Was die Unterlagen von Nato-Konferenzen verraten

Nato-Zentrale in Brüssel. Interne Einblicke gewährt man hier ungern. Bild: Nato, CC BY-NC-ND 2.0

Seit Jahren treffen sich in Essen Nato-Militärs mit der Rüstungsindustrie. Die Öffentlichkeit erfährt davon wenig. Dabei verrät der Blick auf die Debatte viel über die Rolle und das Selbstverständnis der Allianz.

Vom 11. bis zum 13. Oktober tagen circa 300 Führungskräfte aus Nato-Staaten – darunter höchstrangige Militärs, Regierungsvertreter, Strategen und Vertreter der Rüstungsindustrie – bei einer Strategiekonferenz in der Messe Essen über die Rivalität zwischen den USA und der Nato einerseits sowie China und Russland andererseits.

Es geht um die Bereiche Diplomatie, Kommunikation, Militär und Wirtschaft. Der Fokus liegt auf der militärischen Unterstützung der Nato in der sogenannten Systemkonkurrenz – denn die Nato ist nun einmal ein Militärpakt.

Statt die Priorität auf der Vermeidung eines Atomkrieges zu legen, beraten Spitzenkräfte aus den Staaten der Nato über militärische Optionen, die bis in die absolute Gefahrenzone hineinreichen. Die Strategen strengen gleich zu Beginn des Vorbereitungsmaterials zur Konferenz das biblische Bild der apokalyptischen Reiter an.

Damit sie Kriegsführungsstrategien ohne Rücksicht auf die öffentliche Debatte entwickeln kann, hat die Nato die Medien über diese gutbesuchte und hochrangige Konferenz im Vorfeld nicht hinreichend informiert. Auch im Nachgang ist das offenbar nicht geplant.

Das hat System: Die Militärs bevorzugen die ungestörte Arbeit an der sehr konkreten Kriegsvorbereitung. So hat das US-Militär etwa auch durchgesetzt, dass die jeweilige US-Regierung die vom Militärapparat verursachte Schädigung des Lebensraums der Menschheit nicht an das Uno-Klimasekretariat melden muss.

Die mangelnde Aufmerksamkeit großer Teile der Ökologiebewegung gegenüber der vom Militärsektor ausgehenden Zukunftsgefährdungen scheint eine logische Folge dieser Heimlichtuerei und ihrer Entsprechung in der Meinungsmache.

Sie vermittelt mit Halbwahrheiten und doppelten Standards den Eindruck, Gefahren, Rechtsbrüche sowie Unmenschlichkeit gingen lediglich von ihren Kontrahenten aus und die Nato sei Garant von Frieden und Sicherheit.

Der Begriff "Sicherheit" ist bewusste Täuschung und soll die Menschen beschwichtigen. Denn der Nato-Militärapparat ist "der weltweit größte (…) Emittent von Treibhausgasen", heißt es in einem entsprechenden Pressebericht. Auf Verlangen der US-Regierung dürfe jedoch nicht diskutiert oder gar wahrgenommen werden, welche ökologisch fatale Wirkung vom Militär ausgehe.

Mit ihrem Nachrichtenmanagement verschaffen sich die Militärs Handlungsspielraum. Auf ihren Konferenzen geht es derweil um einen möglichst siegreichen Einsatz ihrer Potenziale im kriegerischen Handeln.

Um bei ihrem Tun möglichst wenig von öffentlicher Einflussnahme gestört zu werden, fand das US-Militär schon im Kontext des Uno-Klima-Protokolles von Kyoto 1997 eine gesetzliche Lösung: So wurde verhindert, dass sein Anteil an der Klimaschädigung in den Klimabericht einfließt.

Eine über die Fakten informierte Öffentlichkeit würde allzu leicht Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit etwa mithilfe des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen durchsetzen und "den Einsatz der Streitkräfte der Vereinigten Staaten einschränken oder auf eine Beschränkung der den Streitkräften der Vereinigten Staaten beschafften militärische Ausrüstung hinwirken", heißt es dort.

Laut dieser Begründung für die Ausklammerung militärisch bedingter Verbrennungsabgase im Klimabericht der USA ging es um eine maximale Handlungsfreiheit ohne kritische Einflussnahme aus der Öffentlichkeit in den Militärsektor.

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