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Massenzentrum

Die Corvette bekommt einen Mittelmotor

Autos Stefan Grundhoff; press-inform

Die achte Generation der Corvette bricht mit ihrer langen Tradition. Als Mittelmotorsportwagen könnte sie bald Ferrari und McLaren Angst einjagen.

Die achte Generation der Corvette bricht mit ihrer langen Tradition. Als Mittelmotorsportwagen könnte sie bald Ferrari und McLaren Angst einjagen.

Die neue Optik mit der niedrigen Front und dem Motor hinter der Fahrgastzelle gibt der Corvette einen völlig neuen Charakter. „Die grundlegende Neugestaltung bot dem Team eine historische Chance und erfüllte damit einen bereits seit über 60 Jahren gehegten Wunsch der Chevrolet-Designer“, erklärt GM-Chefdesigner Mike Simcoe, „Wir wissen, dass der Neuzugang in der Klasse der Mittelmotor-Sportwagen überzeugend in der Liga der Weltbesten mitspielen kann.“ Beim Karosserierohbau ging man ebenfalls neue Wege, die Grundkonstruktion ist aus Aluminiumgussteilen und faserverstäktem Kunststoff zusammengesetzt und beplankt. Sie ist steif genug, ein herausnehmbares Dachteil zu ermöglichen.

Agilität und besserer Ausblick dank Massenzentrierung

Das neue Packaging ermöglicht eine bessere Gewichtsverteilung und eine Massenzentrierung Richtung Fahrzeugmitte. Damit gehen deutliche Vorteile bei Längs- und Querdynamik einher. Die neue Anordnung bringt aber auch radikale Änderungen mit sich. Sie versetzt Armaturenbrett und Fahrer um die Kleinigkeit von 42 Zentimetern nach vorn. Das erlaubt nun einen besseren Blick auf die Piste, Traditionalisten müssen aber auf die nicht enden wollende Motorhaube, wie sie nur eine Corvette bieten konnte, verzichten. An einige Überseemärkte mit Linksverkehr wurde auch gedacht: Erstmals wird die Corvette nun auch als Rechtslenker gebaut.

Die achte Generation der Corvette bekommt einen 6,2 Liter großen V8, der in seiner Basisleistungsstufe 369 kW / 495 PS und ein maximales Drehmoment von 637 Nm liefert. Aus dem Stand geht es in drei Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit: über 300 km/h. Beim Antrieb hält General Motors an Bewährtem fest [1] und verzichtet auf eine Turboaufladung. Der Vorteil für den Fahrer ist eine jederzeit vorhersehbare, quasi linear zur Drehzahl steigende Leistungsentfaltung. Der LT2 genannte Motor ist an ein achtstufiges Doppelkupplungsgetriebe gekoppelt, das besonders schnelle Gangwechsel ermöglichen soll. Das Differenzial soll mit elektronisch gesteuerten Lamellenbremsen Torque Vectoring ermöglichen.

Der V8 hat eine lange Tradition: Als die Corvette 1953 herauskam, hatte sie einen Reihensechszylinder. Doch erst der „Small Block“-V8 brachte der Corvette 1955 den Durchbruch. Er leistete damals zunächst 195 PS aus 4,3 Litern.

Trockensumpfschmierung nun als Serienstandard

Mit seiner Position hinter der Fahrgastzelle bekam das Kraftpaket ein neu entwickeltes Schmier- und Belüftungssystem. Dabei verfügt die Basisversion der Corvette Stingray erstmalig serienmäßig über ein Trockensumpf-Ölsystem und drei Absaugpumpen für eine sicherere Ölversorgung bei allen Längs- und Querbeschleunigungen, wie sie nur bei optimaler Traktion auf einer Rennstrecke auftreten können. Bisher schon war eine Trockensumpfschmierung erhältlich, aber aufpreispflichtig.

Am Fahrwerk mit doppelten Querlenkern rundum arbeiten vorn Michelin Pilot Sport der Dimension 245/35 auf 8,5 x 19 Zoll-Felgen, hinten lautet die Kombination 305/30 und 11 x 20. Auch bei den Bremsen ist die Corvette europäisch: Vorn und hinten montiert das Werk Vierkolben-Bremssättel von Brembo – vorn mit 321er, hinten mit 339er Scheiben. Auf Wunsch sind Carbonbremsen, adaptive Dämpfer „Magnetic Ride“ oder eine erweiterte Schlupfregelung „Performance Traction Management“ erhältlich. Das Angebot der bisherigen drei Fahrmodi Tour, Sport und Track wird um die beiden Fahrprogramme Mymode und Z-Mode ergänzt.

Besserer Rampenwinkel auf Knopfdruck

Doch die neue Corvette C8 ist nicht nur sportlicher, sondern auch praktischer geworden. So kann sie auf Knopfdruck ihren Rampenwinkel vergrößern, um etwa die Einfahrt in Garagenabfahrten zu erleichtern. Dazu wird (in 2,8 Sekunden) die Vorderachse um 40 Millimeter angehoben. Das System ist bis 38 km/h aktiv und merkt sich aus Wunsch des Fahrers die Stellen, an denen es sich automatisch einschalten soll. Der Speicherplatz mit maximal 1000 Plätzen sollte für den Hausgebrauch locker ausreichen.

Weitere Ausstattungsdetails sind die elektrisch einstellbaren Sportsitze mit Memory-Funktion, animierte Instrumente, Sprachbedienung, Lenkradheizung ein vernetztes Navigationssystem und eine kabellose Ladefunktion. Unverändert soll die neue Corvette zur Sportlichkeit auch Alltagsnutzen bieten. Die Kofferräume vorne und hinten haben ein Ladevolumen von insgesamt 357 Litern.

Noch müssen sich die Kunden etwas gedulden, denn die Produktion im US-Werk Bowling Green beginnt erst Ende des Jahres. Für die USA steht ein Preis von rund 60.000 Dollar in Aussicht, der Verkauf beginnt Anfang 2020.


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