Charité nimmt umstrittene Studie zu Corona-Impfnebenwirkungen offline

Fehlermeldung statt Impfschadenmeldung: Die Charité hat die Notbremse gezogen. Bild: charite.de

Angriff auf Wissenschaftsfreiheit oder Durchsetzung von Qualitätsstandards? Charité-Leitung sollte sich schnellstmöglich erklären

Nach kritischer Berichterstattung hat das Berliner Universitätsklinikum Charité die Bewerbung einer umstrittenen Studie über Impfnebenwirkungen offline genommen – der Link liefert am heutigen Mittwoch nur noch eine 404-Fehlermeldung. Auf Twitter reklamiert das Tobias Schulze von der Berliner Linken für sich: Auf Nachfrage bei der Berliner Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Die Grünen) habe die Klinik die Seite entfernt.

Am 10. Mai hatte bereits das ZDF berichtet, die Charité distanziere sich von der Studie. Auf der Presseseite oder dem Twitter-Auftritt der Universitätsklinik findet sich nach wie vor jedoch kein Hinweis auf die Studie oder die Entscheidung, die Seite vom Netz zu nehmen.

Nun schrieb der Berliner Tagesspiegel unter Berufung auf Gote, es gebe berechtigte Zweifel an der Qualität der Befragung. Man würde den Vorfall nun intern prüfen, wolle den Studienleiter damit aber nicht vorverurteilen.

Die Fragebogenstudie von Harald Matthes, Stiftungsprofessor für Integrative und Anthroposophische Medizin an der Berliner Charité, wurde seit Juni 2021 auf dem Internetauftritt der Universitätsklinik beworben. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können darüber Informationen über die Symptome einer Covid-19- oder Long-Covid-Erkrankung sowie Erfahrungen nach einer Covid-Impfung melden.

Die auch inhomöopathischen und anthroposophischen Kreisen beworbene Studie erhielt lange Zeit wenig Aufmerksamkeit. Das änderte sich schlagartig, als Studienleiter Matthes Ende April 2022 die Ergebnisse einer vorläufigen Auswertung im MDR präsentierte. Auch Telepolis hatte diese Berichte im MDR aufgegriffen und die Studie in Folge kritisch beleuchtet.

Auf einmal stand der Verdacht im Raum, das Paul-Ehrlich-Institut würde schwere Impfnebenwirkungen nicht nur zu selten erfassen, sondern vielleicht sogar um den Faktor 40 unterschätzen. Damit verband Matthes gleich die Forderung, man müsse spezielle Ambulanzen für Menschen mit Impfschäden einrichten.

Dabei zeigt schon eine oberflächliche Analyse der Methodologie der Fragenbogenstudie, dass ihre Ergebnisse gar nicht verallgemeinert werden können: Durch einen Aufruf zur freiwilligen Teilnahme im Internet kann man schlicht kein repräsentatives Bild der Gesamtbevölkerung gewinnen. Die Verbreitung der Meldung in impfkritischen Kreisen legt zudem den Verdacht nahe, dass es bei der Teilnahme eine systematische Verzerrung gibt.