Brennende Polizeiautos vor G7-Gipfel: "Dem Kapitalismus wird dadurch kein Haar gekrümmt"

Schloss Elmau wird zur Festung. Das stand schon vor dem Anschlag fest. Foto: Schloss Elmau / CC BY-SA 3.0

Ermittelt wird gegen Unbekannt, ein Bezug zu den G7-Protesten wird aber hergestellt. Vom Aktionsbündnis der Gipfelgegner gibt es klare Ansagen zu solchen Aktionen.

Dem Organisationsteam und den Anmeldern der Protestaktionen gegen den G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Oberbayern hatte eine Aktion wie diese gerade noch gefehlt: "Das Aktionsbündnis 'Stop G7 Elmau' hat mit dem Brandanschlag auf die Polizeifahrzeuge in München nichts zu tun. Wir halten derartige Aktionen für politisch falsch und kontraproduktiv", erklärte am Mittwoch Claus Schreer, der seit Jahrzehnten als Mitorganisator von Demonstrationen des linken Spektrums bekannt und auch in diesem Jahr Ko-Anmelder der G7-Proteste ist.

Acht Fahrzeuge der Bundespolizei "erheblich beschädigt"

In der Nacht zum Mittwoch war die Münchner Polizei gegen 3.00 Uhr über den Brand mehrerer Fahrzeuge im Bereich Hochstraße informiert worden. Vor Ort stellten die Einsatzkräfte fest, dass es sich um Dienstfahrzeuge der Bundespolizei handelte. Insgesamt acht seien "erheblich beschädigt" worden – der Sachschaden belaufe sich nach derzeitigem Ermittlungsstand auf mehrere hunderttausend Euro, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Personen seien aber nicht zu Schaden gekommen.

Das Polizeipräsidium München sprach bereits in der Überschrift seiner Pressemitteilung von einer "Brandstiftung im Zusammenhang mit dem G7-Einsatz", drückte sich aber im vierten Absatz vorsichtiger aus:

Wenngleich zum aktuellen Stand der Ermittlungen noch keine abschließenden Erkenntnisse zu den Hintergründen der Brandstiftung vorliegen, wird derzeit von einer politisch motivierten Tat ausgegangen.


Polizeipräsidium München am 22. Juni 2022

Die Ermittlungen habe das allgemein für politisch motivierte Kriminalität zuständige Kriminalfachdezernat 4 übernommen, unterstützt durch das für Branddelikte zuständige Kommissariat 13. Konkrete Tatverdächtige oder ein Bekennerschreiben soll es bisher nicht geben – im Zeugenaufruf geht es allgemein um Beobachtungen in Tatortnähe. Die politische und mediale Stimmungsmache gegen "Chaoten", die den G7-Gipfel stören wollen, lief aber vor dem Anschlag schon auf Hochtouren.

Die G7-Staatschefs treffen sich vom 26. bis zum 28. Juni – die exklusive Zusammenkunft beginnt also erst am kommenden Sonntag – seit mehr als einer Woche führt die Bundespolizei aber bereits Grenzkontrollen durch, um "Chaoten", wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) meint, von der Anreise zu Gegendemos und Protestaktionen abzuhalten.

Die deutschlandweiten Binnengrenzkontrollen hatten sich schon beim G7-Gipfel 2015 "außerordentlich bewährt", sagte Herrmann vergangene Woche. Dass vor sieben Jahren Gewaltexzesse von Gipfelgegnern ausblieben, sieht er als Verdienst der Polizei, die seinerzeit "hochprofessionell" vorgegangen sei.

Die weltpolitische Lage hat sich im Vergleich zu damals leider weiter verschärft. Insoweit müssen wir beispielsweise auch mit einem größeren Potential von Chaoten rechnen, die aus dem Ausland einreisen wollen, nur um im Umfeld des Gipfels Randale zu veranstalten.


Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU)

in Hör- und Sichtweite der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA in der Sicherheitszone rund um Schloss Elmau dürfen am 27. Juni aber ohnehin nur 50 Personen demonstrieren, die sich vorher durchsuchen lassen und ihre Personalien angeben – als Abordnung eines Sternmarsches, der an einem Werktag wohl insgesamt kleiner ausfällt als die fürs Wochenende geplanten Demos in München und Garmisch.

"Wasser auf die Mühlen politischer Hardliner"

Viele sehen in den Auflagen einen grundrechtspolitischen Skandal – für die Kriminalisierung der Proteste auch noch einen Vorwand zu liefern, wäre aber nicht in ihrem Sinn.

Polizeiautos abzufackeln sind keine geeignete Form des Protests gegen die G7. Das ist nur Wasser auf die Mühlen politischer Hardliner, die mit immer massiveren Polizeieinsätzen Demonstrationsrechte aushöhlen und beseitigen wollen. Dem zerstörerischen Kapitalismus, der von den G7 repräsentiert, wird dadurch kein Haar gekrümmt. Unser Protest richtet sich gegen die G7-Staaten, die mit ihrer Politik auf die Klimakatastrophe zusteuern, die Flüchtende im Mittelmeer ertrinken lassen und gegen die Milliardensummen, die für Aufrüstung verschleudern, anstatt sie in die Lösung der globalen Herausforderungen zu investieren.


Claus Schreer, Aktionsbündnis STOP-G7, Demo-Planungsgruppe Garmisch-Partenkirchen

Erwartbar war zumindest, dass nun in der breiten Öffentlichkeit weniger über Inhalte der Protestbewegung als über Methoden von bislang Unbekannten diskutiert wird. Dabei gibt es am morgigen Freitag Gelegenheit, sich auf einem hybriden Alternativgipfel zum Thema "Global gerecht Wirtschaften in Krisenzeiten" im Münchner EineWeltHaus oder online über Inhalte zu informieren. Die für Samstag in München geplante Großdemo wird von renommierten Umwelt- und Hilfsorganisationen wie BUND, NABU und Brot für die Welt unterstützt.