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Der neue Skoda Octavia RS 230 im Fahrbericht

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Fahrberichte Wolfgang Gomoll
Skoda Octavia RS 230

(Bild: Skoda)

Der Octavia RS hat einen großen Fankreis: Rund 75.000 konnte Skoda in den vergangenen zwei Jahren verkaufen. Das Sondermodell RS 230 schärft die stärkste Version nun nochmals ein wenig nach - zu verschenken hat man bei Skoda allerdings nichts

Bratislava, 4. September 2015 – Der aktuelle Octavia RS ist so etwas wie ein heimlicher Star im Programm. Skoda selbst hat die Nachfrage anfangs massiv unterschätzt und viele Kunden mit monatelangen Lieferzeiten gequält. Inzwischen wurden die Kapazitäten erhöht, die Wartezeiten liegen wieder in einem halbwegs normalen Rahmen. Gespannt darf man sein, wie die Kudnen die nachgeschärfte Version in Form des Octavia RS 230 aufnehmen. Uns stand der Wagen für eine kleine Proberunde bereits zur Verfügung.

Kleiner Vorsprung

Die Maschine mit dem internen Code EA 888 ist bereits aus dem Golf GTI mit Performance-Paket bekannt. Die versprochenen Fahrleistungen können sich sehen lassen: von null auf 100 km/h vergehen minimal 6,7 Sekunden (Limousine mit Schaltgetriebe), das maximale Drehmoment von 350 Nm liegt zwischen 1500/min und 4600/min an. Der Langhuber ist mit 9,6 : 1 verdichtet. Bei der Probefahrt bestätigt sich, was die Werte suggerieren: Der stärkste Octavia ist bei Bedarf enorm flink, was freilich auch für das Serienmodell mit 220 PS gilt. Es bleibt nur 0,1 Sekunden im Standardsprint zurück, auch in der Höchstgeschwindigkeit sind die Unterschiede marginal. Beim Verbrauch trennt die beiden dagegen nichts: Im NEFZ sind die Versionen mit Schaltgetriebe mit 6,2 Litern angegeben, mit dem aufpreispflichtigen Doppelkupplungsgetriebe sind es 6,4 Liter. Skoda setzt hier ein Sechsgang-DSG mit nassen Kupplungen ein.

Positiv fällt auf, wie gut der Skoda seine Leistung auf die Straße bringt. Er kommt in den Genuss der elektrohydraulisch angesteuerten Visco-Vorderachs-Sperre, die viele Komponenten einer Haldex-Kupplung hat. Die Vorteile dieses Differentials wirken sich positiv auf die Fahrdynamik aus. Ganz verzichten wollen die Tschechen aber auf das XDS+, das sonst mit Bremseingriffen für Dynamik sorgt, nicht. Das erweiterte ESP hilft dem Skoda Octavia beim Anfahren auf sehr glatten Oberflächen, wie Eis oder Schnee. Wenn es schneller zur Sache und um die Ecken geht, übernimmt dann die Quersperre. Das Zusammenspiel der beiden Agilitätssysteme funktioniert prächtig. Selbst in heiklen Ecken reagiert der Octavia extrem gutmütig und kündigt den Grenzbereich überdeutlich durch ein Scharren der Vorderräder an. Bei Fahrten auf der Nordschleife hängte das Fahrzeug mit der Differentialsperre das ohne diese Dynamikhilfe um elf Sekunden ab, was 500 Metern entspricht.

Im Vergleich zum Top-GTI ist die Anregelung der Sperre auch nicht ganz so spitz. Der Skoda ist etwas braver, eben friedfertiger, was nicht immer ein Nachteil sein muss. Leider gibt es bei dem Tschechen-Sportler keine Schaltwippen. Auch die Bremse (17-Zoll-Scheiben vorne und 15-Zoll-Scheiben hinten) überzeugt im harten Einsatz nicht restlos. Der Weg bis zur Bremswirkung ist zu lang und der Druckpunkt zu indifferent, sodass sich die Verzögerung nicht exakt dosieren lässt.

Die Lenkung ist zwar präzise, könnte aber auch etwas straffer agieren. Bei den Fahrmodi gibt es keine Überraschungen: Wer auf den RS-Knopf drückt, schaltet den Octavia „scharf“. Allerdings wirken sich die Veränderungen der Kennlinien nicht auf die Dämpfer aus, da es das adaptive Fahrwerk erst ab dem nächsten Jahr für den Octavia gibt. Das ist aber nicht weiter schlimm, da das Sportfahrwerk, das den RS 230 15 Millimeter tieferlegt, einen guten Job macht. Es ist straff, aber nicht zu hart.

Hoher Expresszuschlag

Der Rest des Octavia ist wohlbekannt. Er bietet viel Platz, ist ordentlich verarbeitet und eigentlich auch halbwegs fair eingepreist. Für das Sondermodell RS 230 gilt das allerdings nur bedingt, denn Skoda berechnet hier einen satten Aufschlag von 3000 Euro gegenüber dem normalen RS. Auch wenn er im Detail geringfügig besser ausgestattet ist, zeigt dies, dass auch „heiße“ Autos von kühlen Rechnern kalkuliert werden. Und so hofft man bei Skoda, dass sich im großen RS-Fankreis viele finden, denen ein kleiner Vorsprung viel wert ist.


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