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Wer den Automotive X Prize gewinnen will, muss schnell und effizient sein

Das Dreirad TW4XP tritt beim Automotive X Prize an

News ggo

Beim Automotive X Prize geht es darum, möglichst sparsam einen festgelegten Parcours zu durchfahren. Einziger deutscher Teilnehmer ist das Dreirad TW4XP, das die erste Prüfung bestanden hat

Michigan International Speedway, 22. Juni 2010 – Eigentlich wollte das Team TW4XP schon im April in die USA fliegen, um am diesjährigen "Progressive Insurance Automotive X Prize [1]" teilzunehmen. Die Vulkanasche aus Island machte den Reisewilligen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Zum Glück verschoben die Veranstalter den ersten Testabschnitt des Wettbewerbs für zwei europäische Teams, sodass es jetzt doch noch klappt.

Spar-Sport

Beim Automotive X Prize geht es darum, möglichst sparsam einen festgelegten Parcours zu durchfahren. Teilnahmebedingungen sind Serientauglichkeit, ein Verbrauchsäquivalent von unter 2,3 Liter Benzin pro 100 km, eine Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h und eine minimale Reichweite von 160 km. Vom 16. bis 18. Juni holte das Team TW4XP [2] den "Final Shakedown" nach, eine Art Eingangsprüfung für die Teilnehmer, dem der eigentliche Wettbewerb folgt. Dabei wurden grundlegende Fahrzeugeigenschaften wie Beschleunigungsfähigkeit, Ausweich- und Bremsverhalten separat für jedes Team getestet. Beim nun begonnenen "Knockout Stage" treten die Teams in kleinen Gruppen zu weiteren Prüfungen an. In dieser Phase, die vom 20. bis 28. Juli läuft, werden Kriterien wie aktive Sicherheit, Emissionen und der Verbrauch oder bei Elektroantrieben das Verbrauchsäquivalent überprüft. Die "Finals Stage" schließlich findet vom 19. bis 30. Juli statt, hier gilt es dann, nicht nur sparsam zu fahren, sondern auch schneller als die anderen.

Das Besondere am Automotive X Prize ist der wohl uramerikanische Ansatz, technischen Fortschritt im sportlichen Wettbewerb zu suchen. Es gibt zwei Wettbewerbsklassen. Fahrzeuge mit vier Rädern und fünf Sitzen bevölkern die Mainstream-Klasse. Zudem gibt es die Alternativ-Klasse, die wiederum in zwei Sitze hintereinander und zwei Sitze nebeneinander unterteilt ist. Das Team TW4XP, das in der alternativen Klasse mit zwei Sitzen nebeneinander teilnimmt, hat wie die Konkurrenten die Chance auf ein Preisgeld von 2,5 Millionen US-Dollar. Die Gesamtsumme der Preisgelder beträgt 10 Millionen US-Dollar.

Wie sich das Team TW4XP im weiteren Wettbewerb schlägt, kann man derzeit live auf der Website [3] des Veranstalters verfolgen. Außer dem Wettbewerb interessiert uns aber auch, was für ein Fahrzeug dieser "ThreeWheeler for X Prize" – dafür steht TW4XP – eigentlich ist. Schließlich ist eine Teilnahmebedingung beim Wettbewerb die "Fähigkeit zur Serienproduktion von wenigstens 10.000 Exemplaren". Tatsächlich ist ein Serienfahrzeug geplant, Vorerfahrungen gibt es ja bereits: Das noch namenlose Dreirad ist im Grunde ein moderner Nachfolger des bereits produzierten Twike. Die Macher sind zum Teil dieselben, allerdings wurde eigens die E-mobile Motors GmbH gegründet, um eine Serienproduktion vorzubereiten.

Besonders stolz ist Martin Möscheid, Geschäftsführer von E-mobile Motors, dass das Fahrzeug nur 10 kWh pro 100 Kilometer verbraucht. Das entspreche einen Verbrauch von etwa 1 Liter Kraftstoff, deutlich weniger, als es die X-Prize-Regularien fordern. Für den Wettbewerb ist das Gefährt mit einer E-Maschine ausgerüstet, die 17 kW leistet, das reicht für eine Beschleunigung von 0 auf 60 mph in weniger als 12 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, genau jene Werte, die im Wettbewerb gefordert sind. Das Serienfahrzeug würde wohl etwas anders ausgelegt, auch unterschiedlich leistungsstarke Varianten sind denkbar, vielleicht sogar ein Antrieb mit verschiedenen Betriebsmodi, einer davon zum besonders sparsamen Fahren.

Größer, stabiler, erwachsener

Das Grundprinzip des Fahrzeugs unterscheidet sich vom längst eingeführten Twike [4] auf den ersten Blick wenig: Das TW4XP ist ein Dreirad, gelenkt wird über Hebel – und optional kann man über Pedale den Elektromotor unterstützen, was allerdings nicht für das Wettbewerbsfahrzeug gilt. In der Serie würden aber vermutlich viele Kunden diese Option nutzen – es macht Spaß und sorgt für geschmeidige Glieder.

Die scheinbar so ähnliche Lenkung unterscheidet sich aber doch erheblich: Während man beim Twike mit der rechten Hand einen Steuerknüppel benutzt, wobei das Ellenbogengelenk den Drehpunkt bildet, entspricht das Lenkprinzip im TW4XP dem eines Fahrrads, was die Kontrolle erheblich einfacher macht – Praxiseindrücke fehlen uns allerdings noch.

Ein weiterer großer Unterschied besteht im völlig anderen Aufbau des Chassis. Beim Twike gibt es einen eher filigran wirkenden Rahmen aus Aluminiumprofilen, beim TW4XP eine vergleichsweise massive Zwischenlösung aus Schalen- und Rahmenkonstruktion, die im Hinblick auf ungewollte Begegnungen vertrauenserweckender wirkt. Die gesamte Konstruktion wirkt so ein gutes Stück konsenstauglicher als das Twike, was sich allerdings auch in einem Gewicht von gut 500 Kilogramm äußert.

Ab ins Netz

Ebenfalls neu ist der Wechselrichter der Firma LTi Drives GmbH, der auch ein Rückspeisen des Stroms in das Netz erlauben soll. Ob so genannte "Vehicle to Grid"-Anwendungen wirklich funktionieren werden, ist unter Experten zwar umstritten. Wenn die Befürworter aber recht behalten sollten, könnten Elektroautos dabei helfen, das Stromnetz zu stabilisieren und vielleicht sogar als Pufferspeicher für regenerativ erzeugten Strom herhalten.

Das freilich ist noch Zukunftsmusik – jetzt geht es zunächst einmal darum, im Automotive X Prize möglichst gut abzuschneiden, nicht nur aus sportlichen Gründen, sondern weil es ein gutes Argument für die Serie wäre. Derzeit sucht die E-mobile Motors GmbH noch Investoren, damit eine Serienproduktion des Fahrzeugs auf die Beine gestellt werden kann. Ein gutes Ergebnis bei dem Wettbewerb wäre natürlich eine gute Empfehlung. Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens, was die Besucher der X Prize-Website über die teilnehmenden Autos denken. So liegt das TW4XPbei der "Most Stylish [5]"-Wertung derzeit auf Platz 5, das Design scheint also schon einmal recht gut anzukommen.

Video: Das TW4XP und weitere Kandidaten drehen erste Runden auf dem Michigan International Speedway:


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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.progressiveautoxprize.org
[2] http://www.tw4xp.com
[3] http://www.progressiveautoxprize.org/live
[4] http://www.twike.com
[5] http://www.progressiveautoxprize.org/fan-favorites?action=results