Australien: (K)eine Klimawahl

Brandbekämpfung in Hillview nördlich des Adelaide River. Archivbild (2010): kenhodge13/CC BY 2.0

Down under werden weiter Stimmen ausgezählt, aber die Frage ist nur noch, ob die Sozialdemokraten alleine regieren können oder Kompromisse eingehen müssen

In Australien werden noch immer die letzten Wahlkreise ausgezählt, doch zwei Dinge sind bereits klar.

Erstens: Die bisher regierende konservativ-liberale Koalition hat eine historische Niederlage erlitten. Im Unterhaus wird sie nur noch knapp 40 Prozent der Sitze halten. Ihr schlechtestes Ergebnis seit mindestens 1949 heißt es beim australischen Sender ABC.

Zweitens: Die sozialdemokratische Labour Party wird mit Anthony Albanese den nächsten Premierminister stellen. Unklar ist nur noch, ob er dafür Partner braucht. Bis zum Mittwochnachmittag waren seiner Partei nur 75 Unterhaussitze sicher, mit 76 hätte sie die Mehrheit.

Australien hat ein kompliziertes Präferenzwahlsystem, mit dem andere Kandidaten oder Parteien unterstützt werden können, sollte die bevorzugte Wahl nicht durchkommen. Dadurch ist die Auszählung insbesondere in umkämpften Wahlbezirken langwierig.

Die konservativ-liberale Koalition wurde unter anderem für ihre grobe Missachtung des Klimaschutzes abgewählt. Australien hat in den vergangenen Jahren zahlreiche große Demonstrationen für mehr Klimaschutz gesehen. Die dortige Schulstreikbewegung gehört im internationalen Vergleich zu den aktivsten.

Entsprechend konnten die Grünen bei den Wahlen am Samstag einen zweiten Sitz hinzugewinnen, und auch eine Reihe der neu ins Parlament einziehenden Unabhängigen haben in ihrer Wahlkampagne den Schwerpunkt auf mehr Klimaschutz gelegt.

Mindestens sieben von ihnen wurden von der Kampagne Climate 200 unterstützt. Deren Ziel war es, möglichst viele unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten ins Parlament zu bringen, die für Klimaschutz, Korruptionsbekämpfung und Gleichberechtigung der Geschlechter eintreten.

Doch der von vielen erhoffte "grüne" Erdrutsch blieb aus. Auch die Sozialdemokraten wollen das Ruder offensichtlich nicht wirklich herumreißen.

Die australische Zeitung Financial Review berichtet, dass der künftige Klimaminister Chris Bowen sich gegen einen "aggressiveren Dekarbonisierungs-Pfad" ausgesprochen hat, also gegen ehrgeizigere Maßnahmen, die zum Beispiel das Erschließen eines Öl- und Gasfeldes vor der Küste Westaustraliens verhindern würden.

16,5 Milliarden Australische Dollar (knapp 11 Milliarden Euro) sollen dort investiert werden, schreibt der Sender ABC. 2026 soll die Förderung beginnen.

Auch soll Bowens Partei der mächtigen Bergbauindustrie des Landes im Vorfeld der Wahlen im Stillen zugesichert haben, dass sie "die Bedeutung von Kohle und Gas verstehe" und die Industrie im Falle von geplanten Änderungen konsultieren würde. In Australien ist unter anderem die Erschließung eines neuen Kohle-Tagebaus durch den indischen Adani-Konzern höchst umstritten.

Die spannende Frage wird in den nächsten Tagen also sein, ob die Sozialdemokraten eine eigene Mehrheit bekommen, und zu welchen Kompromissen sie gegebenenfalls bereit sind, um Unabhängige auf ihre Seite zu ziehen.