Darum brauchen wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen

Das BGE böte weniger Raum für Neid. Eine Folge wäre zudem eine rationalere Politik. Und mehr Zufriedenheit mit der Erwerbstätigkeit. Warum es dennoch nicht eingeführt wird.

Mit dem vorgesehenen Wechsel von Hartz IV zu einem Bürgergeld rückt ein "Bedingungsloses Grundeinkommen" (BGE) weiter in die Ferne. Denn obwohl eine wenigstens minimale Grundsicherung bereits verfassungsrechtlich geboten ist, wird auf Bürokratie und allerhand Bedingungen nicht verzichtet werden. Dabei sollte man ein BGE nicht als Almosen verstehen, sondern als quasi notwendige Entschädigung für opulente Ansprüche von Politik, Verwaltung und Eigentümern.

Natürlich gibt es starke, vor allem lautstarke Stimmen gegen ein BGE: Das sind zunächst all jene, zu deren Geschäftsmodell die materielle Existenzangst hinreichend vieler Bürger gehört. Einerseits werden so schlecht bezahlte Jobs besetzt, andererseits darf sich jeder mit einem noch so unattraktiven Beschäftigungsverhältnis überlegen fühlen.

Es sind aber nicht nur Arbeitgeberverbände und viele kleine wie große Firmen, die in einem BGE Gefahren für ihr Recruiting sehen. Hunderttausende Mitarbeiter in den Sozialverwaltungen und bei deren Dienstleistern bestreiten ihr Auskommen mit der Aufrechterhaltung des Hartz-IV- und künftigen Bürgergeld-Systems. Und nicht zuletzt würde Politikern und den sie kommentierenden Journalisten Erhebliches fehlen, wenn sie nicht ständig neue Maßnahmen in der Sozialpolitik fordern könnten.

Die öffentliche und über die vielen Jahre sehr ungeordnete Diskussion über ein BGE wird auch dadurch erschwert, dass sich die Befürworter keineswegs einig sind. Sie verfolgen unterschiedliche Interessen und forcieren entsprechend sehr unterschiedliche Modelle, wie ein BGE organisiert werden könnte. Doch ungeachtet aller Ideen lautet die erste und zunächst einzig relevante Frage: Warum sollte es überhaupt ein BGE geben?

Eine Antwort lautet: Weil man ohne BGE nicht mehr frei geboren wird. Es geht nicht darum, mit einem Anspruch gegenüber irgendwem auf die Welt zu kommen, sondern, im Gegenteil, den Ansprüchen der bereits Lebenden wenigstens für ein Existenzminimum genügen zu können. Denn sie stellen Forderungen, sie setzen ohne jede Alternative Regeln.

Die Gesellschaften haben ein unüberschaubares Dickicht an Ge- und Verboten geschaffen, welches es unmöglich machen, dass noch irgendjemand auf eigenen Beinen steht, ohne mit unzähligen anderen Menschen Vereinbarungen zu treffen und sich damit von diesen abhängig zu machen.

Weil es dabei mächtigere und weniger mächtige Akteure gibt, über deren reale Herrschaft nicht gerne offen gesprochen wird, gibt es dafür eine geläufige, aber sehr verschleiernde Chiffre: "der Staat". Es ist gerne "der Staat", der irgendetwas möchte, unternimmt, unterlässt, der bezahlt und Geld kassiert, Sanktionen erlässt und das alleinige Recht zur Ausübung körperlicher Gewalt hat. Dieser Staat – in Wahrheit sind es natürlich stets konkrete Menschen – stellt so viele Bedingungen auf, dass ohne Geld niemand in diesem Land leben kann.

Denn selbst die ursprünglichste Lebensweise als Jäger und Sammler ist unmöglich, faktisch wie juristisch. Und auch, wer dank Familienbesitz mit einer Ackerscholle unter den Füßen geboren wird, kann seine Feldfrüchte nicht einmal gegen andere lebensnotwendige Güter tauschen, ohne sich der Herrschaft des Staats zu unterwerfen. Es ist schlicht niemandem mehr möglich, seinen Lebensunterhalt unmittelbar mit eigenem Tun zu bestreiten.

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