern hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland gefährden könnte. Dies hätte den "schnellen Zusammenbruch der industriellen Produktionsketten in Europa" zur Folge.