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Der X-Faktor

Fahrbericht Mazda CX-30

Fahrberichte Gernot Goppelt
Mazda CX-30

Mazda geht gerne eigene Wege, auch beim neuen CX-30. Äußerlich eine Art SUV-Coupé, sind die inneren Werte vor allem von Komfort, vielen Sicherheitssystemen und sparsamen Motoren geprägt. Leistungssport ist seine Sache nicht.

„Warum heißt der CX-30 nicht CX-4?“, wollte einer der anwesenden Journalisten bei der Fahrpräsentation wissen. Schließlich sei das Modell zwischen dem CX-3 (Test) [1] und dem CX-5 (Test) [2] positioniert. Die Antwort: In China gebe es bereits einen CX-4, der Name ist also bereits vergeben.

Verwandtschaft

Der CX-30 nutzt die Plattform des aktuellen Mazda 3, ist also ein Kompakt-SUV des C-Segments. Auch sonst ist die Verwandtschaft zum kompakten 3 an vielen Stellen sicht- und spürbar: Er folgt derselben Designlinie, mit ein paar Unterschieden: Die Bodenfreiheit beträgt 175 statt 135 mm, untenrum ist der CX-30 üppig mit schwarzem Plastik beplankt und die C-Säule ist konventioneller gestaltet, sprich weniger Blech, mehr Glas. Der Kofferraum ist mit 430 versus 358 Liter deutlich größer, in einiger Zeit soll auch ein Cargo-System bestellbar sein, mit dem sich der Raum weiter unterteilen lässt.

So sportlich das Fahrzeug aussieht, es wird sicherlich auch Herrschaften gefallen, die gerne etwas höher einsteigen und sitzen. Interessanterweise sind Mazda 3 [3] und CX-30 (ohne Spiegel) mit 1795 mm gleich breit – und spätestens beim Einsteigen wirken sie fast wie Zwillinge. Beide eint die für meinen Geschmack äußerst gelungene Instrumententafel. Es ist ein hochwertig wirkendes Fahrercockpit im besten Sinne, mit vielen lederartigen Oberflächen, mit einem zugewandten, unaufdringlichen Zentraldisplay und hübsch gestalteten Bedienelementen.

Form und Funktion

Auch beim Bedienkonzept pfeift Mazda auf den Mainstream, nur zwei Beispiele: Erstens gibt es kein Touchscreen, das Zentraldisplay lässt sich ausschließlich per Dreh-Drücksteller bedienen. Das leuchtet insofern ein, als jede Versuchung entfällt, während der Fahrt mit dem Finger auf dem Bildschirm herumzurutschen. In der Praxis funktioniert das Mazda-Bedienkonzept auch wunderbar, mit einer Ausnahme: Eine Adresse im serienmäßigen Navi einzugeben, ist zeitraubend, weil jedes einzelne Zeichen per Drehrad gewählt werden muss. Insgesamt überwiegt aber der Eindruck, primäre, fahrrelevante Funktionen erschließen sich sofort und sind durchweg haptisch bedienbar, ohne dass man sich durch irgendwelche Menüs wühlen müsste.

Der Tacho sieht traditionell aus, ist es aber nicht. Mazda hat sich die Mühe gemacht, ein analoges Instrument samt räumlicher Darstellung zu simulieren, der zentrale Tacho ist von den links und rechts davon liegenden „echten“ Rundinstrumenten kaum zu unterscheiden. Überzeugend sind auch große Hilfsanzeigen wie für die verbleibende Reichweite, die ausgezeichnet abzulesen sind. Dazu gibt es serienmäßig ein sehr gut lesbares Head-up-Display, das die Windschutzscheibe als Projektionsfläche nutzt. Die wichtigsten Informationen werden darin ständig angezeigt, etwa Tempo, Navigationsanweisungen und Verkehrszeichen.

Ausstattungsprogramm

Überhaupt die Ausstattung: Selbst das Grundmodell mit 122 PS hat für 24.290 Euro Assistenten, für die man vor ein paar Jahren noch einige Tausender hinblättern durfte: Notbremsassistent, adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, Pre-Crash-System mit Bremseingriff, Spurhalteassistent mit Lenkunterstützung, Spurwechselassistent, Ausparkhilfe, Einparkhilfe hinten, Verkehrszeichenerkennung usw.

Allerdings versteht es Mazda auch, die Selection-Ausstattung für 1700 Euro schmackhaft zu machen, denn erst hier gibt es so schöne Dinge wie Klimaautomatik, Lenkradheizung, Rückfahrkamera, elektrische Heckklappe, Scheibenwischerenteiser etc. Mazda nimmt vermutlich zu Recht an, dass sich die meisten Kunden für diese Mehrausgabe entscheiden, zumal diese Voraussetzung für weitere Sonderausstattungen ist, etwa dem Bose-Soundsystem oder den Ledersitzen.

Damit zu einer Kuriosität, die Mazda 3 und CX-30 teilen: Wer eine verstellbare Lordosenstütze haben möchte, muss 1800 Euro in die Ledersitze investieren, die elektrisch verstellbar sind, einschließlich der Stütze, diese allerdings nur in horizontaler Richtung. Positiv wiederum bei der Stoffvariante, dass die Lehne zwar nur stufig einstellbar ist, die Sitzfläche aber vorn und hinten in der Höhe. Dafür gibt es vorne ein zusätzliches Rändelrad. Die Sitze sind generell vergleichsweise schlank geschnitten und auch ohne Lordosenstütze gut konturiert. Nur die fehlende stufenlose Verstellung der Lehne könnte mancher vermissen.

Ein bisschen Hybrid

Ich hatte die Gelegenheit, alle drei Motorisierungen des CX-30 auszuprobieren, zunächst die Variante mit Zweiliter-Benziner und 122 PS, den Scyactiv-G. Spontan fällt auf, wie leise und geschmeidig dieser Motor läuft. Hier zahlt sich offenbar aus, dass Mazda viel in die Geräuschdämmung und Entkoppelung investiert hat. Mit diesem Motor ist der CX-30 ein angenehmer Gleiter, nicht sportlich, aber ausreichend für den Alltag.

Die Handschaltung ist leichtgängig und exakt, gehört zum Besten, was man in dieser Klasse bekommen kann. Allerdings ist der Motor als Sauger so breitbandig fahrbar, dass man erst einmal die richtigen Schaltpunkte erspüren muss. Was dem Motor fehlt, ist der zweite Schub ab 3000/min, den die nicht mehr angeboten Version mit 165 PS zu bieten hatte. Mir gefiel auch die Wandlerautomatik sehr gut, weil sie spontan reagiert und dadurch ein subjektiv besseres Temperament zeigt, als es die Zahlen (11,2 vs. 10,6 s) aussagen. Allerdings steigt der Verbrauch um etwa 0,4 Liter gegenüber dem Handschalter und es sind 2000 Euro zusätzlich anzulegen.

Sonderweg

Die Benziner tragen den Zusatz „M Hybrid“ – soll heißen Mildhybrid, denn der mit einem Riemenstartergenerator gekoppelte E-Motor kann mit maximal 4,8 kW unterstützen, sofern die Batterie es hergibt. Die Li-Ion-Batterie fasst 216 Wh, damit lassen sich natürlich keine großen Sprünge machen. Mit dem 24-V-System geht Mazda einen eigenen Weg – ein Mini-Mildhybrid sozusagen. Von einer „Systemleistung“ redet Mazda übrigens gar nicht erst, der kleine Bonus-Schub fällt bei der Leistungsangabe des Benziners ehrlicherweise unter den Tisch.

Mehr oder weniger Selbstzündung

Schwer zu sagen, wie viele Kunden sich bei der derzeitigen Stimmungslage für den Diesel entscheiden werden. Es gibt nur den 1,8-Liter-Motor mit 116 PS. Der Skyactiv-D kostet 2300 Euro mehr als der Basis-Benziner. Der große Vorteil zeigt sich wie zu erwarten im Verbrauch. Im WLTP sind es 5,1 Liter, allerdings erstaunliche 0,9 Liter mehr mit Automatik. Akustisch hat der Diesel zwei Seiten: Beim gemütlichen Reisen bleibt er sehr dezent, unter Last vernimmt man leises Nageln, das aber nicht wirklich laut wird. Dank Turboaufladung wirkt der Diesel oft souveräner als der ähnlich leistungsstarke Benziner. Angesichts des andererseits engen nutzbaren Drehzahlbandes lohnt die Automatik hier besonders, nur eben nicht beim Verbrauch.

Star des Ensembles ist aber der Scyactiv-X-Motor, dem Mazda geringere CO2-Emissionen als einem vergleichbaren Dieselmotor attestiert. Der Motor mit Kompressionszündung und 180 PS benötigt mit Handschaltung im NEFZ 4,6 Liter Benzin. 5,9 Liter sind es im WLTP, also weniger als der ‚kleinere“ Motor mit 122 PS (6,2 Liter). Das sind sehr niedrige Werte, auch wenn das WLTP-Ergebnis darauf hindeutet, dass der Vorteil bei höheren Lasten etwas schrumpft. Wie der Realverbrauch tatsächlich ausfällt, wird sich in einem Test zeigen müssen, die Probefahrten genügten dafür nicht.

Das Arbeitsprinzip in aller Kürze: Ähnlich einem Benziner startet die Verbrennung des ungewöhnlich mageren Gemischs mithilfe einer Zündkerze, die aber nur eine Art Initialzündung liefert. Sie löst eine Kompressionszündung aus (SPCCI = Spark Controlled Compression Ignition [4]), die dem Brennverfahren im Dieselmotor vergleichbar ist, mit ähnlichen Vorteilen wie kühlendem Luftüberschuss und einer starken Entdrosselung. Der Einspritzdruck ist mit 700 bar ungewöhnlich hoch, das Verdichtungsverhältnis liegt wie bei einem modernen Dieselmotor bei 16,3:1. Damit hat Mazda nun seinen eigenen Diesel überholt, der im CX-30 mit lediglich 14,8:1 extrem niedrig verdichtet ist. Das Thema ist interessant und umfangreich genug, es in einen für später geplanten Artikel auszulagern.

Was bringt das?

Zunächst einmal einen praktisch konkurrenzfreien Verbrauch, für den allerdings auch ein Obolus von 3000 Euro im Vergleich zum Basisbenziner fällig wird. Eine weitere Stärke dieses Motors ist wie schon beim Skyactiv-G die auffällige Breitbandigkeit. Er ist fast ab Leerlaufdrehzahl fahrbar, kennt kein „Turboloch“, reagiert spontan und kontrollierbar auf das Gaspedal. Fast schnurgerade steigt die Leistungskurve von 1000 bis 6000/min an, aber der „Turboschub“ bleibt natürlich aus. Die 180 PS sind sicherlich vorhanden, doch was fehlt, ist sattes Drehmoment, das man unweigerlich mit dieser Leistung in Verbindung bringt. Am wohlsten fühlt sich der Motor bis etwa 4000/min, das Brennverfahren lässt sich bis in mittlere Drehzahlen kaum identifizieren. Darüber wird er deutlich kerniger als der 122-PS-Benziner. Wer ganz genau hinfühlt, wird feststellen, dass der Motor auch im Leerlauf ein bisschen rauher läuft als der vergleichbare Ottomotor – aber weicher als der Diesel.

Straffer Komfort

Das Fahrwerk ist eine gelungene Evolution dessen, was man von Mazda kennt: Tendenziell auf der straffen Seite, wirkt es deutlich besser gedämpft als jenes der Vorgänger-Plattform. Auch hier wirkt sich die verbesserte Schwingungsdämpfung wohltuend aus. Das Lenkverhalten ist exakt, ohne nervös zu sein. Die Seitenneigung ist gering, etwas auffälliger sind Nickbewegungen um die Querachse. Übrigens ist der Radstand mit 2655 mm seltsamerweise etwas kürzer angegeben als beim Mazda 3 mit 2725 mm.

Kurz hatte ich auch die Gelegenheit, die Allradversion zu fahren, die es für alle Benziner gibt. Außer besserer Traktion – natürlich – dient das Allradsystem der Möglichkeit, Drehmoment zwischen den Achsen zu verteilen, um querdynamisch auf das Fahrzeug einzuwirken. Die Drehmomentverteilung kann von 100:0 (vorne:hinten) bis 50:50 variiert werden. Zudem wirkt das System mit der bereits von Vorgängern bekannten G-Vectoring Control zusammen. Um das Fahrzeug zu stabilisieren, werden also drei Dinge kombiniert: die Längsverteilung von Drehmoment per schaltbarer Lamellenkupplung sowie bei Bedarf Brems- und Motormomenteingriffe.

Mazda will die Effizienz des Allradsystems um fast 70 Prozent verbessert haben. Tatsächlich beträgt der Mehrverbrauch beim 122-PS-Benziner im NEFZ 0,2 Liter, im WLTP etwa 0,6 Liter. Der Unterschied mag damit zusammenhängen, dass der WLTP dynamischer und mit höheren Lasten gefahren wird und die Allradkupplung häufiger geschlossen wird – aber vielleicht ist es auch einfach nur das Mehrgewicht von 1479 statt 1395 kg mit Fahrer/in (bei 122 PS).

Abschied vom Mehrlenker

Ungewöhnlich ist, dass auch das Allradsystem in Verbindung mit einer Verbundlenkerachse kommt. Nicht dass das ein Problem wäre, die Längswelle ist einfach unter der Querstrebe hindurchgeführt. Die Abkehr von einer Mehrlenkerachse bedeutet den Verzicht auf völlig unabhängige Federung und Dämpfung der beiden Hinterräder sowie den Verzicht auf eine Spur- und Sturzkorrektur. Aber natürlich – nicht umsonst haben es VW und Ford bei schwächeren Motorisierungen vorgemacht – ist die Verbundlenkerachse günstiger in der Herstellung.

Mazda findet jedoch, dass sich vertikal auf den Fahrzeugkörper einwirkende Kräfte sogar besser kontrollieren lassen als bei einer Mehrlenkeraufhängung. Ich finde: Man kann auch eine Verbundlenkerachse ordentlich machen, zumal Fahrdynamiksysteme heute vieles abfangen, was man früher rein mechanisch lösen musste. Ein weiteres Mazda-Argument ist, dass die achskinematisch herbeigeführten Spurkorrekturen einer Mehrlenkerachse gar nicht unbedingt wünschenswert seien, weil dadurch ein Lenkeffekt eintritt, der nicht vom Lenkrad ausgeht. Das widerspreche dem Streben nach transparenter Kontrolle, die Mazda so wichtig ist.

Zurück zum Fahreindruck: Die einfachere Hinterachse des neuen 3/CX-30 fährt sich komfortabler als die des Vorgängers, allerdings wird bei Kurvenfahrt auf schlechten Straßen gelegentlich spürbar, dass die Räder nicht völlig unabhängig voneinander auf die Straßenbeschaffenheit reagieren können. Im Alltagsbetrieb dürfte das kaum auffallen.

Attraktives Lockmittel

Insgesamt macht der CX-30 manches anders als andere und vieles gut. Was fehlt, ist ein bäriger Motor, wie es der 2,2-Liter-Diesel [5] war, der auch im neuen 3 nicht mehr angeboten wird. Umso mehr glänzt der CX-30 mit seinem Styling und der Ruhe, die er beim Fahren ausstrahlt. Dazu kommen die ungewöhnliche gute Sicherheitsausstattung und generell sparsame Motoren. Erster an der Ampel sein zu wollen, ist dem CX-30 dagegen fremd. So gesehen ist man eigentlich schon mit der Basismotorisierung gut bedient.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Mazda-CX-3-im-Fahrbericht-Erfolg-im-Kleinformat-2576388.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Mazda-CX-5-Skyactiv-G-194-3955529.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Erster-Fahreindruck-Mazda-3-Skyactiv-X-4477235.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Mazda-kuendigt-Raumzuendmotor-Skyactiv-3-an-3956928.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Mazda-6-2-2-Skyactiv-D-150-3505022.html