zurück zum Artikel

Der neue Leon wirkt gedrungener, schärfer, irgendwie knackiger

Frisch gepresst: der neue Seat Leon

News ghe/ggo

Der neue Seat Leon ist da. Das Kompakt­wagenmodell aus Spanien nutzt die Technik des Golf VII. Der Leon wird kürzer und dennoch geäumiger und bietet neue Technik bis hin zu den ersten Voll-LED-Scheinwerfern der Klasse

Weiterstadt, 16. Juli 2012 – Seat stellt den neuen Leon vor, es wurde auch Zeit – nicht weil wir das zu bestimmen haben, sondern weil der Leon den Kern der Marke bildet: sportlich, jugendlich, mediterran, niedersächsisch nur da, wo es im Verborgenen wirkt – hochseriöse Technik in südländischer Montur eben. Der neue Leon war überfällig, denn abgesehen vom Ibiza hat Seat derzeit nur den Leon, um sein Markenimage zu pflegen. Die biederen Toledo, Mii oder Exeo können das nicht leisten. Der Auftrag könnte etwa so gelautet haben: Schärft das Profil des Leon, macht ihn aber auch ein wenig mehrheitsfähiger, um die Zielgruppe nicht zu sehr einzugrenzen (dazu passt es, dass der Leon ja auch als Kombi kommen soll). Und seht zu, dass der Leon weiter ein preiswertes Auto bleibt, aber sorgt auch dafür, dass er nicht billig aussieht. Unter dem "Hut" dagegen gibt es ohnehin wenig zu verändern, technisch ist der Leon im Prinzip ein Golf VII mit kleinen Audi-Anleihen wie dem 1.8 TSI [1].

Schärfer, mehr Radstand

Der neue Leon ist mit 4,26 Metern fünf Zentimeter kürzer als sein Vorgänger. Dennoch wuchs der Radstand um sechs Zentimeter, was die Überhänge verkürzt und für mehr Platz im Innenraum sorgt. Der Kofferraum wächst gegenüber dem Vorgängermodell um zirka 40 auf jetzt 380 Liter. Da fragt man sich unwillkürlich, wo der Haken ist, doch wahrscheinlich habe wir es hier schlicht mit einer besseren Raumausnutzung zu tun, die nicht einmal den Hinterbänklern zum Nachteil gereichen wird. Der Leon nutzt wie der Golf VII den modularen Querbaukasten (MQB) des Konzerns, der im Übrigen auch Gewicht spart.

Die Proportionen des Leon haben sich auf jeden Fall geändert, er wirkt gedrungener, schärfer, irgendwie knackiger. Auffällig sind die scharfen, unterbrochenen Lichtkanten an den Seiten, die an ein oben spitz zulaufendes Dreieck erinnernden C-Säulen und die beinahe niedlichen hinteren Seitenfenster. Wer genau hinschaut, entdeckt auch das überarbeitete Seat-Logo an Front und Heck. Das "S" wurde entschnörkelt: Es wird nicht mehr von zwei, sondern nur noch von einem Streifen durchbrochen. Wir freuen uns übrigens, dass endlich auch einmal ein Spanier verantwortlich "Hand angelegt " – Alejandro Mesonero-Romanos heißt der Chefdesigner, der 2011 Luc Donckerwolke nachfolgte. Das Grunddesign wird freilich noch der Belgier bestimmt haben, dessen Vorliebe für den etwas zackigeren Strich auch schon beim Ibiza zu erkennen war.

Mit dem neuen Design hat Seat kommentarlos auch das gut gemeinte Scheibenwischersystem des Vorgängers entschlafen lassen. Seine Scheibenwischer lagen in Ruhestellung an der A-Säule an, leider aber nicht immer zuverlässig, sodass sie teilweise im Sichtfeld lagen, dem Pedanten ein Dorn im Auge. Noch schlimmer ist es übrigens beim Altea, bei dem die Scheibenwischer in einer Nut an der A-Säule verschwinden. Im Winter erweist sich dieses System oft als untauglich, weil sich der Wischer seine eigene Ruheposition mit Schnee vollstopft. Wie auch immer: Der neue Leon hat wieder ganz normale Scheibenwischer, eine gute Entscheidung, auch im Hinblick auf die Variantenvielfalt im Konzern.

Voll-LED-Scheinwerfer

Nicht ohne Stolz weist Seat darauf hin, dass der neue Leon der erste Kompaktwagen mit Voll-LED-Scheinwerfern ist. " Die auf Wunscherhältlichen LED-Scheinwerfer "verleihen dem Gesicht des Leon einen unverwechselbaren Ausdruck, gerade auch durch ihr signifikantes Tagfahrlicht", heißt es, was unserer Einschätzung nach aber eher sekundär ist. Viel spannender wird es zu erfahren, wie genau der Voll-LED-Scheinwerfer technisch umgesetzt wurden. Denn ein wesentlicher Vorteil dieser Technik – außer der angenehmen Farbtemperatur – besteht ja darin, das Licht genau führen zu können, ohne dabei irgendwelche mechanischen Elemente verstellen zu müssen. Welche Fähigkeiten die LED-Scheinwerfer des Leon genau haben, hat Seat noch nicht mitgeteilt.

Mehr Platz, mehr Multimedia

Im letzten Leon war die Instrumententafel von abgerundeten und fast etwas zu sachlichen Formen geprägt, nicht viel anders wirkten die Türverkleidungen. Die Wahl und Verarbeitung der Kunststoffe wirkte unbeholfen, manch einem Neuwagen musste man erst einmal das Knistern austreiben. Die kleine Hutze über den Instrumenten war eine Fehlkonstruktion, speziell in der silbernen Variante spiegelte sie sich je nach Sonnenstand unangenehm in der Frontscheibe. Das Problem scheint behoben zu sein, wie überhaupt die ganze Instrumententafel an formaler Schärfe gewonnen hat. Zur gebauten Qualität wird man natürlich erst etwas sagen können, wenn der Wagen auf die Straße kommt.

Drei Multimedia-Systeme stehen für den neuen Leon zur Verfügung. Als Einstieg gibt es das System "Touch" mit Fünfzoll-Monitor, CD-Radio und Kartenleser. Bei den Ausstattungslinien Style und FR ist dann das System "Colour" dabei, welches sich per Bluetooth, USB und Aux-in mit externen Geräten koppeln lässt. Auch hier beträgt die Bildschirmdiagonale fünf Zoll. Die Top-Lösung stellt das System "Plus" dar. Damit gibt es zum einen einen 5,8-Zoll-Bildschirm, zum anderen ein integriertes Navi und einen iPod-Anschluss. Optional sind noch ein DAB-Tuner zum Empfang digitaler Rundfunkprogramme und eine Spracherkennung verfügbar.

Viele Assistenten

Der neue Leon lässt sich mit vielen Fahrassistenten ausstatten, wie es bei neu erscheinenden Fahrzeugen dieser Klasse eben üblich ist. So überwacht ein Müdigkeitswarner die Konzentration des Fahrers und ein Fernlicht-Assistent schaltet mithilfe einer im Innenspiegelfuß integrierten Kamera das Fernlicht selbstständig ein oder aus. Zudem schützt ein Spurhalteassistent durch einen korrektiven Lenkeingriff vor dem unbeabsichtigtem Verlassen der Spur.

Leichter, ausgewogener

Beim Fahrwerk verweist Seat auf den verlängerten Radstand, der durch eine Vorverlegung der Vorderachse um vier Zentimeter eine ausgewogenere Gewichtsverteilung mit sich bringen soll – genaue Werte nennt der Hersteller allerdings noch nicht. Und: Der Wagen wurde nicht nur kürzer, sondern auch leichter. Je nach Ausstattung konnten bis zu 90 Kilogramm gegenüber dem Vorgänger abgespeckt werden. Als Lenkung kommt wie bisher ein elektromechanisches System zum Einsatz. Die Vorderachsaufhängung besteht aus einer McPherson-Achse mit Hilfsrahmen, hinten kommt bei Motorisierungen bis 150 PS interessanterweise eine Verbundlenkerachse zum Einsatz. Sie ist deutlich preisgünstiger als Mehrlenkerachsen, die in der Kompaktklasse seit Einführung des Ford Focus en vogue wurden. Leistungsstärkere Modelle werden mit einer Vierlenker-Konstruktion ausgerüstet, bei der die auf einer Seite wirkenden Kräfte nicht die andere Seite beeinflussen.

Fahrmodus-Schalter für FR

Die Ausstattung FR bekommt einen Fahrmodus-Schalter, der die Einstellungen Eco, Comfort und Sport erlaubt. So werden die Lenkunterstützung, die Gasannahme und per Soundaktuator der Motorklang verstellt. Per Individual-Einstellung lassen sich verschiedene Eigenschaften nach eigenen Wünschen kombinieren. Das ist gut so, denn es ist keinem geholfen, wenn wie etwa beim Alfa Romeo Giulietta erfahren eigentlich keines der Standard-Angebote komplett überzeugen kann. Der Fahrmodus im Leon beeinflusst sogar die LED-Ambientebeleuchtung des Innenraums: Sie wechselt bei Sport von Weiß nach Rot.

Keine Sauger mehr

Der neue Leon wird von Benzin- und Dieselmotoren mit 1,2 bis 2,0 Liter Hubraum in einer Leistungsspanne von 86 bis 184 PS angetrieben, allesamt mit Direkteinspritzung und Turboaufladung. Laut Hersteller sind die Verbräuche gegenüber den Vorgänger-Varianten um bis zu 22 Prozent gesunken. Den 1.6 TDI gibt es mit 90 und 105 PS. In der optionalen Ecomotive-Ausführung sind ein Start-Stopp-System und eine Bremsenergie-Rückgewinnung mit an Bord. Der Durchschnittsverbrauch liegt hier nach Werksangaben bei 3,8 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Den 2.0 TDI gibt es mit 150 PS und 320 Nm, sowie als Topdiesel mit 184 PS und 380 Nm Drehmoment. Die 150-PS-Variante soll sich in der Ecomotive-Version mit 4,0 Liter pro 100 Kilometer zufrieden geben.

Als Einstiegsbenziner fungiert der 1.2 TSI mit 86 PS – im Vergleich zum bisherigen Saugermit 1,4 Liter Hubraum wirkt er deutlich ruhiger und souveräner, wie wir schon bei anderen Konzernmodellen feststellen konnten. Das Aggregat gibt es im Leon auch in der Ausführung mit 105 PS. Der nächstgrößere 1.4 TSI leistet dann 122 PS – ebenfalls weit verbreitete Konzernware. Beim Spitzenbenziner 1.8 TSI mit 180 PS werden Direkt- und Saugrohr-Einspritzung kombiniert. Der Motor ist wie sein Vorgänger eine Audi-Entwicklung. Abhängig von der Motorisierung stehen insgesamt vier verschiedene Getriebe zur Verfügung. Es gibt manuelle zu bedienende Schaltungen mit fünf oder sechs Gängen und das Doppelkupplungsgetriebe DSG mit sechs oder sieben Stufen.

Ab Ende 2012 zu haben

Der Öffentlichkeit vorgestellt wird der neue Leon auf dem Pariser Autosalon (29. September bis 14. Oktober 2012). Die Auslieferung beginnt im vierten Quartal 2012. Zu den Preisen macht Seat noch keine Angaben. Das aktuelle Modell startet bei 15.600 Euro. Es dürfte Seat allerdings ziemlich schwer fallen, die derzeitigen Preise zu halten: Der noch aktuelle Leon wurde bei seinem Facelift zum Teil deutlich preisgünstiger und zählte zu den preisgünstigsten Angeboten seines Segments. Derzeit wird er übrigens zu besonders günstigen Konditionen angeboten, die ihn geradezu zu einem Schnäppchen machen.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1641615

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Der-neue-1-8-TFSI-von-Audi-1321362.html