Deutschland: Öl und Gas aus dem Wattenmeer?

Mitten im Wattenmeer: Bohrinsel Mittelplate; Foto: Mark Voigt/ CC BY 3.0

Konservative, Liberale und Sozialdemokraten wollen Erschließung neuer Vorkommen zulassen

Wird künftig vor deutschen Küsten wieder nach Gas und Öl gebohrt? Aktuell gibt es nur noch eine deutsche Offshore Förderplattform, nämlich Mitelplate, nordwestlich der Elbmündung im flachen schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Dort pumpt Wintershall DEA Deutschland seit Jahrzehnten mitten im Nationalpark Erdöl aus dem Untergrund.

Doch seit Anfang März nutzen verschiedene Akteure die Debatte über die Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten aus Russland, um die bestehenden strikten Beschränkung für die Erkundung neuer Felder infrage zu stellen, so etwa der niedersächsische Landeswirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) und sein Kollege aus dem Umweltressort, Olaf Lies (SPD).

Auch im benachbarten Schleswig-Holstein machen CDU und FDP im dort gerade begonnenen Landtagswahlkampf – gewählt wird am 8. Mai – Werbung für mehr Öl- und Gasförderung vor der deutschen Küste.

Wintershall DEA hatte schon vor Jahren die Ausweitung seiner Förderung beantragt. Mit horizontalen Bohrungen könnten Felder in der weiteren Nachbarschaft der Plattform erschlossen werden. 100 Millionen Euro, heißt es beim Unternehmen, müssten für die Erschließung eines Feldes südlich der Plattform investiert werden.

Das Wattenmeer vor der deutschen Küste, in dem oder in dessen unmittelbaren Nachbarschaft die Bohrungen durchgeführt würden, ist ein von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe. Als außergewöhnlich artenreiches und produktives Ökosystem, das unzähligen Fischarten als Kinderstube gilt, ist es für die ganze Nordsee und die dort betrieben Fischerei von herausragender Bedeutung.

Dessen ungeachtet wird auch in den benachbarten Niederlanden der Ruf aus den Reihen der besonders wirtschaftsfreundlichen Parteien nach neuen Bohrungen lauter.

Wintershall DEA gehört übrigens zu 67 Prozent BASF und zu 33 Prozent LetterOne, der Beteiligungsfirma des russischen Geschäftsmanns Michail Fridman. Das Unternehmen war 2018 aus der Fusion von Wintershall und der zwei Jahre zuvor von Fridman erworbenen DEA entstanden.

BASF brachte in das gemeinsame Unternehmen Wintershall ein, das seit den 1990er-Jahren in Russland aktiv ist, verschiedene Partnerschaften mit Gazprom betreibt und nun durch den russischen Krieg gegen die Ukraine und die daraufhin vom Westen verhängten Sanktionen unter Druck gerät.