Taiwan und Pelosi: Wie wird China reagieren?

US-Admiral John Richardson besucht im Jahr 2016 die chinesische Navy, um Kooperationen zu stärken. Der angekündigte Besuch von Nancy Pelosi erhöht hingegen Spannungen zwischen den USA und China. Bild: U.S. Pacific Fleet / CC BY-NC 2.0

Brian Hioe sagt: Taiwan-Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi könnte zu einer militärischen Reaktion Chinas führen. Was sind die innenpolitischen und geopolitischer Treiber?

Berichten zufolge planen Beamte des Pentagons eine verstärkte Verlegung von US-Streitkräften in den indopazifischen Raum, sollte die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi im nächsten Monat nach Taiwan reisen. China hat Berichten zufolge die Regierung Biden wegen Pelosis geplanter Reise gewarnt.

Peking droht mit scharfen Maßnahmen, falls Pelosi nach Taiwan reist. Nach Angaben der Financial Times hat China die Regierung Biden privat darauf hingewiesen, dass es militärisch reagieren könnte. Gestern hat Präsident Biden inmitten der neuen Spannungen um Taiwan mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping gesprochen.

Pentagon-Beamte sagten der Associated Press in einem Bericht, dass sie "Pläne für jede Eventualität entwickeln", und sagten, "Kampfjets, Schiffe, Überwachungsanlagen und andere militärische Systeme würden wahrscheinlich eingesetzt werden, um überlappende Schutzringe für Pelosis Flug nach Taiwan und jede Zeit am Boden dort zu bieten".

Taiwan hat am Montag in seiner Hauptstadt Luftverteidigungsübungen abgehalten, während das Militär diese Woche die jährlichen Militärübungen stattfinden lässt.

Brian Hioe, taiwanesisch-amerikanischer Journalist. Berichtet aus Taipeh. Gründer des Magazins New Bloom.

Sollte Pelosis Reise im August stattfinden, wäre sie die ranghöchste US-Beamtin, die Taiwan seit einem Vierteljahrhundert besucht. Pelosi hatte eine geplante Reise nach Taiwan im April verschoben, nachdem sie positiv auf COVID-19 getestet worden war.

Das Interview mit dem taiwanesisch-amerikanischen Journalisten Brian Hioe in Taipeh wird von Amy Goodman und Juan Gonzales geführt. Telepolis veröffentlicht es in Kooperation mit US-Programm Democracy Now.

Die Lage spitzt sich in dieser Woche wirklich zu. Was halten Sie von der Ankündigung von Nancy Pelosi, dass sie mit einer Kongressdelegation nach Taiwan reisen wird?

Brian Hioe: Ich denke, ein Teil des Problems ist der Zeitpunkt. Vor allem im April hätte man den Besuch noch vor dem Hintergrund der Invasion in der Ukraine gesehen, um die Unterstützung der USA für Taiwan zu verdeutlichen. Doch jetzt, zum jetzigen Zeitpunkt, ist man der Meinung, dass es um mehr geht und das könnte zu einer chinesischen Aggression führen. Die Frage ist: Welche Schritte wird China unternehmen? Wie weit sind sie bereit zu gehen? Das sind Fragen, die in der Schwebe sind. In der Vergangenheit haben wir schon Besuche von US-Regierungsvertretern in Taiwan gesehen. Es wird als Zeichen der Unterstützung gesehen, als Versuch, ein Signal an China zu senden. Die Frage ist: Ist dieses Signal nur an China gerichtet, ohne dass Taiwan davon profitiert, oder ist es etwas, das man besser gar nicht tun sollte?

Warum hat sich Pelosi Ihrer Meinung nach zu diesem Zeitpunkt zu dieser Reise entschlossen? Offensichtlich vertritt sie einen Bezirk in Kalifornien, in dem es eine große chinesisch-amerikanische Bevölkerung gibt. Und auch die Biden-Administration sagt öffentlich, dass es kein guter Zeitpunkt für diese Reise ist.

Brian Hioe: Also, das ist sehr schwer zu beurteilen. Es ist zum Beispiel möglich, dass Pelosi versucht, Biden unter Druck zu setzen. Es könnte die Befürchtung bestehen, dass Biden etwas zur Taiwan-Politik sagen wird, was dann vielleicht weitere Probleme verursachen würde, und sie möchte ihn diesbezüglich unter Druck setzen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass man den Republikaner zu vor kommen möchte, die mit der Unterstützung Taiwans Signale an ihre Wähler senden wollen. So hat Mike Pompeo vor kurzem Taiwan besucht, um – als Teil seiner Vorbereitung auf die Präsidentschaftskandidatur – eine Initiative zu starten. Pelosi könnte also versuchen, eine Antwort auf eine Wählerschaft zu geben, die die Demokraten als schwach in Bezug auf China ansieht, und eine verstärkte Unterstützung Taiwans könnte dann vor den Zwischenwahlen beabsichtigt sein.

Und was den Konflikt zwischen der Regierung Biden und der Führung in Peking angeht, wie wird sich das Ihrer Meinung nach auf die eine oder andere Weise auswirken?

Brian Hioe: Das ist sehr interessant, denn ich denke, dass insbesondere vom taiwanesischen Standpunkt aus bei jedem Gespräch zwischen den USA und China die Sorge besteht, dass Taiwan als Spielkarte, gewissermaßen als Schachfigur, benutzt werden könnte, dass die USA vielleicht bereit wären, mit China über Taiwan zu verhandeln. Das war unter der Trump-Regierung ein Grund zur Besorgnis, und es ist auch unter Biden der Fall.

Biden hat in letzter Zeit häufiger Erklärungen abgegeben, die den Anschein erwecken, Taiwan zu unterstützen, z. B. die Zusage, Taiwan zu verteidigen, obwohl es in Wirklichkeit kein solches Abkommen gibt. Es gibt auch andere Punkte, in denen er eine Einigung zwischen den USA und China in Bezug auf Taiwan suggeriert hat, obwohl es in Wirklichkeit keine solche Vereinbarung gibt. Es ist also sehr schwer zu sagen, was in den Gesprächen zwischen den USA und China passieren könnte. Taiwan würde unweigerlich als Thema aufkommen. Das ist nach der Invasion in der Ukraine politisch noch brisanter geworden, weil man sich sorgt, was zum Beispiel passieren könnte, wenn China in Taiwan einmarschieren würde. Damit würden die USA in Schwierigkeiten geraten.

Und es gibt noch weitere Bedenken in Bezug auf die Fertigung von Halbleitern. Taiwan stellt einen Großteil der weltweiten Halbleiter her. Sowohl die USA als auch China sind in dieser Hinsicht auf Taiwan angewiesen. In einer Zeit zunehmender politischer und wirtschaftlicher Spannungen zwischen den USA und China ist Taiwan sozusagen der Treffpunkt zwischen beiden, was Wirtschaft, Politik, Geopolitik und Technologie betrifft. Es gibt sogar Berichte, dass taiwanesische Halbleiter in chinesischen Raketen verwendet werden, die beispielsweise auf Taiwan gerichtet sind.