Komplizierte Knochenbrüche: Smartes Roboterimplantat soll Heilung verbessern

Manche Knochenbrüche verheilen schlecht. Ein smartes Implantat mit eingebauten Roboter-"Krankengymnast" soll das ändern.

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Professorin Bergita Dietze (li.) und ein interdisziplinäres Forscherteam arbeiten an intelligenten Implantaten.

(Bild: Oliver Dietze)

Lesezeit: 3 Min.

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Forscherinnen und Forscher der Universität des Saarlandes arbeiten daran, den Heilungsprozess von Knochenbrüchen, die potenziell schlecht verheilen, durch aktive smarte Implantate zu verbessern. Die Implantate sollen dabei nicht nur Informationen zur Heilung der Knochen liefern, sondern durch Elektrostimulation auch die Heilung vorantreiben, heißt es in einer Mitteilung der Universität vom Montag.

Bei komplizierten Knochenbrüchen kann die Heilung unterschiedlich gut verlaufen. Besonders problematisch sind demnach Schienbeinbrüche, bei denen das Zusammenwachsen nicht immer gegeben ist. Bei rund 14 Prozent der betroffenen Patientinnen und Patienten treten nach Angaben von Bergita Ganse, Inhaberin der Professur für Innovative Implantatentwicklung (Frakturheilung) an der Universität des Saarlandes, Komplikationen auf.

Derzeit werden komplizierte Knochenbrüche durch das Verschrauben von Standardimplantaten mit den Knochenstücken behandelt. Hinweise darauf, wie gut neues Knochengewebe entsteht und der Heilungsprozess verläuft, geben lediglich Röntgenbilder, die in gewissen Abständen aufgenommen werden. Bis erkannt wird, dass der Heilungsprozess schlecht verläuft und eingegriffen werden muss, kann es daher dauern und verlängert die Behandlung und den Leidensweg der Patientinnen und Patienten unnötig. Abhilfe soll hier ein smartes Implantat schaffen, das speziell auf die Bedürfnisse des Patienten angepasst ist.

Nach der Operation soll dieses intelligente Implantat Informationen zum Zusammenwachsen der Knochen liefern, etwa zur Bruchsteifigkeit und zu etwaigen Bruchverschiebungen. Außerdem sollen frühzeitig Fehlbelastungen aufgedeckt werden, um den Heilungsprozess kurzzuhalten. Das Forscherteam aus Medizinern, Ingenieuren und Informatikern hat nun in einem ersten Schritt ermittelt, welche konkreten Informationen aktive Implantate liefern müssen, um den Heilungsprozess optimieren zu können. Die von Ganse als Grundlagenpaper bezeichnete, in Acta Biomaterialia veröffentlichte Übersichtspublikation "Concepts and clinical aspects of active implants for the treatment of bone fractures" fasst die ersten Ergebnisse der Forschergruppe zusammen.

Das Bild zeigt den prinzipiellen Aufbau des intelligenten Implantats.

(Bild: Universität des Saarlandes)

Zugleich liefern das Forscherteam darin auch Ansätze, wie ein solches aktives Implantat aussehen kann. Dabei setzen die Forscherinnen und Forscher auf Formgedächtnisdrähte als Sensoren. Bei diesen Drähten handelt es sich um Drähte aus Nickel-Titan in der Dicke eines Haares, die im Implantat verlaufen. Sie können beliebig verformt werden, nehmen danach jedoch wieder ihre ursprüngliche Form an. Über die Längung der Drähte können über elektrische Widerstandsmessungen kleine Veränderungen des Knochenbruchs festgestellt werden.

Die so gewonnen Messwerte sollen dann dazu genutzt werden, Bewegungsabläufe vorauszuberechnen, zu programmieren "und die Drähte automatisiert anzusteuern". Denn die Drähte können ebenfalls als "Muskeln" genutzt werden. Das im Frakturspalt eingesetzte Roboter-Implantat soll dann "die Heilung durch Verkürzung und Verlängerung, das Aussenden von Impulsen, Wellen und elektromagnetischen Feldern stimulieren". Das Implantat könnte also eine Art unterstützende "Krankengymnastik" liefern.

Noch ist das Zukunftsmusik. Das Forscherteam arbeitet nach Angaben der Universität derzeit an "der Feinjustierung und den Details" der künstlichen Muskeln. Ein erster Prototyp eines solchen smarten Implantats könnte 2025 vorliegen, so die Prognose. Unterstützt wird die Forschungsarbeit von der "Werner Siemens"-Stiftung. Sie fördert das Projekt "Smarte Implantate" seit 2019 mit acht Millionen Euro. Zuvor hatte bereits das Bundesforschungsministerium das Vorgängerprojekt "IIP-Extrem – Optimierte patientenspezifische Implantate" mit 2,5 Millionen Euro finanziert.

(olb)