Rente erst mit 67: Bundeskanzler Scholz will weniger Frührentner

Fachkräftemangel lässt Diskussion um höheres Rentenalter erneut aufflammen. Mehr Menschen sollen bis 67 arbeiten. Sozialverband warnt: Die Gesundheit müsse auch solange mitspielen.

Die Menschen in Deutschland sollen länger arbeiten – diesem Ziel hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verschrieben. Er wolle erreichen, dass künftig mehr Menschen bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Das ist einer von mehreren Vorschlägen, mit denen Scholz den Mangel an Fachkräften in Deutschland beheben möchte. Mit dieser Aussage dürfte Scholz aber auch die Diskussion um ein höheres Renteneintrittsalter und eine Reform der Rentenversicherung neu anfachen.

Einen Beleg dafür bietet tagesschau.de. Dort heißt es: Immer mehr Menschen in Deutschland würden früh in Rente gehen. Viele schieden "bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus und damit deutlich vor der Regelaltersgrenze". Man beruft sich dabei auf Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.

In den Ausführungen des Bundesinstituts liest sich der Sachverhalt dagegen etwas anders: In den Jahren von 2000 bis 2015 hat die Quote der Erwerbstätigen im höheren Alter stark zugenommen.

Bei 60- bis 64-jährigen Männern hat sich die Erwerbstätigenquote mehr als verdoppelt, bei Frauen im gleichen Alter gab es sogar eine Vervierfachung. Dieser Trend wurde von den zwischen 1940 und 1950 geborenen Personen bestimmt, die länger erwerbstätig waren als die Geburtsjahrgänge vor ihnen.

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Bei den Babyboomer-Jahrgängen, die aktuell auf den Ruhestand zugingen, ließen sich demnach in den vergangenen Jahren kaum noch Anstiege bei der Erwerbstätigenquote verzeichnen.

Als einen Grund dafür benennt das Bundesinstitut tatsächlich, dass viele bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Eine wichtige Rolle spiele dabei die "Rente mit 63". Sie wurde 2014 eingeführt und ermöglicht es "besonders langjährig Versicherten" einen frühzeitigen Rentenbezug ohne Abschläge.

Konkret: Wer 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, kann demnach grundsätzlich früher ohne Abschläge in Rente gehen. Aber auch hier verschiebt sich das Eintrittsalter nach oben. Alle vor 1953 Geborenen war der Renteneintritt mit 63 Jahren möglich. Ab dem Geburtsjahrgang 1964 ist der Renteneintritt dann erst mit 65 Jahren möglich, wenn man 45 Jahre lang Rentenbeiträge gezahlt hat. Für die Jahrgänge dazwischen wird das Rentenalter schrittweise angehoben.

Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung kam im Jahr 2021 jeder dritte Zugang zur Altersrente über diesen Weg. Ein weiteres Viertel bestand aus den Menschen, die vorzeitig in Rente gingen und dafür teils erhebliche Abschläge in Kauf nehmen mussten. Im Mittel sei ihr Rentenzugang knapp 28 Monate vor der Regelaltersgrenze erfolgt.

Einen Grund für die Entscheidung, mit erheblichen Abschlägen in Rente zu gehen, sehen die Experten des Bundesinstituts in der Coronapandemie. Sie "könnte teilweise zu früheren Austritten aus dem Erwerbsleben geführt haben, ein Effekt, der zukünftig weniger bedeutsam sein sollte".

Aber auf diese Menschen muss Scholz abgestellt haben, als er erklärte: "Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können". Vielen falle das heute schwer. Es blieb allerdings offen, wie dieses Ziel erreicht werden soll.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) begrüßte Scholz‘ Vorstoß. SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier erklärte gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ): Es sei richtig, "mehr zu tun, damit Ältere länger arbeiten können, etwa durch Umschulungen oder bessere Arbeitsbedingungen". Es sei aber auch wichtig, dass die Menschen tatsächlich bis zur Regelaltersgrenze arbeiten könnten und nicht vorher aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden müssten.

Eine große Herausforderung, wie die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen: Im vergangenen Jahr wurden knapp 351.000 Anträge auf Erwerbsminderungsrente gestellt, von denen fast 166.000 positiv beschieden wurden. Als "voll erwerbsgemindert" gilt man, wenn man weniger als drei Stunden auf dem Arbeitsmarkt tätig sein kann. Das traf auf knapp 87 Prozent der positiv beschiedenen Fälle zu.

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