"Little Boy" und "Fat Man" – der verharmloste Terror des Atomkriegs

Eine Atombombe vom Typ "Fat Man" (Bild zeigt Attrappe) wurde am 9. August 1945 über Nagasaki abgeworfen. Foto: U.S. Department of Defense / CC0 1.0

Zum mahnenden Gedenken an den Abwurf der Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki durch die US Air Force

In einer Zeit, die dem globalen Inferno eines Nuklearkrieges so nah ist, wie vermutlich keine andere seit dem Abwurf der Atombomben mit den zynischen Codenamen "Little Boy" und "Fat Man" auf Hiroshima und Nagasaki, ist das friedensökologische Engagement objektiv wichtig für die für das Überleben der Menschheit und die Zukunft der Zivilisation. Die atomare Gefahr bedroht auch jene, die sie herbeiführen und bis an die Grenze des Machbaren ausreizen.

Die US-Administration hat die Atomschläge gegen Hiroshima und Nagasaki vom 6. und 9. August 1945 mit der Lüge rechtfertigt, man habe mit diesen beiden Angriffen den Krieg in Japan 1945 verkürzt und somit Leben gerettet. Dieses Narrativ wirkt bis heute.

Zehntausende in Japan getötet, um Sowjets abzuschrecken

Dieses Kriegsverbrechen war zugleich das erste Täuschungsmanöver der Weltöffentlichkeit durch die US-Administration im Kalten Krieg, lange vor dessen offiziellem Beginn. Worum es wirklich ging, das sprach unter anderem der Enkel des 1945 verantwortlichen US-Präsidenten Truman 2012 bei einer Trauerfeier in Hiroshima aus: Der Abwurf der Atombomben auf die Zivilbevölkerung der beiden Großstädte habe seinerzeit "vor allem dem Zweck gedient, die Sowjetunion abzuschrecken", zitierte ihn die Schweizer Traditionszeitung Der Bund.

Es ging darum, dass die Sowjets keinen Anteil am japanischen Kuchen erhalten würden. Präsident Truman schrieb in den Tagen vor dem Atomschlag gegen Hiroshima: "Macht ist das einzige, was die Russen verstehen." Wie aus Band 1 seiner Memoiren hervorgeht, befürchtete er, dass "die Sowjets das Recht beanspruchen werden, alles japanische Eigentum in den von ihnen besetzten Gebieten als Kriegsbeute zu bezeichnen".

Die bis heute aufrechterhaltene Legitimationslüge, die Atomschläge dienten dem Frieden, führte zu einer erschreckenden Teilnahmslosigkeit in der Weltöffentlichkeit gegenüber dem Tod, dem Terror und dem Trauma, das die Bomben in den Menschen hinterließen.

1945 ergab eine Gallup-Umfrage unmittelbar nach der Bombardierung, dass 85 Prozent der US-Amerikaner den Abwurf der neuen Atombomben auf beide japanische Städte befürworteten. Laut einer 1991 in den USA durchgeführten Umfrage der Detroit Free Press hielten zu diesem Zeitpunkt immer noch 63 Prozent der US-Amerikaner die Atombombenangriffe auf Japan für ein gerechtfertigtes Mittel zur Beendigung des Krieges.

Die Rechtfertigung übergeht den Terror des durch den Atomschlag ausgelösten Infernos: Mehr als 70.000 der rund 256.000 Einwohner Hiroshimas kamen unmittelbar ums Leben. Der Explosionsdruck und der Feuersturm machten ungefähr die Hälfte der Stadt dem Erdboden gleich.

"Die endgültige Unmenschlichkeit abschaffen"

Beim Gedenken 70 Jahre nach dem 6. August 1945 rief Bürgermeister Matsui die Welt auf, dem Weg des Pazifismus entsprechend Japans Nachkriegsverfassung zu folgen. Er appellierte an die Spitzenpolitiker der Welt, nach Hiroshima zu kommen und den Überlebenden zuzuhören. "Um zu koexistieren, müssen wir das absolut Böse und die endgültige Unmenschlichkeit abschaffen, die Atomwaffen darstellen", erklärte er.

Die Lüge vom Sinn der Nuklearstrategie führt dazu, dass die apokalyptische Bedrohung bis heute so präsent ist. Die Propaganda, die uns Sand in die Augen streut, erschwert vielen Menschen den Zugang zu ihrer Gefühlswelt, sie können und wollen sich das Inferno gar nicht vorstellen. Die Manipulation spitzt sich in der Bildsprache zu, die so tut, als seien die nuklearen Arsenale ein Schutzschirm über unser aller Existenz.

Die selbstbedrohende Hinnahme und Ausblendung der nuklearen Gefahr durch viele Mitmenschen haben die Führungskräfte der Nato und die sie stützenden Kräfte dadurch hinbekommen, obwohl Paragraph 22 und 23 der Haager Landkriegsordnung – und damit das humanitäre Völkerrecht – kriegsführenden Parteien deren Anwendung verbietet, da ihre tödliche Wirkung nicht zwischen Kämpfern und Unbeteiligten unterscheidet.

Inzwischen warnt die "Weltuntergangsuhr" im Mitteilungsblatt der kritischen Nuklearwissenschaft, es sei lange schon nicht mehr fünf vor zwölf, sondern 100 Sekunden vor der Stunde Null, vor dem Atomkrieg. So wurde die "Doomsday Clock" bereits vor dem Ukraine-Krieg eingestellt.

"Ampel" zeigt die höchste Alarmstufe an

Die deutsche Ampel-Regierung hält unterdessen am Plan fest, den USA auch die Stationierung der neuartigen nuklearen Arsenale zu erlauben. Der Fliegerhost Büchel bei Koblenz ist für deren Einsatzbereitschaft ab 2024 für weit mehr als 100 Millionen Euro ausgebaut worden.

Für den Atomkrieg schafft die Bundesluftwaffe spezielle Flugzeuge an, da ihre Eurofighter für die neuen atomaren Systeme B 61-12 ungeeignet sind. Die Bundeswehr plant den Kauf von 35 F-35 Tarnkappenbombern mit einem Stückpreis von deutlich über 100 Millionen Euro. Dieses Geld wird der Öffentlichkeit gegenüber als Investition in die Solidarität mit der Ukraine ausgegeben, damit wir auch diese Todespille schlucken.

Bundesregierung und der Bundestag weigern sich, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und so zur Minderung statt zum Anheizen der Atomkriegsgefahr beizutragen. Das Wort Atomkrieg ist hierbei wie immer eine Verharmlosung: Im Falle dieses Infernos droht der Menschheit das Ende ihres Daseins.

Wie Lügen den Krieg begleiten, so begleiten Desinformation, Heimlichtuerei und Heuchelei, eben Manipulation das Geschäft der atomaren Aufrüstung und der Nuklearstrategen in den Staaten, die diesen Sargnagel für die Menschheit ständig leichter dosierbar, zielgenauer und damit vermeintlich einsatztauglicher weiterentwickeln.

Ein Meilenstein auf diesem Weg der Verbrechen auch an den möglichen Nachfahren unserer Generation war schon die Entwicklung der Enthauptungsschlagwaffen mit bis dahin unerreichter Zielgenauigkeit, die als Pershing II und Cruise Missile für eine kurze Zeit in den 1980er-Jahren von der US-Armee in mehreren Nato-Staaten Europas aufgestellt wurden.

Damals machte der Aufruf zur ersten Hunderttausender-Friedensdemonstration mit der Warnung auf, dass das damalige Jahrzehnt zum gefährlichsten der Geschichte würde. Die Menschen verstanden das, standen millionenfach auf und erzwangen den Abzug dieser Arsenale.