mRNA-Covid-Impfung: Risiko von Nebenwirkungen stärker als das Risiko der Hospitalisierung?

Eine brisante Meta-Studie von Peter Doshi, die eine erweiterte Liste von Nebenwirkungen berücksichtigt, - und Reaktionen.

Vergangene Woche veröffentlichte eine Forschergruppe um Peter Doshi, dem bekanntesten unter den Wissenschaftlern, eine Studie zu Nebenwirkungen von mRNA-Impfungen, die sich in randomisierten Versuchen zeigten. Im Ergebnis überrascht ein Satz, der es in sich hat:

Das erhöhte Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse übertraf die Risikoreduzierung für Covid-19-Krankenhausaufenthalte im Vergleich zur Placebogruppe in beiden Studien von Pfizer und Moderna.

Peter Doshi et al.

Vorneweg: Die Studie wurde noch nicht extern begutachtet, es liegt noch keine Peer-Review vor, weswegen das Paper auf SSRN (Social Science Research Network) veröffentlicht wurde. Die Forschungsarbeit ist eine Zweitanalyse ("Secondary analysis") von randomisierten klinischen Versuchen in der Phase 3, die Pfizer und Moderna mit mRNA-Covid-19-Impfstoffen durchgeführt haben. Als Kontrollgruppe fungierten Personen, denen ein Placebo verabreicht wurde.

Im Zentrum der Studie standen "serious adverse events" (SAE) – ernsthafte (oder schwerwiegende) unerwünschte Ereignisse – und ganz besonders: "adverse events of special interest" (AESIS), auf Deutsch: unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse. In der Langfassung der Studie wird dazu erklärt, dass Pfizer und Moderna, wie in Studienprotokollen und Zusatzmaterial angegeben, nahezu identische SAE-Definitionen verwendeten, die mit den Erwartungen der Behörden, z.B. der WHO, übereinstimmen.

Ernsthafte unerwünschte Ereignisse und solche mit speziellem Interesse

Als Definition für ein ernsthaftes unerwünschtes Ereignis (SAE) wurde zugrundegelegt, dass ein solches Ereignis zu einem der folgenden Zustände führt:

"Tod, lebensbedrohlich zum Zeitpunkt des Ereignisses; stationärer Krankenhausaufenthalt oder Verlängerung eines bestehenden Krankenhausaufenthalts; anhaltende oder erhebliche Behinderung/Invalidität; eine angeborene Anomalie/Geburtsfehler; ein medizinisch wichtiges Ereignis, bewertet auf Grundlage eines medizinischen Urteils".

Die Kategorie "unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse" (AESIS) ist für die Studie von einer besonderen methodologischen Relevanz und sie ist weitreichender als die SAE. Grundlage dafür ist die Arbeit des Projekts "Safety Platform for Emergency vACcines" (SPEAC) der Brighton Collaboration. Deren AESIS-Liste umfasst Symptomatiken einer Covid-Erkrankung sowie Impfnebenwirkungen.

Für die Studie wurde eine AESI-Liste erstellt, die diese unerwünschten Ereignisse in drei Kategorien einteilt: "solche, die in Verbindung mit Covid-19 auftreten, solche mit einem nachgewiesenen oder theoretischen Zusammenhang mit Impfstoffen im Allgemeinen und solche mit nachgewiesenem oder theoretischen Zusammenhang mit bestimmten Impfstoff-Technologien."

Interessierte seien für präzise Informationen an das 131-seitige SPEAC-Dokument verwiesen. Grob zusammenfassend lässt sich sagen, dass die AESI-Liste umfangreicher ist und weitaus differenzierter als die genannten SAE (ernsthafte unerwünschte Ereignisse). Im verlinkten Dokument werden zahlreiche Symptomatiken, z.B. kardiale, dermatologische, endokrine, gastrointestinale (GI), hämatologische, Multisystem-Entzündungssyndrome, Augenerkrankungen usw, aufgelistet.

Peter Doshi et al. glichen nun die von Pfizer und Moderna in den randomisierten Phase-3-Studien aufgezeichneten ernsthaften unerwünschten Ereignisse (SAEs) mit einer erweiterten Liste von AESIs ab. Sie "matchten" deren Studien damit. Dies resultierte in einer neuen Risikoeinschätzung mit dem eingangs genannten Satz:

Die mRNA-COVID-19-Impfstoffe von Pfizer und Moderna waren mit einem erhöhten Risiko für ernsthafte unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse verbunden, mit einem absoluten Risikoanstieg von 10,1 bzw. 15,1 pro 10.000 Geimpfte im Vergleich zu den Placebo-Basiswerten von 17,6 bzw. 42,2 (95 Prozent CI -0,4 bis 20,6 bzw. -3,6 bis 33,8).

Zusammengenommen waren die mRNA-Impfstoffe mit einem absoluten Risikoanstieg für ernsthafte unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse von 12,5 pro 10.000 (95 Prozent CI 2,1 bis 22,9) verbunden. Das erhöhte Risiko für ernsthafte unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse übertraf die Risikoreduktion für Covid-19-Krankenhausaufenthalte im Vergleich zur Placebogruppe sowohl in der Pfizer- als auch in der Moderna-Studie (2,3 bzw. 6,4 pro 10.000 Teilnehmer). (Übersetzung DeepL)

Peter Doshi et al.

Man sieht, dem auch politisch heiklen Ergebnis, da es um Nebenwirkungen von Corona-Impfungen geht, liegt eine komplizierte Methodik zugrunde. Leicht zu beurteilen, ist sie nicht. Zumal auch noch keine Peer-Review vorliegt.

Impfnebenwirkungen: Das Problem der Datengrundlage

Obendrein ist Peter Doshi, Redakteur der Fachzeitschrift The BMJ, der federführend an der Studie beteiligt ist, als kritischer Geist bekannt, der sich offenen Fragen zuwendet und Studien, zumal von Impfstoffherstellen, auf den Zahn fühlt.

Telepolis hat mehrfach darüber berichtet. Im Oktober 2020: Werden die jetzt mit Erfolg getesteten Covid-19-Impfstoffe wirksam sein?, im Dezember 2020: Corona-Impfungen als größtes Humanexperiment der modernen Geschichte und zuletzt im Juli 2021, wo Andreas von Westphalen Doshi mit einer Kritik an einer Phase-3-Studie von Pfizer und Biontek zitierte:

"Auch ein ganzes Jahr nach Beginn der Studien gibt es damit also keine validen Daten über die Wirkung Impfstoffes über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus."

Soviel wird aus den Konflikten über Impfnebenwirkungen, die es seither gab, jedenfalls klar: Der Streit geht immer auch wesentlich über die Daten und deren Transparenz.

Die Datenlage ist unklar und die Herausgabe ein Politikum. In den USA hat ein Gericht Anfang Januar dieses Jahres Pfizer zur Herausgabe von Daten verpflichtet. Es geht um nicht weniger als 450.000 Seiten an Material. Wie Wissenschaftler das Material-Problem lösen, ist unbekannt.

In der vorliegenden Studie von Doshi et al. verweisen die Autoren lediglich darauf, dass sie Daten der randomisierten klinischen Phase-3-Studien von Pfizer und Moderna nutzten. Mehr ist zu dem heiklen Problem der Datengrundlagen zu Impfnebenwirkungen nicht zu erfahren.