"Chip 4"-Allianz ohne Südkorea?

Die USA suchen Verbündete im Kampf gegen Chinas Chip-Entwicklung. Japan und Taiwan spielen mit, Südkorea zögert.

Chips und andere elektronische Bauteile werden im Rahmen der Digitalisierung immer wichtiger. Die USA, die bislang noch die meisten Rechte in diesem Bereich halten, versuchen China nicht nur bei der Aufholjagd zu behindern, sondern der Digitalisierung in China grundsätzlich Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Dazu hat man im März eine strategische Allianz namens Chip 4 angestoßen, die neben den Vereinigten Staaten die Verbündeten Japan, Taiwan und Südkorea umfassen sollte. Wie nicht anders zu erwarten, haben die beiden Inselstaaten schnell zugesagt, sich an der Allianz beteiligen zu wollen.

Dabei ist zumindest Taiwan auf die Fertigungsstandorte in Mainland China angewiesen, weil nur dort die Gerätestückzahlen produziert werden können, die man benötigt, um den Halbleiterabsatz zu sichern, da die Kunden keine Chips wünschen, sondern Geräte.

Taiwan war in der Anfangszeit nur eine verlängerte Werkbank japanischer Firmen, die dann zuerst aufs Festland gezogen sind und, als dort die Löhne stiegen und die Arbeitsbedingungen für ausländische Investoren härter wurden, weiterzogen und heute in Vietnam, Thailand, Malaysia, Indonesien und auf den Philippinen produzieren, mit Komponentenfertigung in Laos, das als Ursprungslandbezeichnung noch keinen so guten Ruf wie seine Nachbarn hat.

Ohne Fabriken auf dem chinesischen Festland wäre der Aufstieg der taiwanesischen Auftragsfertiger wie Hon Hai/Foxconn nicht so gewaltig ausgefallen, dass man inzwischen sogar die japanische Ikone Sharp übernehmen konnte.

Südkorea hält sich bislang mit einem Beitritt zu Chip 4 noch zurück. Offensichtlich befürchtet man, weniger Halbleiter nach China einschließlich Hongkong exportieren zu können, wohin im vergangenen Jahr insgesamt 60 Prozent der Exporte gingen.

Samsung und SK Hynix sind zudem auch auf ihre Fabriken in China angewiesen, die bei Samsung mehr als 40 Prozent seiner NAND-Flash-Produktion und bei SK Hynix 45 Prozent aller von dem Unternehmen gefertigten DRAM-Chips ausmachen.

Da heute fast alle PCs in China produziert werden und der chinesische Fertigungsanteil bei Smartphones ebenfalls sehr hoch ist und Samsung beispielsweise seine Smartphones für den Weltmarkt in China produziert, ist das Land als Absatzmarkt für die Speicherbausteine extrem wichtig.

Derzeit kauft China die benötigten Speicherchips noch zu, weil ein Bezug von ausländischen Unternehmen kostengünstiger ist als ein eigener Fertigungsaufbau. Um weiter nach China, dem Hauptkunden, liefern zu können, muss auch ein südkoreanisches Unternehmen zuverlässig und kostengünstiger sein, als es eine Substitutionsfertigung in China wäre.

USA verbietet der niederländischen ASML den Export nach China

ASML hat in den vergangenen Jahren die ehemaligen Marktführer Nikon und Canon bei Steppern für die Chipsproduktion deutlich auf die Plätze verwiesen.

Da wundert es wenig, dass auch chinesische Produzenten ihre Anlagen in den Niederlanden bestellen. Normalerweise genehmigt die niederländische Regierung solche Lieferungen umgehend. Für das derzeitige Spitzenmodell, das mit der sogenannten EUV-Technologie arbeitet, wartet ASML jetzt aber schon seit drei Jahren auf die Exportgenehmigung.

Doch in diesem Fall haben die Vereinigten Staaten dagegen interveniert, weil sie nicht wünschen, dass China bei der Chipfertigung aufschließt. Da in den modernen Steppern von ASML auch Technik zum Einsatz kommt, die in den USA entwickelt wurde, sieht man sich berechtigt, gegen die Exportgenehmigung vorzugehen.

Inzwischen fordern die USA zusätzlich, dass auch herkömmliche Stepper von ASML nicht mehr nach China geliefert werden. Wie lange ASML dem Druck standhält, hängt sicherlich auch mit den US-Initiativen zur Chipfertigung in den USA und Europa und einer möglichen Bevorzugung von ASML bei diesen Investitionen ab.

Und nicht zuletzt wird es darauf ankommen, dass man die europäische Technik einerseits schnell weiterentwickelt und gleichzeitig vor Industriespionage schützt, wobei im letzten Fall von Industriespionage bei ASML offensichtlich die chinesische Regierung nicht involviert war.

Da inzwischen etwa 50 Prozent der weltweit produzierten Chips in China hergestellt werden, ist das Land ein wichtiger Kunde für ASML. Ein Verzicht auf diesen Markt könnte für die Niederländer spätestens dann schmerzlich werden, wenn das Wachstum in den Industrieländern ins Stocken gerät.

TSMC schützt Taiwan gegen Vereinnahmung durch die Volksrepublik China

Die 1987 mit staatlicher Unterstützung gegründete Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TMSC) in Hsinchu, ist heute die weltweit bedeutendste Foundry für Chips, die von fabless companies designt und dann auf Taiwan produziert werden. Zu den Kunden zahlen u. a. Apple und AMD, die ihre Chips früher auch in Dresden produziert haben, bevor sie dieses Werk an Globalfoundries verkauft haben.

TMSC mit seinen zahlreichen Fertigungsanlagen in Taiwan ist derzeit der weltweit wichtigste Chipproduzent, steht beim Personal jedoch durchaus im Wettbewerb mit anderen Firmen, weil das Land selbst offensichtlich nicht genügend qualifizierte Kräfte ausbildet und daher im Ausland Fachkräfte anwerben muss, andererseits Wettbewerber auf dem Festland auch ausgebildete Kräfte abwerben. Was aufgrund der sprachlichen Nähe auch kaum ein Problem sein soll.

Nicht zuletzt die USA drängen inzwischen, dass TMSC auch Fertigungsanlagen außerhalb der Insel aufbaut, was für die USA zwar nachvollziehbar ist, Taiwan jedoch möglicherweise die stärksten Argumente gegen Beijing aus der Hand nimmt.

Obwohl TMSC die aktuelle Nachfrage nach ihren Produkten derzeit nicht befriedigen kann, hat man es mit Fertigungsverlagerungen beispielsweise in die USA nicht gerade eilig, was neben den geopolitischen Rahmenbedingungen auch damit zu tun haben mag, dass es in den USA noch weniger der benötigten Fachkräfte gibt als auf Taiwan.