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Osnabrücker Zulieferer hofft auf Erhalt des Bereichs Dachsysteme

Karmann meldet Insolvenz an

News ggo

Bei seinen Versuchen, neue Aufträge für die Automobilfertigung zu bekommen, hatte Karmann zuletzt kein Glück. Nun drohte die Zahlungsunfähigkeit

Osnabrück, 8. April 2009 – Der Autozulieferer und Auftragsfertiger Karmann hat einen Insolvenzantrag gestellt. Nach Angaben des Unternehmens droht aufgrund der Krise in der Automobilbranche und der Sozialplanverpflichtungen Zahlungsunfähigkeit. Vom Insolvenz­verfahren erhofft sich Karmann eine Chance auf eine geordnete Restrukturierung und die Möglichkeit, neue Investoren zu gewinnen. Nach einem Sanierungskonzept vom September 2008 hatte die Unternehmensführung für das Geschäftsjahr 2009 noch ein ausgeglichenes Ergebnis vorgesehen. Doch die weltweite Finanzkrise und der dramatische Einbruch der Automobilnachfrage habe diese Planung zunichte gemacht. Vor allem die Auslaufprogramme der bei Karmann produzierten Gesamtfahrzeuge seien drastisch gekürzt worden.

Autobauer ohne Kunden
Bereits im vergangenen September war berichtet [1] worden, dass Karmann sich voraussichtlich komplett vom Fahrzeugbau verabschieden wolle und sich auf das zweite wichtige Standbein konzentrieren wolle, die Entwicklung und Fertigung von Dachsystemen. Zuvor hatte es mehrere Rückschläge bei der Gewinnung von Neuaufträgen gegeben. Schon Ende 2007 war dem Unternehmen ein Auftrag von BMW entgangen, der stattdessen an Magna Steyr vergeben [2] wurde. Anfang 2008 sah es so aus, als ob bei Karmann der Elektrotransporter „Eco Carrier“ gebaut werden solle. Im darauffolgenden Oktober kam dann die Mitteilung [3], dass die Firma EcoCraft sich stattdessen mit Volkswagen auf eine Auftragsfertigung geeinigt habe.

Karmann meldet Insolvenz an

Geordneter Rückzug
Erst im vergangenen Februar gab es wieder einen kleinen Lichtblick: In Kooperation mit dem norddeutschen Stromversorger EWE wolle man Elektroautos bauen [4], sogar die komplette Entwicklung sollte demnach bei Karmann erfolgen. Ob aus diesem Projekt noch etwas wird, ist vorläufig unklar. Das Insolvenzverfahren wird wohl dazu führen, dass tatsächlich nur noch der Bereich Dachsysteme als erhaltenswert betrachtet wird. Vielleicht gilt diese auch für die technische Entwicklung, in der auch noch kleinere Fahrzeugentwicklungsprojekte denkbar wären. Das Land Niedersachsen hat bereits seine Bereitschaft zur Hilfe bekundet. Es bestehe die Chance auf eine Transfergesellschaft für die Beschäftigten, zitiert die Süddeutsche Zeitung eine Sprecherin der Staatskanzlei. Nach Angaben der IG Metall sind 3470 Arbeitsplätze betroffen.

Chance Insolvenz?
Karmann ist in der Vergangenheit mehrfach vorgeworfen worden, es sich in der Rolle des Auftragsfertigers zu bequem gemacht zu haben. So habe man es letztlich verpasst, die Entwicklungskompetenzen auszubauen, schließlich war demnach auch kein Investor mehr für das Unternehmen zu begeistern. Insofern mag die Insolvenz vielleicht sogar neue Chance bieten. Bei den Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern hat der Insolvenzverwalter hoffentlich mehr Glück als die bisher Verantwortlichen. Das Unternehmen sei im Kern sanierungsfähig und praktisch frei von Bankkrediten, heißt es bei Karmann, auf eine hoffnungslose Finanzsituation ist der Niedergang demnach nicht zurückzuführen.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-449955

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Karmann-Ende-des-Fahrzeugbaus-und-weitere-Massenentlassungen-476061.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/BMW-laesst-MINI-Sports-Activity-Vehicle-bei-Magna-Steyr-bauen-475629.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Karmann-verliert-Auftrag-fuer-den-Eco-Carrier-476121.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Karmann-baut-Elektroautos-fuer-Stromversorger-EWE-476237.html