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Raumkunst

Fahrbericht Citroën C4 Grand Picasso

Fahrberichte Marcel Sommer
Citroen

Der C4 Picasso wurde vor drei Jahren vorgestellt, diesen Herbst wurde der Van, den es in zwei Größen gibt, leicht überarbeitet. Die optische Gestaltung blieb nahezu gleich, und auch beim Fahren gibt es kaum Unterschiede, wie eine Ausfahrt zeigt

München, 25. Oktober 2016 – Als der C4 Picasso vor drei Jahren auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wurde, glaubten viele noch an eine typische Überzeichnung einer Studie. Doch der Wagen kam tatsächlich in ganz ähnlicher Form auf den Markt und erfreut bis heute all jene, denen allzu biedere Formen zuwider sind. In diesem Herbst wurde der Van, den es in zwei Größen gibt, leicht überarbeitet. Die optische Gestaltung blieb nahezu gleich, und auch beim Fahren gibt es kaum Unterschiede, wie eine Ausfahrt zeigt.

Erhalten blieben Stärken wie Schwächen. Mit gut 4,6 m ist der Citroën C4 Grand Picasso etwas länger als ein VW Touran. Das Platzangebot ist ähnlich großzügig wie dort – ein Van ist noch immer eine der besten Möglichkeiten, aus den Außen-Abmessungen ein Maximum an Platz für die Insassen zu schaffen. Citroën bietet eine dritte Reihe an, in der allerdings nicht mehr als ein paar Notsitze für Kinder sind. Der Platz reicht freilich, um diese mal vom Kindergarten oder einer Geburtstagsfeier zu kutschieren. Wer auf allen Plätzen große Erwachsene über lange Strecken transportieren möchte, sollte nicht eine, sondern zwei Nummern größer planen. In einem Ford S-Max, immerhin rund 20 cm länger als der C4 Picasso, ist das Platzangebot ganz hinten nämlich auch nicht überragend. Für dieses Einsatzszenario bleiben Busse wie der VW T6 oder die Mercedes V-Klasse [1] unschlagbar. Beim Einfalten ist etwas Vorsicht geboten, denn die Finger sollten nicht in die Nähe des flinken Zuklappmechanismus geraten.

Übereifriger Sensor

Wer sich auf fünf Sitze beschränkt, bekommt im C4 Grand Picasso nicht nur ausgezeichnetes Platzangebot für die Passagiere, sondern auch reichlich Platz im Kofferraum. Mit 645 Litern liegt er auf dem Niveau eines BMW 2er Gran Tourers, bleibt aber recht deutlich unterhalb dessen, was ein VW Touran in dieser Hinsicht bietet. Trotzdem: Dieses Volumen will erst einmal gefüllt sein. Selbst eine Familie mit drei Kindern dürfte gut zurechtkommen. Die Heckklappe öffnet und schließt elektrisch, was in der Redaktion nicht nur Freunde hat. Manch einen nervt, dass ein E-Motor hin und wieder nicht das für den Moment richtige Tempo hat. Zudem sollte der Beladende Vorsicht walten lassen, denn der Sensor unter der Stoßstange reagiert empfindlich und lässt die Klappe schon mal unerwartet schließen.

Wem nicht nur das Einparken, sondern auch das Ausparken ein Graus ist, kann sich in beiden Situationen vom C4 ins Lenkrad greifen lassen. Zugegebenermaßen erledigt der Fronttriebler das Einparken bei Tageslicht sehr gut – auch wenn er nicht immer beim ersten Mal die Parklücke als solche enttarnt. Bei schlechter werdendem Licht laufen die schicken 17-Zoll-Felgen Gefahr, dem Bordstein zu nah zu kommen.

Neu ist ein „Coffee Break Alert“ – ein Müdigkeitswarner, der mit einer kleinen Kaffeetasse in einem Display zu einer Pause rät und ebenso unzuverlässig ist wie bei allen Konkurrenten. Immerhin ist er serienmäßig. Aufpreis kosten werden dagegen ein Tempomat, der auf Wunsch auf die per Verkehrsschild vorgeschriebene Geschwindigkeit einbremst und ein aktiver Spurhalteassistent. Einen adaptiven Tempomat wird es vorerst nur für den 150-PS-Diesel mit Automatik geben – schade eigentlich. Ohnehin ist Citroën rigoros in seiner Ausstattungspolitik hinsichtlich der elektronischen Helfer: Die Assistenten gibt es nur im Paket und grundsätzlich nicht für die beiden preiswerten Linien. Letzteres gilt auch für Extras wie Digitalradio, HiFi-System, Alufelgen im Format 17 oder 18 Zoll, Xenonlicht oder Lederlenkrad.

Dreizylinder auch im Grand Picasso

Im Testwagen war der stärkste Ottomotor eingebaut, der 165 PS und 240 Nm bietet. Es gibt ihn nur zusammen mit einer Sechsgang-Wandlerautomatik, die recht gut miteinander harmonieren. Er ist mit zehn Sekunden im Standardsprint rund zwei Sekunden schneller als der 130-PS-Dreizylinder, der neuerdings auch im Grand Picasso angeboten wird. Bei der Höchstgeschwindigkeit ist der Vorteil des größeren Motors allerdings sehr gering. Er erreicht 210 km/h, die kleine Maschine 206. Der Top-Motor gefällt mit guten Umgangsformen, bleibt also auch auf der Autobahn bis etwa 150 km/h recht leise. Nur beim kräftigen Beschleunigen oder sehr hohem Tempo ist der 165-PS-Benziner deutlich zu vernehmen. Genügend Kraft ist eigentlich stets da, von überschäumendem Temperament wollte dennoch keiner sprechen.

Citroën verspricht im NEFZ mit maximal 17-Zoll-Felgen einen Verbrauch von 5,6 Litern. Wir kamen bei unserer Ausfahrt auf 8,2 Liter, ohne besonders sparsam oder hektisch unterwegs gewesen zu sein. Damit wir auf ähnliche Werte, die die wenigen C4 Grand Picasso-Fahrer, die ein Profil bei Spritmonitor pflegen, auch erreichen. Sonderlich sparsam ist der Van mit dieser Maschine also keineswegs. Vermutlich wird der 130-PS-Dreizylinder diesbezüglich besser abschneiden.

Alles in allem scheint der C4 Grand Picasso kein schlechtes Angebot, zumal er gegenüber einem VW Touran und erst recht einem vergleichbaren BMW 2er Gran Tourer fair eingepreist ist. Mit dem von uns gefahrenen 165-PS-Benziner kostet der Van mindestens 27.490 Euro, inklusive einer schon recht umfangreichen Serienausstattung inklusive Navigationssystem. Leichter als bisher wird es für den Van in den kommenden Jahren allerdings sicher nicht, denn erstens bekommt er mit dem neuen Renault Scénic gerade frische Konkurrenz, zweitens ist das gesamte Segment rückläufig. Viele Menschen, die gern leicht erhöht sitzen möchten, kaufen aktuell ein SUV – obwohl ein vergleichbar langer Van ganz sicher die praktischere Wahl ist. Das der C4 sich von der Konkurrenz optisch abhebt, wird ihm sicher seinen Fankreis sichern. Die Frage ist nur, ob der dem Hersteller auf Dauer groß genug erscheint.


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