zurück zum Artikel

Feste Größe

Fahrbericht: Hyundai Santa Fe 2.2 CRDi

Fahrberichte Jürgen Wolff
Hyundai Santa Fe

(Bild: Hyundai)

Das größte SUV von Hyundai gibt es künftig nur noch in einer Länge. Davon abgesehen bleibt Hyundai dem bisherigen Konzept des Santa Fe weitgehend treu, was an sich eine gute Idee ist. Wie fährt sich der vierte Santa Fe?

In Europa blieben die Absatzzahlen von Hyundai im Segment der großen SUV bisher doch sehr übersichtlich. Mit den Qualitäten der Modelle hatte das nur wenig zu tun. Vielmehr ist es so, dass ab einem gewissen Level ein klangvoller Markennamen hierzulande die Eintrittskarte zu hohen Verkaufszahlen ist – diese Karte hat Hyundai nicht. Doch wer sich vom Glanz der selbsternannten Premiumhersteller lösen kann, bekommt auch mit der vierten Generation des Santa Fe ein angenehmes Auto, wie eine erste Proberunde zeigt.

Gewachsen

Die neue Generation ist in der Länge um 7 cm auf 4,77 m und in der Breite um einen Zentimeter auf 1,89 m gewachsen. Der Radstand beträgt nun 2,77 m, was einen Zuwachs von 6,5 cm bedeutet. Das bedeutet mehr Platz im Innenraum. Anders als noch beim Vorgänger wird es keine „Langversion“ mehr unter dem Namen Grand Santa Fe geben. Den hatten ohnehin nur 15 Prozent der Käufer geordert.

Von außen wirkt der Neue moderner und so klobig, wie es dem Zeitgeschmack eben entspricht und von der Konkurrenz vielfach auch geboten wird. Die Frontpartie mit den geteilten Leuchteinheiten und dem markanten Kühlergrill folgt der neuen Designsprache von Hyundai. Immerhin: Die Fensterflächen wurden vergrößert und bieten eine bessere Rundumsicht – das scheint vielfach aus der Mode gekommen zu sein, was zu bedauern ist.

Gegen Trends

Auch im Innenraum stemmt sich Hyundai teilweise gegen einige Moden. So haben viele Funktionen eigene Tasten. Die Schalter für Sitzbelüftung und Heizung für Lenkrad und Sitze sind so üppig dimensioniert, dass man sie auch mit dicken Handschuhen bedienen kann. Auch die Assistenten lassen sich jeweils mit einem Knopfdruck aktivieren oder abschalten. Optisch mag das neben einem Audi A6 [1] älter wirken, doch der Umstand, dass man hier vieles bedienen kann, ohne sich durch Menüs wühlen zu müssen, wirkt entspannend. Dazu gibt es zahlreiche Ablagen für Kleinkram- Hyundai hat den Santa Fe praktisch und nicht modisch eingerichtet.

Das passt gut zur allgemeinen Fahrzeugauslegung. Es ist ausreichend Platz da, sofern man nicht Erwachsene in die dritte Reihe drängt, die Hyundai gegen Aufpreis anbietet. In der zweiten Reihe gibt es auch dann noch viel Raum, wenn vorne größere Zeitgenossen Platz nehmen. Die Sitze selbst sind eher weich, bieten aber mehr Halt als die Sessel im Citroën C4 Cactus [2], was sie nach spätestens zwei Stunden Fahrt deutlich angenehmer erscheinen lässt. Der Kofferraum ist auf 625 Liter gewachsen, bis zu 1695 Liter sind es, wenn man die Sitze der zweiten Reihe umklappt. Gegen Aufpreis öffnet die Heckklappe automatisch und warnt vor zu niedrigen Deckenhöhen wie in Garagen oder Parkhäusern.

Für das Infotainmentsystem und die Navigation gibt es einen freistehenden Touchscreen. Im Basismodell, was in der Vergangenheit kaum jemand wollte, wird ein 5 Zoll großer monochromer Monitor eingebaut, die teureren Ausstattungslinien haben entweder ein 7- oder ein 8-Zoll-Display. Smartphones können über Android Auto oder Apple CarPlay [3] eingebunden werden.

Geräuschdämmung und Fahrwerk zeugen ebenfalls von einer klaren Ausrichtung des Santa Fe. Das SUV bleibt lange sehr leise, erst bei hohen Geschwindigkeiten dringen Abroll- und Windgeräusche deutlich vernehmbar ins Interieur. Dem Fahrwerk ist eine sportliche Grundhaltung fremd, was gut so ist. Der Santa Fe ist ein großes, komfortables Auto, aus dem auch mit einer straffen Abstimmung kein Sportler werden würde.

Variable Verteilung

Neu entwickelt wurde der Allradantrieb „HTRAC“. Regulär werden dabei nur die Vorderräder angetrieben, bei rutschigem Untergrund geht maximal die Hälfte der Leistung an die Hinterräder. Per Tastendruck kann der Fahrer die Verteilung der Kräfte verändern. So gehen im Eco-Modus nur höchstens 20 Prozent Kraft an die Hinterachse, im Komfortmodus bis zu 35 Prozent und im Sportmodus maximal 50 Prozent.

Angeboten wird der neue Santa Fe mit drei Motoren. Der 2,4-Liter-Benziner ohne Turbolader leistet 185 PS und bietet ein maximales Drehmoment von 241 Nm. In der Vergangenheit wollte hierzulande kaum jemand den Santa Fe mit Benziner, die meisten Kunden griffen zu einem der Dieselmotoren. Der kleine Selbstzünder bietet 150 PS und 400 Nm maximales Drehmoment. Serienmäßig hat er Vorderradantrieb und ein manuelles Sechsgang-Getriebe. Allradantrieb und Automatikgetriebe gibt es gegen Aufpreis.

Reserven

Für eine erste kurze Ausfahrt stand uns der 2,2-Liter-Diesel mit 200 PS zur Verfügung. Der fast zwei Tonnen schwere Santa Fe beschleunigt damit in 9,3 Sekunden auf Tempo 100 und ist bis zu 205 km/h schnell. Viel wichtiger ist aber, dass der Wagen damit gelassen wirkt. Es sind stets Reserven da, wobei ein Auto mit dieser grundsätzlichen Auslegung nicht dazu reizt, diese permanent abrufen zu wollen. Die neu entwickelte und optionale Achtgang-Automatik arbeitet unaufgeregt und souverän schaltend. Per Knopfdruck sind die Modi Comfort, Eco, Sport und Smart wählbar – sie unterscheiden vor allem bei den Schaltzeiten.

Alle Motoren erfüllen die Abgasnorm Euro 6d-TEMP [4]. Damit ist für die Diesel die Zeit des Feigenblattes in Form von einem Speicherkat vorbei. Mit der dieser Abgasnorm, die ab 1. September 2019 für alle in der EU erstmals zugelassenen Autos Pflicht wird, muss die Einhaltung der Grenzwerte auf der Straße im RDE [5] nachgewiesen werden. Das schließt Betrügereien zwar nicht komplett aus, macht sie aber deutlich schwieriger.

Geradezu auf die Spitze treibt es Hyundai mit den Assistenzsystemen, die meist aufpreispflichtig, aber immerhin bestellbar sind. Dabei sind viele bekannte Systeme. Ungewöhnlich ist der „Rear Occupant Alert“, der den Fahrer beim Abschließen des Fahrzeuge warnt, wenn er Kind oder Haustier auf der Rückbank vergessen hat. Nun kann man sich fragen, welchen verantwortungsvollen Eltern und/oder Tierbesitzern das schon passieren soll. Natürlich hat sich Hyundai auf diese Frage vorbereitet: „Lachen sie nicht. So was passiert allein in Deutschland ein paar Mal im Jahr“, sagt Hyundais Deutschland-Chef Markus Schrick. Vermutlich hat er damit auch noch recht, so unfassbar das auch scheinen mag.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-4101356

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Vorstellung-Audi-A6-3978810.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Citroen-Cactus-C4-4069349.html
[3] https://www.heise.de/thema/CarPlay
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Abgasnormen-im-Ueberblick-4060878.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Strassentest-RDE-Das-grosse-Feilschen-3594969.html