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Fahrbericht: Peugeot 208 mit neuem Turbo-Dreizylinder

Druckzwerg

Fahrberichte Marcel Sommer
Peugeot

Peugeot hat den Kleinwagen 208 leicht überarbeitet. Wichtiger als die wenigen optischen Retuschen erscheint der neue Antrieb. Den bekannten Dreizylinder gibt es nun auch mit Turbolader. Wie fährt sich dieser Motor in Verbindung mit der ebenfalls neuen Automatik?

Graz, 1. Juni 2015 – Der aktuelle Peugeot 208 wurde in eine schwierige Zeit hineingeboren, denn genau dort, wo französische Autohersteller in der Vergangenheit besonders erfolgreich waren, lag der Absatz danieder. Drei Jahre nach seiner Vorstellung hat Peugeot den Kleinwagen ein wenig überarbeitet. Wir konnten kurz vor der Händler-Premiere eine kleine Runde mit ihm drehen.

Die optischen Veränderungen halten sich in engen Grenzen. Neu sind die Stoßfänger und Leuchten vorn und hinten sowie der Kühlergrill. Das fällt im direkten Vergleich zwar durchaus auf, von einem neuen 208 zu sprechen halten wir aber für etwas übertrieben.

Aufgeladen

Wichtiger als erscheint uns, was Peugeot bei den Motoren gemacht hat. Noch recht neu im Programm des 208 ist ein 1,2-Liter-Dreizylinder mit Turbolader. Er basiert auf den bekannten Dreizylindern mit 68 und 82 PS, die in ihren Leistungsklassen zu den guten Motoren dieses Segments gehören. Sie kommen ohne Aufladung aus, was unterhalb von 90 PS in dieser Klasse normal und auch bewusst so gewählt ist. Für den vorwiegenden Einsatz im Kurzstreckenbetrieb ist ein Turbolader, der für eine lange Lebensdauer ja sorgsam warm- und auch wieder kaltgefahren werden sollte, nicht optimal.

Oberhalb von 90 PS setzen dagegen fast alle Hersteller inzwischen auf aufgeladene Motoren. Peugeot hatte bisher einen 120-PS-Sauger im Angebot, der nun von dem Dreizylinder mit 110 PS ersetzt wird. Wir haben ihn in Verbindung mit der ebenfalls neuen Wandlerautomatik von Aisin ausprobiert. Recht gut vergleichen lässt sich der Antriebsstrang mit dem des Polo 1.0 TSI mit 110 PS. Der Franzose bietet ein maximales Drehmoment von 205 Nm bei 1500/min, beschleunigt in minimal 10,7 Sekunden von 0 auf Tempo 100 und schafft maximal 194 km/h. Den Verbrauch im NEFZ gibt Peugeot mit 4,8 Litern an. Der VW mit DSG bringt 200 Nm zwischen 2000 und 3500/min, beschleunigt in 9,3 Sekunden und erreicht 197 km/h. Der Verbrauch im NEFZ soll bei 4,4 Litern liegen.

Abseits dieser Zahlenspiele lässt sich dem Peugeot ein lebhaftes Wesen bescheinigen. Er wirkt sehr agil und bietet im Alltag meistens jene Reserven, die dem Fahrer das angenehme Gefühl geben, die Maschine nicht permanent ausquetschen zu müssen. Bei gleichmäßiger Geschwindigkeit hält sich Antrieb auch akustisch zurück, beim Beschleunigen tönt er etwas kernig – was sympathisch klingt.

Automatik: keine Empfehlung

Für verbesserungswürdig halten wir aber das Zusammenspiel mit der Automatik, die dem Motor einiges an Elan nimmt. Gut ablesen lässt sich das an der Beschleunigung im Standardsprint. Die absolviert die Version mit Schaltgetriebe im Bedarfsfall in 9,6 Sekunden und damit deutlich flotter als die Automatikvariante. Wird die Wandlerautomatik zu flinken Gangwechseln genötigt, fallen die zudem kurze Schaltpausen und beim Herunterschalten kleine Ruckler auf. So angenehm die Automatik im Stadtverkehr zuweilen auch ist: Wir würden die 1250 Euro anderweitig investieren.

Der Rest des 208 ist wohlbekannt und blieb mit dem Facelift unverändert: Das Platzangebot entspricht dem, was ähnlich lange Konkurrenten auch bieten. Lenkung und Federung sind ordentlich abgestimmt, ohne irgendwo neue Bestmarken zu setzen. Die Verarbeitung wirkt viel solider als zu früheren Zeiten, was auch kein Wunder ist, denn eine Massenmarke darf sich in dieser Hinsicht keine Luschigkeit mehr erlauben. Ungewöhnlich ist die Anordnung des Kombiinstruments über und nicht hinter dem Lenkrad. Entgegen den Versprechungen ist das nicht für jede Statur optimal einzusehen. Kritik gibt es von unserer Seite auch am Bildschirm in der Mittelkonsole, der leider nicht immer so spontan reagiert, wie man sich das wünscht. Das funktioniert in aktuellen Volkswagen besser. Wenigstens ist die Bedienung im 208 auch ohne Anleitung leicht zu verstehen.

Überdenkenswert finden wir auch die Strategie, den neuen 110-PS-Dreizylinder nur in Verbindung mit der teuren Allure-Ausstattung anzubieten. Die ist zwar umfangreich ausstaffiert und damit durchaus fair kalkuliert, doch mit der mittleren Version Active würde der Kunde 1400 Euro sparen – in dieser Klasse eine ganze Menge, zumal auch hier nichts Existenzielles fehlt. So müssen Käufer, die den 208 mit der neuen Maschine haben wollen, mindestens 18.000 Euro mitbringen. Die Zahl derer, die soviel Geld für einen Kleinwagen ausgeben, dürfte sich in engen Grenzen halten, was schade ist, denn die neue Kombination wirkt sehr gelungen.

Opel und Skoda sind in dieser Hinsicht geschickter: Corsa und Fabia sind mit ähnlich kräftigen Motoren und mittlerer Ausstattung für jeweils knapp über 16.000 Euro zu haben. Wollte Peugeot dem 110-PS-Motor zu einer größeren Verbreitung verhelfen, müsste man die Entscheidung „starker Motor = luxuriöse Ausstattung“ vermutlich also nochmals überdenken.

Kosten für Reise, Probefahrt und Verpflegung wurden vom Hersteller übernommen.


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