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Fahrbericht KTM 125 Duke

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KTM 125 Duke

Die 125 Duke ist nicht nur die meistverkaufte KTM, sondern führt auch die Zulassungen bei den Leichtkrafträdern mit großem Vorsprung an. Was ist dran an der kleinen KTM, dass sie so begehrt ist? Wir haben die österreichische 125er in den Alpen ausgiebig getestet

Die 125 Duke ist nicht nur die meistverkaufte KTM, sondern führt auch die Zulassungen bei den Leichtkrafträdern mit großem Vorsprung an. Wir haben die kleine KTM in den Alpen ausgiebig getestet.

Die Kleinste im Hause KTM ist die Größte, zumindest was die Verkaufszahlen angeht. Die 125 Duke ist dieses Jahr mit 2236 Neuzulassungen (Stand August) nicht nur die meistverkaufte KTM in Deutschland und lässt die hubraumstärkeren Modelle der Marke weit hinter sich, sondern führt auch die Verkaufsstatistik der Leichtkrafträder mit Riesenvorsprung an – sie kann fast eintausend Neuzulassungen mehr vorweisen als die zweitplatzierte Yamaha MT-125. Die 125 Duke hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Jugendlichen wieder Leichtkrafträder haben wollen. Was ist dran, an der kleinen KTM, dass sie so begehrt ist? Wir klären die Frage in einem Test.

Frischer Führerschein

Da die 125 Duke die Jugend ansprechen soll, setzen wir auch einen jungen Testfahrer ein: Robin, 16 Jahre alt und frischgebackener A1-Führerscheinbesitzer. Er ist nicht ganz unerfahren auf Zweirädern, denn er drehte schon im zarten Alter von fünf Jahren seine Runden auf Motocrosspisten.

Sein erster Eindruck von der KTM 125 Duke: „Krass.“ Das Design kommt von Gerald Kiska. Der Österreicher hat sich gesagt, was bei der 177 PS starken 1290 Super Duke R gut aussieht, muss auch bei der kleinsten Duke funktionieren. Tatsächlich lässt sich aus einiger Entfernung die 125er von vorne kaum von der Super Duke R unterscheiden und schon gar nicht von der 390 Duke – die ist tatsächlich baugleich mit der 125er, abgesehen vom größeren Hubraum. Aber die 125 Duke gibt es schon für 4695 Euro, während die 390 erst ab 5395 Euro zu haben ist.

Ausgereiztes Leistungslimit

Der 125-cm3-Einzylindermotor verfügt über zwei obenliegende Nockenwellen und vier Ventile, die von den Nocken über Schlepphebel betätigt werden. Mit 11 kW, also 15 PS, reizt die 125 Duke exakt das Limit des A1-Führerscheins aus. Ganz wichtiges Thema unter den Jugendlichen: Die Höchstgeschwindigkeit. Mit flach auf dem Tank liegendem Fahrer erreicht die KTM laut Tacho 117 km/h, das GPS vermeldet immerhin noch 113 km/h. Aufrecht sitzend sind es dann fünf Stundenkilometer weniger.

Das reicht sogar, um auf der Autobahn mitzuschwimmen, ohne Panik haben zu müssen, von den Lkw überholt zu werden. Die in Indien beim KTM-Partner Bajaj hergestellte 125 Duke kann sich inzwischen auch qualitativ sehen lassen. Die ersten Baujahre litten noch unter schludrig verlegter Elektrik und häufig von innen beschlagenen Cockpit-Displays, aber die Probleme gehören mittlerweile der Vergangenheit an.

Attraktives Design

Das Design ist aggressiv nach vorne gerichtet, die Duke wirkt wie auf dem Sprung. Ein Gitterrohrrahmen bildet das Skelett der 125er und im Gegensatz zum Vorgängermodell liegt der hübsche Heckrahmen offen und wird nicht mehr unter einer Verkleidung versteckt. Auch führt sie nun einen Schalldämpfer an der Seite, vorher endete der Auspuff unter dem Motor. Dadurch erscheint die 125 Duke nun deutlich erwachsener und moderner.

Dem Fahrer fällt als Innovation das neue Cockpit mit farbigem TFT-Displayauf. Es verfügt über zahlreiche Informationen und Konfigurationsmöglichkeiten und ist sogar per Bluetooth mit dem Smartphone kompatibel. Dass an der Duke die Markenfarbe orange dominiert, ist selbstverständlich, aber auch LED-Tagfahrleuchten und –Blinker gehören bei KTM-Straßenmodellen inzwischen zum Standard. Der längliche Doppelscheinwerfer mit dem markanten Spalt in der Mitte mag kontrovers diskutiert werden, der Wiedererkennungswert ist aber enorm. Nachts leuchtet die KTM die Straße strahlend hell aus, was ein erhebliches Sicherheitsplus bedeutet. Ja, die 125 Duke ist schick und bekommt von den Jugendlichen ein sehr positives Feedback.

Aber die 125 Duke soll ja nicht nur vor der örtlichen Eisdiele Eindruck schinden, sondern muss auch auf Landstraße ihre Qualitäten beweisen. Um es ihr nicht zu leicht zu machen, wollen wir sie auf den höchsten Pass quälen, den die Alpen zu bieten haben: Das Stilfser Joch. Wird der kleine Motor in 2757 Meter Höhe noch genügend Luft bekommen? Oder wird er asthmatisch röchelnd die weiße Fahne schwenken?

Steile Alpenpässe

Die lange Anfahrt über deutsche Autobahnen ersparen wir der 125er, obwohl Robin sogar die Strapaze auf sich genommen hätte, um mit ihr die Alpenpässe schrubben zu dürfen. Per Transporter geht es in die Schweiz und wir schlagen unser Lager im Kanton Graubünden auf. Hier ist das Revier der großen Hubräume, wenige sind in den Zentralalpen mit unter 1000 Kubikzentimeter unterwegs. Abfahrt am Morgen bei Sonne und trockenem Asphalt. Die serienmäßigen Michelin Pilot Street-Reifen – vorne in der Dimension 110/70-17, hinten in 150/60-17 – der 125 Duke kommen rasch auf Temperatur. In der unteren Drehzahlhälfte ist der Einzylinder noch nicht zu großen Taten aufgelegt, aber ab 6000/min legt er sich vehement ins Zeug.

Drehfreudiger Einzylinder

In Anbetracht des Tempo-80-Limits auf Landstraßen und der exorbitant teuren Strafen für Geschwindigkeitsübertretung in der Schweiz kommt man sich auf einer 125er gleich viel sicherer vor, zumindest was das eigene Bankkonto angeht. Bis 80 km/h beschleunigte die kleine KTM einigermaßen hurtig, wenn die Gänge bis zur Maximalleistung bei 10.000/min ausgedreht werden. Die Einspritzung liefert auch in über 2000 Meter Höhe stets das richtige Benzin-Luftgemisch. Auf steilen Bergaufpassagen gehen der 125 Duke allerdings hubraumbedingt die Kraftreserven im sechsten Gang aus, der fünfte Gang muss her und manchmal sogar der vierte bemüht werden.

Doch was ihr an Leistung fehlt, macht sie durch ihr überragendes Handling wett. Selbst bergauf wuselt die Duke in den Serpentinen wie ein Fahrrad durch die engen Kurven. Robin gibt alles und quetscht das, was von den 15 PS auf über 2000 Meter Höhe noch übrig ist, bis zum Anschlag aus. Auf den Geraden ziehen die großen Motorräder an der 125 Duke vorbei, doch in der Kurve hängt die KTM ihnen viel schneller wieder am Hinterrad, als es den Fahrern lieb ist.

Auf langen Serpentinenstrecken funktioniert das bergauf natürlich nur zeitlich begrenzt, aber den Respekt der Großen hat sich die 125 Duke damit erarbeitet. Endlich geschafft, wir sind auf 2757 Meter Höhe. Nicht gerade einsam hier oben, an die hundert Motorräder, Autos und Fahrräder rangeln um den begrenzten Platz auf dem Stilfser Joch, aber die Genugtuung lässt das vergessen.

Handliche Lenkung

Robin grinst breit, der Aufstieg hat ihm Riesenspaß gemacht. Die kleine KTM hat sich besser geschlagen als gedacht, dank des agilen Fahrwerks und des Leergewichts von nur 145 Kilogramm. Einzig die harte Sitzbank hat ihren Tribut gefordert, dabei war schon die angeblich bequemere Ergo-Sitzbank für 146,25 Euro montiert. Die 830 mm Sitzhöhe passen für Fahrer bis 1,85 Meter, darüber wird der Kniewinkel eng. Ansonsten ist die Sitzergonomie ausgesprochen gut gelungen.

Ein Beweisfoto für die Kumpels geschossen und wir machen uns wieder auf den Abstieg, diesmal über den Umbrail-Pass, der kurz unterhalb des Stilfser Jochs von Italien wieder in die Schweiz führt. Dort hat so manches Big Bike gar nichts mehr zu lachen. Auf der Passhöhe hatte eine Horde BMW-1200-Boxer-Fahrer das Leichtkraftrad noch belächelt. Kurz danach verfluchen sie die kleine 125er, als sie in den Serpentinen auf die gestandenen Herrenreiter aufläuft. Während die BMW-Fahrer mit fünf Zentnern Motorrad und ellenlangem Radstand kämpfen, huscht die leichte KTM in den Haarnadelkurven innen vorbei. 15 PS gegen 125 PS – und dennoch keine Chance für die Boliden.

Ausgewogenes Fahrwerk

Das Fahrwerk der 125 Duke ist bis auf die Vorspannung des Federbeins nicht einstellbar, funktioniert aber ordentlich, selbst auf holpriger Fahrbandecke. Wenn Robin bergab voll in die Eisen langt, federt die WP-Upside-down-Gabel zwar weit ein, aber das verändert die Lenkgeometrie noch mehr in Richtung Handlichkeit ohne dabei an Spurtreue einzubüßen. Der Vierkolben-Stopper von Bybre – dem indischen Tochterunternehmen der renommierten italienischen Marke Brembo – verzögert das Vorderrad über eine 320 mm große Bremsscheibe erfreulich zuverlässig und zeigt auch keine Fadingerscheinungen. Blockieren können sie nicht, denn selbstverständlich verfügt auch die kleinste KTM Duke über ein ABS. Das Zweikanal-ABS von Bosch lässt sich sogar ausschalten, aber das Sicherheitsplus möchte Robin in Anbetracht des teilweise sehr schlechten Asphalts nicht ungenutzt lassen.

Sparsamer Motor

Abends stehen 250 Kilometer auf dem Tageskilometerzähler, doch Robin braucht sich über die nächste Tankstelle noch keine Gedanken zu machen. Weniger als drei Liter Sprit rauschen durch die Einspritzdüse, was eine Reichweite von über 400 Kilometern bedeutet. Auch wenn der Kunststofftank gar nicht so groß wirkt, passen doch 13,4 Liter hinein.


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