Wie Balkanpolitik und Ukraine-Krise Bulgarien ins Chaos stürzten

Petkov vor dem Parlament in Sofia. Bild: Frank Stier

Streit um Nordmazedonien lässt Bulgariens kurzen Frühling der Reformation enden. Konflikte um Waffenlieferungen an Kiew. Ursache für Regierungssturz aber war eine andere.

"Es war mir eine Ehre, eine Regierung zu führen, die von Herrn Borissov, Herrn Peevski, Slavi Trifonov und Frau Mitrofanova gestürzt wurde", sagte Bulgariens Ministerpräsident Kiril Petkov am Mittwochabend vor der 47. Bulgarischen Volksversammlung, die seiner Koalitionsregierung soeben das Misstrauen ausgesprochen hatte. Das war ein Novum in der Geschichte des bulgarischen Parlamentarismus.

Petkovs Kabinett ist nach sieben turbulenten Monaten gescheitert. Ihm zufolge tragen "die Mafia" (Borissov, Peevski, Trifonov) und "Russland" (Mitrofanova) die Verantwortung für Bulgariens abrupten Übergang vom kurzen Frühling der Reformation in einen heißen Sommer der Konfrontation.

Tatsächlich hat der junge, in Harvard ausgebildete Betriebswirtschaftler Kiril Petkov aber die Erwartungen, die er als Wirtschaftsminister einer Übergangsregierung im vergangenen Jahr bei vielen Bulgaren und Bulgarinnen erweckt hat, in seiner von Ungeschicklichkeiten, Fehlern und Affären geprägten Amtszeit zum großen Teil enttäuscht.

Im Dezember 2021 hatte Petkovs neugegründete Partei "Prodelzhavame Promianata" ("Wir setzen den Wandel fort", PP) mit der postkommunistischen "Bulgarischen Sozialistischen Partei" (BSP), den traditionell Konservativen von "Demokratitschna Bulgaria" (DB) und der Partei des Shomasters Slavi Trifonov "Ima takev narod" ("So ein Volk gibt es", ITN) eine Regierung gebildet.

Bereits damals war klar, dass die ideologisch disparate Links-rechts-Koalition zunächst und vor allem gegen Langzeitministerpräsident Boiko Borissov geschmiedetes Anti-Bündnis war, ohne ein darüberhinausgehendes in sich konsistentes Regierungsprogramm.

Petkovs erklärte Mission war die Überwindung des mafiös-oligarchischen Status quo, für den außer Borissov auch der von der US-Regierung mit Magnitski-Sanktionen belegte Ex-Medien-Mogul Deljan Peevski steht.