Biomasse, ultrahocherhitzt

Das US-Start-up Sundrop Fuels kombiniert die Biomasse-Vergasung mit Solarthermie, um effizienter als bisher aus pflanzlichen Abfällen Kraftstoff zu erzeugen.

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Von
  • Tyler Hamilton

Das US-Start-up Sundrop Fuels kombiniert die Biomasse-Vergasung mit Solarthermie, um effizienter als bisher aus pflanzlichen Abfällen Kraftstoff zu erzeugen.

Biokraftstoffe aus Nahrungspflanzen wie Mais und Zuckerrohr oder aus Raps zu gewinnen, gilt längst als eine Verschwendung landwirtschaftlicher Ressourcen. Zudem wird in der Regel nur ein kleiner Teil der Pflanzen verarbeitet: die Zucker- oder Öl-haltigen Früchte. Die stark Zellulose-haltigen Stiele hingegen bleiben ungenutzt. Unter Hochdruck entwickeln Firmen deshalb neue Verfahren, wie man auch aus solchen pflanzlichen Abfällen im großen Stil Sprit gewinnen kann. Das Start-up Sundrop Fuels aus Louisville im US-Bundesstaat Colorado will dies mit einer neuen Kombination aus Biomasse-Vergasung und Solarenergie schaffen. Die Ausbeute soll dabei nach Angaben der Firma mit 200 bis 220 Litern pro Tonne Biomasse doppelt so hoch sein wie bei herkömmlichen Vergasungsverfahren.

Hierbei wird getrocknete Biomasse oder anderes kohlenstoffhaltiges Material in Gegenwart von Wasserdampf auf über 700 Grad Celsius erhitzt. Bei dieser Temperatur verwandelt sich die Biomasse in ein sogenanntes Synthesegas – ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Aus diesen chemischen Bausteinen lassen sich dann die langkettigen Moleküle synthetisieren, aus denen Treibstoffe wie Ethanol oder Diesel bestehen.

Um das Material zu erhitzen, ist allerdings Energie nötig. Die wird bislang aus einem Teil der Pflanzenabfälle erzeugt: „Sie müssen etwa 30 bis 35 Prozent der eingesetzten Biomasse verbrennen“, erläutert Alan Weimer, Chemieingenieur an Universität von Coloradao.

Weimer und seine Forschungsgruppe begannen deshalb schon vor ein paar Jahren, nach einer Alternative zu suchen. Sie experimentierten mit konzentrierter Solarwärme – wie in einem solarthermischen Kraftwerk. Das funktionierte so gut, dass Weimer und sein Mitarbeiter Chris Perkins – dessen Idee das ganze war – die Firma Copernican Energy gründeten, um das Verfahren zur Marktreife zu bringen. Copernican wurde 2008 von Sundrop Fuels übernommen. Seine Technologie steckt nun in der 1,5-Megawatt-Demonstrationsanlage von Sundrop in Colorado.

Die Vergasereinheit sitzt hier wie in einer Solarthermie-Anlage auf der Spitze eines Turms, auf die zahlreiche Spiegel reflektiertes Sonnenlicht bündeln. Dadurch entsteht im Vergaserraum eine enorme Hitze. Durch diesen Backofen wird nun die Biomasse in Keramikröhren hindurchgeführt – und verdampft unter Einwirkung der Hitze zum Synthesegas.

Es sei „egal“, welche Art von Biomasse durch die Röhren gepumpt werde, sagt Weimer, der früher bei Dow Chemical gearbeitet hat. „Bei diesen hohen Temperaturen, zwischen 1200 und 1300 Grad, wird alles zertrümmert.“ Herkömmliche Vergasungsverfahren würden mit niedrigeren Temperaturen arbeiten, um den Anteil der Biomasse zu verringern, der zum Befeuern verwendet werden muss.

Dann gebe es aber ein anderes Problem, erläutert der Chemieingenieur: Unterhalb von 1000 Grad entstehe bei der Vergasung Teer. „Den zu entfernen, ist teuer. Lassen Sie ihn jedoch in der Anlage, machen Sie die Katalysatoren kaputt, mit deren Hilfe Sie am Ende der Prozesskette das Gasgemisch in flüssigen Kraftstoff umwandeln“, sagt Weimer.

Dank der höheren Temperatur könne Sundrop Fuels ein qualitativ besseres Synthesegas erzeugen. Während bei herkömmlichen Verfahren zu viel Kohlenmonoxid entstehe, könne bei der Solarvergasung ein wesentlich höherer Anteil von Wasserstoff erreicht werden, so Weimer. Für eine effiziente Produktion von synthetischen Kraftstoffen ist ein Wasserstoff–CO-Verhältnis von zwei zu eins nötig.

„Ich kann Ihnen versichern, dass wir das ziemlich gründlich durchgerechnet haben. Benzin für etwa unter zwei Dollar pro Gallone [50 US-Cent pro Liter] zu produzieren, ist eine reelle Möglichkeit“, ist Weimer zuversichtlich. Bei einem Ölpreis von rund 80 Dollar pro Fass ist derzeit schon allein das Rohmaterial so teuer – vor den Kosten für die Raffinerie, die bei etwa sechs, sieben US-Cent liegen. Weil bei dem Verfahren Biomasse verarbeitet wird, in der atmosphärisches CO2 gespeichert war, trägt es unter dem Strich dazu bei, CO2-Emissionen aus Kraftstoffverbrennung zu verringern. „Entscheidend ist nun, einen skalierbaren Solarerhitzer zu konstruieren.“

Ajay Dalai, Chemieingenieur an der Universität von Saskatchewan, hält zwar das Potenzial einer solaren Biomassevergasung für hoch, die technischen Details aber für verzwickt. „Wenn Sie Wärmeenergie in die Röhre übertragen, wie stellen Sie sicher, dass sie sich gleichmäßig in der Biomasse verteilt?“, fragt er. Es sei wichtig, die Wärmeleitung und das Temperaturniveau genau zu steuern, betont Dalai.

Man nehme solche und andere Probleme nicht auf die leichte Schulter, versichert Wayne Simmons, Geschäftsführer von Sundrop Fuels. Wo sehr viel Biomasse anfalle, sei zudem die Sonneneinstrahlung nicht so groß, nennt Simmons eine weitere Schwierigkeit. Im Südwesten der USA, wo Sundrop Fuels seine erste kommerzielle Anlage bauen will, gibt es zwar Holzabfälle. Aber ein nicht unerheblicher Teil der Biomasse müsste mit der Bahn aus benachbarten Bundesstaaten wie Texas oder Kansas herangeschafft werden.

Der Bau der Anlage soll noch in diesem Jahr beginnen. Die Solarvergasung soll dabei mit einer kleinen Bioraffinerie verbunden werden, die zunächst einmal 30 Millionen Liter Treibstoff im Jahr produzieren kann. Ab 2015 könnte dann eine industrielle Bioraffinerie in Betrieb gehen, die 380 Millionen Liter im Jahr schafft. (nbo)