"Wenn Putins bewaffneter Revisionismus Erfolg hat …"

Russischer Panzer nach der Sprengung einer Brücke in Kalynivka im ukrainischen Oblast Mykolajiw. Bild: Міністерство внутрішніх справ України, CC BY 4.0

Telepolis dokumentiert einen weiteren offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Diesmal mit der Forderung nach Waffenlieferungen

Im Zuge des russischen Krieges in der Ukraine wurden zuletzt einige offenen Briefe lanciert sowie medial und politisch diskutiert. Dabei stand die Forderung nach Deeskalation im Vordergrund. Am Mittwoch dieser Woche nun lancierten Aktivisten aus dem Umfeld der Denkfabril Zentrum für linerale Moderne eine Petition, die eine gegenteilige Position einnimmt und die auf der Kampagnenplattform change.org mitgezeichnet werden kann.

Telepolis dokumentiert im Folgenden den Text.


Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

auf der Maikundgebung in Düsseldorf haben Sie gegen Pfiffe und Protestrufe Ihren Willen bekräftigt, die Ukraine auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen, damit sie sich erfolgreich verteidigen kann.

Wir möchten Ihnen auf diesem Weg Beifall für diese klaren Worte zollen und Sie ermutigen, die Entschließung des Bundestags für Waffenlieferungen an die Ukraine rasch in die Tat umzusetzen.

Konflikt mit Russland: US-Armee in der Ukraine (18 Bilder)

Ukrainische Soldaten führen Luftangriffstraining durch. Bild: U.S. Army Europe, 2016

Angesichts der Konzentration russischer Truppen im Osten und Süden der Ukraine, der fortgesetzten Bombardierung der Zivilbevölkerung, der systematischen Zerstörung der Infrastruktur, der humanitären Notlage mit mehr als zehn Millionen Flüchtlingen und der wirtschaftlichen Zerrüttung der Ukraine infolge des Krieges zählt jeder Tag.

Es bedarf keiner besonderen Militärexpertise, um zu erkennen, dass der Unterschied zwischen "defensiven" und "offensiven" Rüstungsgütern keine Frage des Materials ist: In den Händen der Angegriffenen sind auch Panzer und Haubitzen Defensivwaffen, weil sie der Selbstverteidigung dienen.

Wer einen Verhandlungsfrieden will, der nicht auf die Unterwerfung der Ukraine unter die russischen Forderungen hinausläuft, muss ihre Verteidigungsfähigkeit stärken und die Kriegsfähigkeit Russlands maximal schwächen.

Das erfordert die kontinuierliche Lieferung von Waffen und Munition, um die militärischen Kräfteverhältnisse zugunsten der Ukraine zu wenden. Und es erfordert die Ausweitung ökonomischer Sanktionen auf den russischen Energiesektor als finanzielle Lebensader des Putin-Regimes.

Es liegt im Interesse Deutschlands, einen Erfolg des russischen Angriffskriegs zu verhindern. Wer die europäische Friedensordnung angreift, das Völkerrecht mit Füßen tritt und massive Kriegsverbrechen begeht, darf nicht als Sieger vom Feld gehen. Putins erklärtes Ziel war und ist die Vernichtung der nationalen Eigenständigkeit der Ukraine.

Im ersten Anlauf ist dieser Versuch aufgrund des entschlossenen Widerstands und der Opferbereitschaft der ukrainischen Gesellschaft gescheitert. Auch das jetzt ausgerufene Ziel eines erweiterten russischen Machtbereichs von Charkiw bis Odessa kann nicht hingenommen werden.