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Offen für jeden?

Ausfahrt im BMW Z4 M40i

Klartext Martin Franz
BMW Z4

Der neue BMW Z4 polarisiert kräftig, vorrangig über sein Design. Doch auch technisch ist er ein bemerkenswertes Auto geworden. Doch stehen sich die Begriffe "Roadster" und "Perfektion" ab einem gewissen Grad nicht im Weg? Ein Auto, drei Meinungen

Der neue BMW Z4 polarisiert kräftig, vorrangig über sein Design. Doch auch technisch ist er ein bemerkenswertes Auto geworden, insbesondere in den Bereichen Fahrwerk und Infotainment. Doch stehen sich die Begriffe "Roadster" und "Perfektion" ab einem gewissen Grad nicht gegenseitig im Weg? Ein Testwagen Z4 M40i zog bei uns eine breite Debatte nach sich, bei der wir verschiedene Ansichten festhalten wollten. Daher: Ein Auto, drei Meinungen. Wir sind gespannt auf die vierte - Ihre.

Daniel Schräder

Zugegeben: Die ersten Meter hat der Z4 enttäuscht. Nicht, weil er schlecht ist, ganz im Gegenteil. Aber irgendwie hatten wir etwas anderes erwartet. Du setzt Dich rein, das Verdeck surrt herunter, der Motor erwacht mit kurzem Keuchen zum Leben und sorgt mit einem sonoren Brummen für Kribbeln in der Magengegend – schon vorm Einlegen der Fahrstufe D.

Zack, zack, zack

Das kann ja nur noch besser werden: Getriebe auf Fahrt, das Gaspedal kitzeln, raus auf die Straße. Toller Sound, tolles Fahrwerk, tolle Beschleunigung, tolle Verzögerung. Aber irgendwie: unangestrengt. Egal, was man macht, der Z4 macht es mit. Kurve sehen, einlenken, zielen, durch, nächste. Zack, zack, zack, mit hohem Tempo, von dem man kaum etwas merkt. Und genau deswegen, weil er fast schon zu gut ist, fühlt er sich irgendwie nach Rentner-Cruiser an. Mit 100 auf der Landstraße ist fast jede Kurve möglich, und das total unspektakulär.

Eigentlich ist das eine Glanzleistung der Ingenieure. Aber irgendwie fühlt sich das trotzdem nicht richtig an. Wer wirklich sportlich fahren will, oder nein: Wer am Grenzbereich fahren will, das Singen der Reifen auf dem Asphalt hören will, das Heck rutschen lassen möchte – der muss es beim Z4 einfach so sehr krachen lassen, dass das mit dem Erhalt der Fahrerlaubnis kaum in Einklang zu bringen ist. Es geht. Es ist wunderbar. Es macht Spaß ohne Ende und dabei ist es fahrdynamisch noch nicht mal ein Ritt auf der Kanonenkugel.

Es geht noch mehr - eigentlich

Der Z4 ist mit und ohne Fahrhilfen wunderbar beherrschbar; Du hast permanent das Gefühl, dass da noch mehr geht. Geht aber nicht, rein rechtlich. Eigentlich braucht man für dieses Auto eine Rennstrecke, damit man es adäquat bewegen kann. Als Rentner-Cruiser schwimmt er sogar halbwegs sparsam im Verkehr mit. Lässt man es krachen, macht man das im Fahrmodus Sport+ mit eingeschränktem oder abgeschalteten ESP – und mit Verbrauchswerten jenseits der 12 Liter. Das schöne ist: Es geht beides. Der Z4 sitzt wie ein Maßanzug. Er weiß sich immer richtig zu benehmen, sofern der Fahrer ihn beherrscht.

Infotainment rockt

Um es klar zu sagen: Besser geht es nicht, respektive kaum. BMW hat bei der neuen Navi-Plattform MGU (Mega Graphics Unit) viel moderne Technik eingebaut; darunter zwei hochauflösende Displays (Kombiinstrument plus Infotainment-Monitor), dazu gibt es noch ein Head-Up-Display. Die Menüführung bricht mit der des Vorgängers, wirkt irgendwie unaufgeräumter und chaotischer, aber man kommt schnell damit zurecht.

Das können andere Hersteller auch – aber die Connected-Drive-Services stellen fast alles andere in den Schatten. Man kommt sich im Z4 vor wie im Cockpit eines ICE; denn so wie Lokführer ihren EBuLa https://de.wikipedia.org/wiki/EBuLa (Elektronischer Buchfahrplan und Langsamfahrstellen) haben, der rechtzeitig vor Signalen, Weichen und Bahnhöfen angibt, was zu tun ist – genau so macht der BMW das auch. In 500 Metern wird die Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben oder verschärft? Weiß der Z4-Pilot schon vorher. Wegen Baustelle endet nach der Kurve die rechte Spur in der Innenstadt? Kein Problem, steht rechtzeitig im Display. Das ist eine Unterstützung, die im Gegensatz zu häufig idiotisch agierenden Brems-, Spurhalte- und Lenkassistenten einen echten Mehrwert bietet. Auch für gute Fahrer.

Christian Lorenz

Perfekt ist der Z4 M40i nicht. Nein, dazu ist er schlicht nicht schön genug. Ein zweisitziger, sündhaft teurer Sportroadster mit Standardantrieb und Reihensechszylinder sollte auch schön sein. Während mir die in Toyota-Kooperation entstandene Z4-Reihe G29 wie eine japanisierte, aufgequollene und nachgefaltete Studie auf Basis des Mercedes AMG-Roadsters vorkommt. Leider wird es innen nicht besser: Ein Kombidisplay, das die klare Schönheit der bisherigen BMW-Kombiinstrumente einer hässlichen Unablesbarkeit opfert, ist bestimmt modern, aber leider ein Grund weniger, sich für einen BMW zu entscheiden.

Mängelerscheinung

Hinzu kommen Verarbeitungsmängel wie billig wirkende Zierteile auf der Mittelkonsole, die so aussehen, als habe man Pappe mit einer Fototapete überzogen. Richtig schlimm ist das „kleine Handschuhfach“ links von der Lenksäule. Während es in meinem 3er der Baureihe E46 noch gut eingepasst und innen mit Filz bezogen war, wirkt es jetzt wie ein Teil von der Resterampe, das nur halbherzig in das Cockpit eingepasst wurde.

Doch beim Druck auf den Startknopf hellt sich die Miene schon auf. Der Sound des Reihensechsers macht an, ohne peinlich zu wirken. Dazu passt die souveräne Beschleunigung, die perfekt von der Achtgang-Automatik verwaltet wird. Da stellt sie sich ein, die Perfektion und sie zieht sich auch beim Fahrwerk durch.

Macht emotional an

In der Vergangenheit hatte ja BMW ein paar Probleme damit, den Z4 richtig abzustimmen. Wurden sie beim ersten Z4 (E85) von der Presse für ihre Härte gescholten, machte der Aluklappdach-Z4 (E89) durch seine verfehlte Weichheit den SLK zum besseren Sportwagen und Bestseller. Beim G29 hat BMW aber wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Das adaptive Fahrwerk und die intuitive Lenkung sind auf einer freien Runde am Nürburgring genau so perfekt, wie beim Cruisen im Stadtverkehr oder auf einer langen Autobahnpassage. Das Zusammenspiel seiner Komponenten macht mich dabei auch emotional an. Man kann die Perfektion spüren.

Für das Gebotene sind 11,6 Liter, die ich bei wilder Hatz brauchte nicht zu viel. Für einen Roadster ist der Kofferraum groß und gut nutzbar. Im Vergleich zu einem teureren Porsche 718 Boxster hat der BMW zwei Zylinder mehr sowie bessere Allroundeigenschaften. Langweiliger ist er aber nicht. Vielleicht ist er doch perfekt.

Martin Franz

Das elektrische Verdeck öffnet in 10 bis 12 Sekunden, sogar während der Fahrt. Hören Sie es auch? Dieses leise Kichern eines Mazda MX-5 [1]-Fahrers, der das mit etwas Übung innerhalb von drei bis vier Sekunden von Hand erledigt – es ist symptomatisch für ein Rennen, das der BMW Z4 nicht gewinnen kann. Dabei kann er fast alles besser, bis auf eine einzige Disziplin: Das Weglassen. Leider ist es aber gerade das, was einen wirklich guten Roadster ausmacht, jener Mut, es nicht jedem recht machen zu wollen.

Nicht viel Konkurrenz

Der BMW Z4 kann, gerade mit dem Sechszylinder, vieles sehr, sehr gut. Der brabbelnde Klang ohne Härte im Ton kann zweifelsohne begeistern. Gleiches gilt uneingeschränkt für das Zusammenspiel von Motor und der Achtgang-Wandlerautomatik von ZF. BMW hat das über die Jahre zu einem Genuss optimiert. Die möglichen Fahrleistungen lassen sich kaum gänzlich ausschöpfen. Der Z4 ist mit diesem Sechszylinder bei Bedarf schlicht und ergreifend sauschnell. Wer mäkeln mag, wird sicher etwas finden, doch viel Konkurrenz hat der Z4 in diesem Bereich nicht.

Nun kann man vortrefflich darüber philosophieren, ob man gerade in einem offenen Auto 340 PS benötigt, um Freude am Fahren zu haben. Der Basis-MX-5 beantwortet diese Frage meines Erachtens brutal eindeutig. Nein, 131 PS sind für den Roadster-Gedanken in seiner ursprünglichen Form völlig genug. Mehr ist möglich, steigert für mich aber nicht im gleichen Maß den Fahrspaß.

Im Prinzip gilt das auch für die ganze Infotainment-Soße, die BMW für reichlich Aufgeld in den Z4 gießt. Das System ist zwar nicht mehr ganz so übersichtlich, wie es einmal war, aber Funktionsumfang und Arbeitstempo beeindrucken. Auch die Assistenten funktionieren im Z4 auf einem hohen Niveau. Der weich agierende Abstandstempomat zeigt unauffällig, was inzwischen in diesem Bereich möglich ist, wenn der Hersteller Geld in die Abstimmung steckt.

Im MX-5 ist das Beste, was man mit dem schmalen Angebot von Assistenz und erweitertem Infotainment-Gedöhns machen kann, es bei der Bestellung wegzulassen. Das Navi ist nicht teuer und trotzdem sein Geld nicht wert, der piepsig-blinde Spurhalte-Assistent ist dermaßen nervig, dass er schon nach ein paar Kilometern dauerhaft ausgeschaltet wird. Losgelöst davon denke ich, wer eine Armada von Assistenten in einem Roadster für nötig erachtet, sollte sich noch einmal Gedanken machen, ob es das richtige Format ist.

Wann ist es zu viel?

Schön, dass man im Z4 die Sitze elektrisch verstellen kann, ja sich selbst die Lehnenbreite variieren lässt. Dazu noch der Fahrerlebnisschalter, mit dem sich das Auto weitreichend an die aktuelle Laune anpasst. Eine Lenkradheizung lässt einen nicht frösteln, doch wo bleiben die sich automatisch erwärmenden Armablagen und Mittelarmlehnen? Ein Windschott reduziert die furchtbar lästige Zugluft – doch der Fahrer muss es von Hand montieren. Skandal! Hoffentlich behebt BMW diesen kaum zu glaubenden Makel mit dem ersten Facelift. Ein Basis-MX-5 wiegt übrigens etwas mehr als eine Tonne, ein Z4 nie weniger als 1480 kg, mit dem Sechszylinder sind es 1610 kg.

Wo der Z4 nicht gewinnen kann

Der MX-5 ist im Vergleich ein hemdsärmeliger Kumpel: „Nimm mich, wie ich bin oder lass es. Ich werde mich nicht ändern.“ Ein kantig-ehrlicher Typ, der nachwirkt, trotz aller Schwächen. Ein Z4 M40i versucht, es vielen recht zu machen. Er kostet mit etwas Schnick-Schnack mehr als dreimal so viel wie ein MX-5, den jemand zusammengestellt hat, der das Konzept begriffen hat. Denn wer den Japaner verstanden hat, ordert ihn nur mit dem Allernötigsten und erlebt, wie wenig Auto es für Freude am Fahren braucht [2]. Zu haben als Tageszulassung oder Neuwagen ab etwa 20.000 Euro. Wer viel mehr als 23.000 Euro bezahlt, hat entweder grottenschlecht verhandelt oder Zeug im Auto, das den MX-5 nicht besser macht. Der BMW ist in fast jeder Hinsicht faktisch überlegen, doch das Rennen um die Preis-Fahrspaß-Krone kann er nicht gewinnen.

Und so ist es der Mazda MX-5, der einen unruhig schlafen lässt. Der Z4 ist einfach ein sehr, sehr gutes, offenes Auto. Ach ja, ein paar Worte hat sich der eigenwillige Faltenrock des Z4 natürlich auch noch verdient. Christian brachte es ganz wunderbar auf den Punkt: „Es ist der schönste Chrysler, den Fiat nicht gebaut hat.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Mazda-MX-5-Skyactiv-G-131-4126825.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Rettet-uns-Fahrfreude-vor-dem-Verkehrskollaps-4120950.html