zurück zum Artikel

Fahrbericht: Audi Q7 3.0 TDI Quattro

Mit leichter Wucht

Fahrberichte Stefan Grundhoff
Audi

Audi stellt nach rund zehn Jahren einen neuen Q7 vor. Der ist deutlich leichter als bisher, was sich auch beim Fahren zeigt. Zwar macht er keinem Sportler Konkurrenz, doch er fährt sich agiler und gleichzeitig komfortabler als sein Vorgänger, wie er im Fahrbericht zeigt

Verbier, 11. Mai 2015 – Radikale Umbrüche beim Design haben im Volkswagen-Konzern derzeit keine Konjunktur. Weder Studien noch die absehbaren, nächsten Serienmodelle brechen optisch gänzlich mit ihren jeweiligen Vorgängern. Das gilt in gleicher Weise auch für den neuen Audi Q7. Eine komplette Neuausrichtung schien auch nicht nötig, hat Audi doch seit der Vorstellung des großen SUV im Jahr 2005 immerhin 530.000 Stück weltweit verkauft. Kritik gab es hierzulande immer mal wieder an Größe und Gewicht. Zumindest letzterem will man nun mit einer deutlichen Erleichterung entgegentreten.

Auf Diät

Im besten Falle wird der Neue immerhin 325 Kilogramm leichter als der Vorgänger. Ganz abgesehen davon, dass bei den meisten der ausgelieferten neuen Q7 die Gewichtsersparnis wohl geringer sein wird, ist die Diät auch am Steuer durchaus zu spüren: Das 5,05 Meter lange SUV wirkt so, als wäre man mindestens eine Klasse kleiner unterwegs. Daran hat nicht nur das reduzierte Gewicht von allerdings immer noch knapp 2,1 Tonnen seinen Anteil, sondern auch Details wie eine höhere Karosseriesteifigkeit, der niedrigere Schwerpunkt und die erstmals auf Wunsch erhältliche Vierradlenkung, die nicht nur den Wendekreis um gut einen Meter reduziert, sondern auch in Innenstadt und auf der Landstraße gut tut.

Viel Arbeit haben die Entwickler in die Abstimmung von Fahrwerk und insbesondere des Fahrkomforts investiert. Rollte der Vorgänger gerade bei üppigen Radgrößen hölzern ab, so schwebt der neue Q7 nunmehr lässig und leicht über fast alles weg, was aus der Fahrbahn herausragt. Per Taster lassen sich verschiedene Fahrprogramme ansteuern, die angenehm deutlich gespreizt sind und den Fahrer echte Unterschiede bei Fahrwerks-Abstimmung, Gasannahme und Lenkung spüren lassen. Doch es ändert nichts daran, dass sich die allemal präzise Lenkung des Q7 zu leicht anfühlt und der Audi im Komfortmodus am stimmigsten unterwegs ist. Wer die sportlichen Ambitionen zurückstellt, genießt den kräftigen Diesel und das geringe Geräuschniveau auch bei forscher Fahrweise.

Volumenmodell in Europa soll der 272 PS starke V6-Diesel mit drei Litern Hubraum und 600 Nm maximalem Drehmoment werden, der den Koloss souverän und ausreichend dynamisch antreibt, ohne wirklich sportlich zu wirken. Im NEFZ soll er mit 5,7 Litern Diesel auskommen, in der Praxis dürften es mindestens zwei Liter mehr sein. Unsere Proberunde war für eine halbwegs belastbare Verbrauchsangabe zu kurz. Zumindest im Zyklus verbaucht selbst der 218 PS starke Basisdiesel, ebenfalls mit drei Litern Hubraum und sechs Zylindern, mit 5,5 Litern kaum weniger.

Audi verspricht für den 272-PS-Diesel im Sprint von 0 auf Tempo 100 kaum mehr als sechs Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 234 km/h. Damit sollten auch gehobene Ansprüche befriedigt sein. Der Q7 bleibt dabei angenehm leise, was mitunter etwas verschleiert, wie schnell man unterwegs ist. Dazu passt die sehr gelungene Abstufung der Achtgang-Automatik. Insgesamt ist Audis Prognose, dass diese Maschine in Europa die meistverkaufte wird, ziemlich naheliegend. Nochmals deutlich schneller soll ein V8-Diesel sein, der später nachgereicht wird.

Blasser Benziner

Der Diesel hat es im Q7 auch deshalb so einfach, weil der überarbeitete Benziner im direkten Vergleich etwas blass wirkt. Er ist zwar drehfreudig, klingt aber bei flotter Fahrt etwas angestrengt und wirkt damit nicht so souverän wie der Diesel. Im NEFZ ist er mit 7,7 Litern angegeben, realistisch dürften es eher deutlich über neun Liter werden.

Mit der neuen Motorengeneration wird es später auch einen aufgeladenen V8-Benziner mit mehr als 400 PS geben. Ebenfalls in Planung ist ein Plug-in-Hybrid mit einer Systemleistung von 275 kW (373 PS) und einem maximalen Drehmoment von 700 Nm. Der Antriebsstrang setzt sich aus einem Dreiliter-Diesel mit 190 kW (258 PS) und einem E-Motor mit 94 kW zusammen. Der Lithium-Ionen-Akku hat eine Kapazität von 17,3 kWh, was für maximal 56 km rein elektrische Fahrt reichen soll. Im NEFZ ist er mit 1,7 Litern angegeben, 100 km ohne zwischenzeitliche Akkuaufladung ergeben nach dem Umstellen der ECE-Norm R 101 einen Verbrauch von 5,5 Litern. Die Umrechnung haben wir an dieser Stelle [1] etwas ausführlicher dargelegt.

Der Innenraum ist modern gestaltet und sehr gut verarbeitet. Die zahlreichen Verstellmöglichkeiten der komfortablen Sitze bekommen viele Konkurrenten besser hin. Wer sich erst einmal an die Bedienung am Sitz gewöhnt hat, findet seine perfekte Sitzposition; wundert sich jedoch über die zu schlappe Sitzklimatisierung und die nur manuell verstellbaren Kopfstützen. Klasse ist das Platzangebot im Fond, wo auch groß gewachsene Personen bequem sitzen können. Auf Wunsch wird der Q7 zum Siebensitzer mit bis zu sechs Kindersitzen oder glänzt mit einer komplett ebenen Ladefläche.

Gut abzulesen ist das animierte Cockpit, das sich für eine Blendfreiheit ungewöhnlich stark nach unten neigt. Je nach Präferenz des Fahrers lässt sich sein Inhalt variieren und um ein Head-Up-Display im oberen Sichtfeld ergänzen. Angesichts der zahlreichen Bedienfunktionen für Fahrzeugfunktionen, Navigation (nach wie vor nur optional für 2800 Euro) , Soundsystem (1150 bis 6150 Euro) und Vernetzung (ab 310 Euro) erscheint es nicht klar, wieso sich der große Bildschirm in der Mitte des Armaturenbretts ausfahren lässt und nicht statisch in den Instrumententräger integriert ist. Kaum jemand dürfte einen Meter ohne diesen ausgefahrenen Bildschirm fahren. Die Bedienung per Dreh-Drücksteller und entbehrlicher Touchfläche auf der breiten Mittelkonsole ist einfach und selbsterklärend. Neben dem vernetzten Entertainmentsystem vorbei gibt es im Fond abnehmbare Tablets [2], wodurch sich die Fondinsassen mit Fernsehen, Apps [3], Webzugang und Fahrinformationen längere Strecken verkürzen können.

Kaum unter 70.000 Euro

Die Preisliste beginnt derzeit bei 60.900 Euro für den V6-Diesel mit 272 PS. Mit dem 218-PS-Diesel dürfte der Einstiegspreis deutlich unter 60.000 Euro sinken. Xenonlicht, 18-Zoll-Alufelgen, CD-Radio mit Bluetooth, Tempomat und Klimaautomatik sind Serie, was in dieser Klasse wohl auch als normaler Standard erwartet werden darf. Zumindest Ledersitze, Navigationssystem, Metalliclack und Head-up-Display werden die meisten Kunden wohl noch zusätzlich ordern. Dass damit kaum ein Q7 unter 70.000 Euro Listenpreis zusammengebaut wird, dürfte kaum einen Kunden ernstlich schrecken: Die meisten Q7 werden mit einiger Sicherheit wieder gewerblich zugelassen und die wenigen Kunden, die so ein Auto privat [4] bar bezahlen oder finanzieren, werden ihre Entscheidung vermutlich nicht von ein paar tausend Euro mehr oder weniger abhängig machen.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-2639891

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Mercedes-S-500-Plug-In-Hybrid-Fabelwerte-beim-Verbrauch-2283162.html
[2] http://www.heise.de/thema/Tablet
[3] http://www.heise.de/thema/apps
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Welches-Modell-hat-die-meisten-Privatkunden-2419466.html