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Die Neuauflage des Audi A7 transportiert souverän die echten Quattro-Werte

Mit Lenkungssteuer

Fahrberichte Rudolf Skarics
Audi

Keine große Überraschung, dass sich der Audi A7 in seiner Neuauflage treu bleibt. Dazu bietet er nun mit Active Lane Assist und Matrix-LED-Scheinwerfern durchaus einen gesteigerten Mehrwert und als quattro mit echtem permanenten Allradantrieb auch hohe fahrdynamische Tugend

Wien, 1. April 2015 – Ist es nicht wunderbar, wenn man an eine Tradition anknüpfen kann? Schon seinerzeit, als es gar nicht sicher war, ob Volkswagen Audi überhaupt überleben lassen würde, als der Audi 100 noch die Hutfahrer-Klasse gemeinsam mit Ford Granada und Opel Rekord anführte, gab es eine Modellvariante mit fließendem Heck, ein Coupé auf Basis der Limousine. Diese Autos verkauften sich nicht rasend, aber sie brachten Abwechslung und gehörten einfach zum guten Ton vieler Massenhersteller. In den Sechzigern bis Anfang der Siebziger Jahre wurden relativ häufig Derivate von gängigen Modellen geschaffen. Das war nicht so schwierig wie einige Jahre später, als die Automatisierung der Fertigung immer weiter voranschritt und immer weniger individuellen Spielraum am Fließband ließ.

Heute ist wieder Spielraum am Fließband, könnte man sagen. Denn eigentlich hat sich alles grundlegend geändert. Baukästen und Module erlauben eine sehr flexible Konstruktion und Produktion, ein rasches Hochfahren und auch wieder Drosseln, wenn die Sache mal nicht so läuft. So fiel es wohl leicht, sich der alten Tradition wieder zu entsinnen und vom Audi A6 eine Coupé-Variante zu entwerfen, die 2010 präsentiert wurde. Mittlerweile ist bereits die zweite Auflage des Coupés am Markt, äußerlich nur an wenigen geschärften Kanten zu erkennen.

Gewaltige kofferräumliche Ausdehnung

Doch was macht den Erfolg dieser Fahrzeugkategorie aus? Da sind zuerst einmal ganz wesentliche praktische Elemente, die es seinerzeit nicht gab. Der A7 hat vier Türen und eine riesige Heckklappe, unter der sich umklappbare Rücksitzlehnen befinden. Alles zusammen ergibt eine gewaltige kofferräumliche Ausdehnung bei Bedarf. Für den einigermaßen wohlhabende Menschen von heute gibt es ja immer was zu tun, er hängt ja nicht zigarrenrauchend rum wie die Typen, die wir aus den Sechziger-Jahre-Filmen kennen. So kann es nicht schaden, wenn auch etwas sperrigere Dinge des täglichen Bedarfs ins Auto passen. Wer will sich da schon auf zwei Golfbags beschränken?

Und noch etwas ist seit den sechziger Jahren dazu gekommen: TDI und Quattro. So sitzt man hier in einer ziemlich sportlich konfigurierten Limousine mit Dreiliter-V6-Diesel und Allradantrieb, findet das Big-Block-Motorgebrabbel aus der Stereoanlage ein wenig kitschig, sucht den Ausschaltknopf, entdeckt ihn tatsächlich im Menüpunkt „Motorsound“ und knipst das Gewummere gleich weg. Dann beschäftigt man sich ein bisschen mit der eingebauten Zukunft, die schon in Ansätzen das automatisierte Autofahren vorwegnimmt. Zum Beispiel mit dem Active Lane Assist. Damit kann man es schon ein bisschen lustig haben. Der lässt sich nämlich auf sehr empfindlich stellen, dann verfolgt das Auto schon ziemlich rigide die Fahrspur ohne persönliche Lenkbewegung. Auf flott gefahrenen kurvenreichen Landstraßen kann dieser automatische Lenkeingriff einigermaßen irritierend werden. Aber man kann das ja auch ausschalten.

Vorübergehende Unterstützung

Doch wenn man das Lenkrad tatsächlich loslässt, auf dass der Wagen alleine fahre, wird der Fahrer ziemlich bald, schon nach einigen Sekunden, aufgefordert, sein Lenkrad gefälligst wieder in die Hand zu nehmen. Spaß vorbei, natürlich im Dienste der Sicherheit.

So bleibt nach einer gewissen spielerischen Phase eigentlich nur mehr die Erkenntnis, dass dieses System doch hauptsächlich dazu da ist, unaufmerksame Fahrer, die gerade telefonieren oder sonstwie geistig abwesend sind, vorübergehend zu unterstützen. So lange man freudvoll sein Auto bewegt, braucht man das nicht, will man das auch gar nicht.

Hat man die diversen elektronischen Helferlein erst einmal durchschaut und ihre Anwesenheit wohlwollend zur Kenntnis genommen, sehnt man sich gleich wieder nach urwüchsigen Talenten – und schaltet das Motorsound-Gebrabbel wieder ein (und nie wieder aus).

Stimmige Basis

Das eigentliche Wesen dieses Automobils ist Quattro TDI: Der Dieselmotor mit 320 PS, der mit seinem gewaltigen Drehmoment (650 Nm) und ansatzlosen Antritt jede Diskussion über Sportlichkeit eines Selbstzünders endgültig für absurd erklärt. Der Allradantrieb, der hier, bei längs eingebautem Motor, nicht nur eine kluge Traktionshilfe darstellt, sondern ein zentrales Element der Fortbewegung ist, mit 60 Prozent im Normalfall und bis zu 85 Prozent Power auf der Hinterachse mit Differenzialsperre (Aufpreis). Das spürt man, das ist „Quattro“ im ursprünglichen Sinn jenseits der marketinggetriebenen Namens-Gleichschaltung des 4WD in den Quermotoren-Baureihen. Dieser Hang-On-Antrieb [1] mit Bedarfsregelung per Haldex-Kupplung ist eine völlig andere Bauform, die mit Audis klassischem Allradantrieb fahrdynamisch nicht zu vergleichen ist.

Wenn die maschinenbauliche Basis so stimmig ist, kann man gerne auch noch eine gute Nachricht aus der Elektronik-Welt hinzufügen: Dieses Modell ist bereits mit den Matrix-LED-Scheinwerfern erhältlich, einer der wirklich überzeugenden Fortschritte, die zwischen vielen geschmäcklerischen elektronischen Extras darauf warten, beim Kauf angekreuzt zu werden, mit perfekter Ausleuchtung der Fahrbahn mit Fernlicht ohne Blendung des Gegenverkehrs.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Warum-moderne-Quermotorkonzepte-auch-mit-Allradantrieb-nicht-gefuehlsecht-sein-koennen-1768723.html