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Kleines Plus

Fahrbericht: Nissan Micra 1.0 IG-T

Fahrberichte Joaquim Oliveira; press-inform
Nissan Micra 1.0 IG-T

Nissan bietet im Micra ab sofort zwei stärkere Benziner an. Die Neuen machen ihre Sache gut, solange man sie nicht mit dem CVT koppelt. Doch ob sie dem zuletzt schwächelnden Absatz hierzulande auf die Füße helfen, scheint fraglich

Nein, das vergangene Jahr war für den Nissan Micra hierzulande kein gutes. Mit 7248 neu zugelassenen Autos brachen die Verkaufszahlen um fast die Hälfte ein. Dabei ist der Micra erst seit 2017 auf dem Markt. Zwei neue Motoren könnten dem Trend entgegenwirken, wir konnten sie schon ausprobieren.

Bisheriger Volumenmotor war ein Dreizylinder mit 898 cm³, der 90 PS und 140 Nm bei 2250/min zur Verfügung stellte. Die Entscheidung, ihn mittelfristig aus dem Programm zu nehmen, hat dieses Mal nichts mit veränderten Abgasnormen zu tun. In der Preisliste wird er mit der Abgasnorm Euro 6c geführt. Da er ins Saugrohr und nicht direkt in den Brennraum einspritzt, hätte er wohl problemlos auch die Euro 6d-Temp geschafft. Denn für Benziner mit Saugrohr-Einspritzung gab es seit der Euro 5 keine Verschärfung der Grenzwerte. Anders ausgedrückt: Ein Benziner mit Saugrohr-Einspritzung, der die Abgasnorm Euro 5 erfüllt, könnte problemlos auf die Euro 6d umgeschlüsselt werden – wenn der Hersteller dies wollte.

Mit Saugrohr- oder Direkteinspritzung

Ersetzt wird der kleine Dreizylinder durch zwei etwas größere, die sich technisch an entscheidender Stelle unterscheiden. Beide haben einen Liter Hubraum und einen Turbolader, doch die Version mit 100 PS spritzt wie gehabt ins Saugrohr ein, die mit 117 PS etwas stärkere Variante direkt in den Brennraum. Damit braucht letztere für die Abgasnorm Euro 6d-Temp einen Partikelfilter.

Gegenüber dem Vorgänger hat die Ausführung mit 100 PS nicht nur bei der Leistung, sondern vor allem beim Drehmoment kräftig zugelegt. 160 Nm sind es nun, die allerdings erst bei 2750/min anliegen. Schon die Werksangaben deuten darauf hin, dass die neue Maschine den Micra flotter antreibt. Den Standardsprint erledigt der Kleinwagen nun in 10,9 statt 12,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 184 statt 175 km/h. Dieser Zuwachs bestätigt sich auch in der Praxis. Bescheinigte mein Kollege Christian Lorenz dem bisherigen Dreizylinder im Test eine gewisse Zähigkeit [1], wirkt der Nachfolger viel befreiter. Den meisten Interessenten dürfte die 100-PS-Variante ausreichen, die den knapp 1,2 Tonnen schweren Fronttriebler gut motorisiert und in jedem Drehzahlbereich weitgehend frei von jenen Vibrationen ist, die man von vielen Dreizylindermotoren kennt.

17 PS Mehrleistung fällt im Alltag kaum auf

Nochmals mehr Temperament verspricht die Version mit 117 PS, für die Nissan 9,9 Sekunden im Standardsprint, 195 km/h und 5 Liter im WLTP als Eckdaten nennt. Wir meinen, dass die Variante mit 100 PS den Micra ausreichend flott antreibt und würden die 1000 Euro Aufpreis anderweitig investieren.

Für 1200 Euro bietet Nissan im 100-PS-Micra ein CVT an. Der Automatikanteil soll sich mit dem neuen CVT innerhalb von drei Jahren von 12 auf über 30 Prozent beinahe verdreifachen. Das könnte schwierig werden: Solange man den Kleinwagen damit gleiten lässt, passt das ganz wunderbar zu einem entspannten Fahren. Fordert man vom Micra jedoch eine flotte Gangart, verliert das neu entwickelte Getriebe seine Gelassenheit. Gefühlt dreht der Motor zunächst hoch und beginnt erst dann, das Auto fühlbar zu beschleunigen. Der ähnlich motorisierte Honda Civic (Test) [2] beweist, dass es nicht am CV-Getriebe liegen muss: in diesem Auto fühlt sich das ungleich schlüssiger an. Die Abstimmung im Nissan ist gewöhnungsbedürftig, und auch dem Temperament tut das stufenlose Getriebe nicht gut. Den subjektiven Eindruck bestätigen die Werksangaben: Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert hier mehr als zwei Sekunden länger als in der Version mit Schaltgetriebe.

Passabel gedämmt und ziemlich straff gefedert

Der Rest des Micra blieb unverändert. Der Käufer bekommt einen ordentlich zusammengebauten Kleinwagen mit üblichem Platzangebot, der passabel gedämmt und ziemlich straff gefedert ist. Wir würden uns hier eine größere Nachgiebigkeit wünschen. Auch bei den Sitzen bleibt hinsichtlich der Bequemlichkeit noch Raum für Verbesserungen.

Nissan bietet für den Micra fünf Ausstattungslinien und zwei Sondermodelle. Das Basismodell kostet 11.990 Euro und ist nichts anderes als ein Preislistenbeschöniger. Denn eine Klimaanlage gibt es für die Version nicht einmal gegen Zuzahlung. Die Zahl derer, die das akzeptieren, dürfte selbst in dieser Klasse überschaubar sein. Wer sich für einen der neuen Motoren interessiert, muss ohnehin in anderen Dimensionen kalkulieren. Ab 15.390 Euro ist der Micra mit 100 PS zu haben, das sind 200 Euro mehr als für die Maschine mit 90 PS, deren Restbestände noch abverkauft werden. Die Ausstattungslinie nennt sich dann „Visia Plus“ und lässt durchaus noch Wünsche offen. Die nächste Stufe in der Hierarchie heißt „Acenta“ und kostet 1800 Euro mehr.

Sämtliche Kosten für Reise, Verpflegung und Kraftstoff wurden von Nissan übernommen.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Erste-Ausfahrt-Nissan-Micra-1-0-3917215.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Honda-Civic-1-0-VTEC-Turbo-CVT-3898332.html