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Asiaten mit 65-PS-Benziner für rund 10.000 Euro

Minis im Vergleich: Suzuki Splash vs. Kia Picanto

Fahrberichte is
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Umweltzonen und die Abwrackpräme lassen manchen, der noch nie einen Neuwagen gekauft hat, umdenken. Wir haben uns unter den Kleinstwagen um 10.000 Euro umgesehen und den Suzuki Splash dem Kia Picanto gegenübergestellt

München, 19. Januar 2009 – Mit der steigenden Zahl von Umweltzonen und erst recht, seit die Halter älterer Autos mittels einer staatlichen Prämie bei Verschrottung des Altautos zum Kauf eines Neuwagens bewegt werden sollen, wird manch einer, der sich bislang mit Gebrauchtautos beschieden hat, intensiver über eine Neuanschaffung nachdenken. Immerhin beträgt die Abwrackprämie [1] für einen Pkw, der vor dem 14. Januar 2000 erstmals zugelassen worden ist, 2500 Euro, und sie wird sogar für Jahreswagen gewährt. Da kommt ein Kleinwagen mit einem Listenpreis um 10.000 Euro auch für schmalere Geldbeutel durchaus in Reichweite. Wir haben uns zwei preisgünstige Minis mit 65-PS-Benziner einmal genauer angesehen: Den überarbeiteten Kia Picanto 1.1 Cool aus Korea und den japanischen Suzuki Splash 1.0 Comfort.

Motor / Getriebe

Der Splash ist mit drei verschiedenen Motoren erhältlich: zwei Benziner und ein Diesel sind im Angebot. In unserem Testfahrzeug arbeitet ein 1,0 Liter kleiner Dreizylinder mit einer Leistung von 65 PS. Das maximale Drehmoment von 90 Newtonmetern steht bei 4800 U/min zur Verfügung. Für den Referenzspurt benötigt der Suzuki 14,7 Sekunden, und bei 160 km/h erreicht er die Höchstgeschwindigkeit. Der Picanto wird aussschließlich mit einem 65 PS starken 1,1-Liter-Vierzylinder angeboten, der es auf ein Drehmoment-Maximum von 97 Newtonmetern bei 2800 U/min bringt. In 15,1 Sekunden läuft er von 0 auf Tempo 100, die Spitzengeschwindigkeit beträgt 154 km/h.

Überraschend spritzig

Beim Ampelstart überrascht uns der Splash mit seiner Spritzigkeit. Der Picanto hingegen legt einen enttäuschend schlappen Start an den Tag. Um ähnlich flott zu spurten wie der Suzuki, muss man den kleinen Kia ordentlich treten und spät hochschalten. Die 97 Newtonmeter maximales Drehmoment sind nach dem Empfinden des Fahrers erst bei über 3500 U/min erreicht. Anders sieht das Kräfteverhältnis auf der Autobahn aus, dort beschleunigt der Picanto deutlich kraftvoller und hängt den Splash ohne weiteres ab.

Minis im Vergleich: Suzuki Splash vs. Kia Picanto

Was taugen die Getriebe?

Beide Fahrzeuge sind mit einer manuellen Fünfgang-Schaltung ausgestattet, optional ist für beide aber auch eine Viergang-Automatik erhältlich. Beim Splash sitzt der Schalthebel weit oben auf der Mittelkonsole – somit muss man die rechte Hand während der Gangwechsel nur minimal vom Lenkrad wegbewegen. Beim Picanto ist der Schaltknauf hingegen auf dem Mitteltunnel befestigt. Die Schaltwege und der Hebel sind relativ lang geraten – so bekommt man beim Einlegen des zweiten, vierten oder des Rückwärts-Ganges das Gefühl, beinahe an der Rückbank anzustoßen. Dafür gibt das Schaltverhalten des Kia keinen Grund zur Kritik. Beim Splash hingegen stört die hakelige Schaltung, und teilweise verweigert der Rückwärtsgang seinen Dienst. In diesem Fall muss man die Gangwahl mehrmals wiederholen. Springt der Hebel weiterhin aus seiner Gasse, hilft nur noch wohldosierte Gewalt.

Kein Ohrenschmaus

Kommen wir zur Lautstärke. Beide Motoren arbeiten im Stand extrem leise. Um so lauter verhält sich der Splash allerdings während der Fahrt. Im Stadtverkehr blendet das Unterbewusstsein das Arbeitsgeräusch des Japaners noch leidlich aus, ab Tempo 120 funktioniert der Verdrängungsmechanismus jedoch nicht mehr. Nach der mehrstündigen Testfahrt steigen wir mit einem Surren in den Ohren aus. Der Picanto dagegen verwöhnt uns mit Ruhe im Leerlauf und angemessener Lautstärke während der Fahrt.

Etwas mehr Durst als versprochen

Beim Spritverbrauch nehmen sich die beiden Kontrahenten nicht viel. Der Splash schluckt laut Hersteller 5 Liter Benzin, und der Picanto soll sich 0,2 Liter mehr auf 100 Kilometer gönnen. Bei unseren Messungen kamen beide auf höhere Werte: sowohl der Japaner als auch der Koreaner konsumierten durchschnittlich 6,3 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Der Suzuki überbietet die Hersteller-Angabe somit um 1,3 Liter, der Kia liegt 1,1 Liter über dem Soll-Verbrauch. Hier fährt der sich Picanto einen kleinen Vorsprung ein.

Minis im Vergleich: Suzuki Splash vs. Kia Picanto

Fahrwerk / Lenkung

Die meisten Kleinstwagen sind nicht gerade für komfortables Cruisen berühmt, daher waren wir überrascht, wie gemütlich und bequem es sich mit dem Kia fahren lässt. Bodenunebenheiten schluckt er erstaunlich gut. Daher können sich Beifahrer und Fondgäste gemütlich zurücklehnen und auch mal ein Nickerchen wagen. Die Lenkung reagiert erfreulich direkt, und auch in Kurven gibt sich der Wagen keine Blöße. Wobei man natürlich anmerken muss, dass der Koreaner meilenweit vom agilen Fahrverhalten eines Mini Cooper entfernt liegt. Der Wendekreis beträgt Segment-typische zehn Meter.

Sportlicher Splash

Nicht so gemütlich, dafür aber umso spritziger begegnet uns der Splash. Unter sportlichen Gesichtspunkten macht der Wagen sogar richtig Spaß. Er ist sehr straff gefedert, und wir werden spürbar, aber nicht unverschämt auf Bodenwellen und Unebenheiten hingewiesen. Bei ziviler Fahrt liegt das Auto ausgezeichnet auf der Straße, und die präzise Steuerung tut ihr übriges für ein gutes Fahrgefühl. Bei schnellen Kurven allerdings fordert die enorme Höhe des Suzuki ihren Tribut – das Auto beginnt zu wanken. Beim Wendekreis unterbietet der Japaner den Picanto um 60 Zentimeter und schafft die Wende mit 9,4 Meter.

Karosserie / Innenraum

Minivans sollen auf kleiner Fläche viel Komfort bieten und am besten genauso viel Platz zur Verfügung stellen wie ein großer Kombi. Schauen wir mal, wer hier die Nase vorn hat. Für seine Optik verdient der Splash auf jeden Fall ein dickes Lob, denn er macht einen ausgewogenen und jugendlich-frischen Eindruck. Charakteristisch für den kleinen Japaner sind die großen Scheinwerfer und der trapezförmige Kühlergrill. Im Profil zeigt er sich mit einer leicht ansteigenden Haube und einer zum Hinterteil abfallenden Dachlinie, welche in eine nahezu vertikale Heckklappe übergeht. Dominierendes Element von hinten betrachtet sind die großen, bumerangförmigen Heckleuchten, die sich im Außenbereich der C-Säulen befinden.

Minis im Vergleich: Suzuki Splash vs. Kia Picanto

Enorme Kopffreiheit

Der Japaner ist 3,72 Meter lang, 1,68 Meter breit und 1,59 Meter hoch. Die Vorzüge des Splash ergeben sich vor allem durch die erhöhte Sitzposition. Damit hat der Steuermann eine optimale Sicht und die Kopffreiheit ist enorm. Für größere Fahrer gestaltet sich das Finden einer guten Sitzposition allerdings als etwas schwierig. Es ist ein Dilemma: entweder man stellt den Sessel so ein, dass die Pedalerie gut erreichbar ist, dann sitzt man aber zu weit weg von dem nur in der Höhe einstellbaren Lenkrad oder umgekehrt. Kleine Menschen hingegen können bequem Platz nehmen, dank höhenverstellbarem Gestühl findet sich die ideale Haltung relativ schnell. Die vorderen Sitze sind bequem und bieten einen ordentlichen Seitenhalt. Nicht so gut haben es die Hinterbänkler, diese rücken sich bei voller Besetzung doch sehr auf den Pelz und müssen auf einer hart gepolsterten Bank verweilen. Wenigstens gibt es keine Probleme mit den Köpfen, denn auch im Fond ist die Freiheit nach oben enorm.

Kaum Stauraum

Knapp sieht es dagegen aus, wenn man in den Kofferraum blickt. Das Ladevolumen des Splash beträgt lediglich 178 Liter. In der Praxis heißt das, dass nicht einmal eine mittelgroße Reisetasche transportiert werden kann. Besser wird es, wenn die Rückbank umgeklappt wird: dann passen immerhin 1050 Liter hinten rein.

Unauffällige Optik

Der Picanto misst 3,54 Liter in der Länge, 1,60 Meter in der Breite und 1,48 Meter in der Höhe. Die Frontansicht ist von einem trapezförmigen Kühlergrill mit schwarzem Gitter geprägt. In der Ausstattung "Cool" wird der Grill noch durch zwei verchromte Querspangen aufgewertet. Im Gegensatz zum Vorgängermodell sind die Scheinwerfer nun mehr gerundet. Von Außen ist der Kia eher unauffällig und belanglos gestaltet. Vorne und seitlich erinnert er uns an den derzeit noch aktuellen VW Polo. Die Koreaner haben sich, wie es scheint, von den rundlichen Lampen, der Silhouette und den Türschutzleisten des Wolfsburgers inspirieren lassen.

Minis im Vergleich: Suzuki Splash vs. Kia Picanto

Bequeme Sessel

Im Innenraum finden wir recht passable Sessel vor, die einen völlig ausreichenden Seitenhalt bieten. Sogar die Fondgäste können sich nicht über unbequeme Sitzgelegenheiten beklagen. Die Rückbank ist angenehm weich gepolstert. Im Gegensatz zum Suzuki ist die Rückbank des Kia nur für zwei Personen ausgelegt. Die Kopf- und Beinfreiheit allerdings fällt geringer aus als beim Kontrahenten. Bei einem kleinen Piloten und Beifahrer kann man noch einigermaßen komfortabel sitzen. Nehmen vorne aber 1,80 Meter große Menschen Platz, sollte auf der Fondbank besser bloß noch Gepäck transportiert werden.

Zu kleiner Kofferraum

Kommen wir zum hinteren Abteil. Bereits zuvor ist uns der Splash hier negativ aufgefallen. Der Picanto setzt aber noch einen drauf und bietet gerade einmal ein Ladevolumen von 127 Litern an. In diesen winzigen Kofferraum passt nicht einmal mit gutem Willen ein normaler Reisetrolley hinein. Ein wenig besser sehen die Abmessungen bei umgeklappter Rückbank aus, dann wächst das Gepäckvolumen auf 882 Liter. Das ist alles andere als berauschend und daher heißt es hier: Vorteil Splash.

Gut geklaut

Das Splash-Cockpit mutet an wie eine Mélange aus den Armaturenbrettern von Smart Fortwo, Mini Cooper und des alten Honda Jazz: Der Drehzahlmesser auf dem Armaturenbrett kommt aus Stuttgart, der große runde Tacho aus München und der Ziehharmonika-Schaltsack aus dem Hause Honda. Aber besser gut geklaut, als schlecht selber ausgedacht. Die Bedieneinheiten sind praktisch und funktionell angebracht. Äußerst gut haben uns die zahlreichen, in Fahrernähe angebrachten, Ablagen gefallen. Vor allem das verschließbare Fach auf dem Armaturenträger ist sehr praktisch und bietet CDs, einem Geldbeutel oder anderem Kleinkram Platz. 0,5-Liter-Flaschen können an Fahrer- und Beifahrertüre eingestellt werden, zusätzlich befindet sich ein Flaschenhalter am Mitteltunnel. Alles in allem mutet der Innenraum des Splash verspielt und jugendlich an. Zusammen mit seinem erfrischenden Äußeren gibt der Wagen ein absolut stimmiges Bild ab.

Minis im Vergleich: Suzuki Splash vs. Kia Picanto

Bei Ablagen gespart

Das Innenleben des Picanto ist erwachsener und ernster. Dennoch hat es Charme, und die verwendeten Materialien wirken überraschend hochwertig. Allerdings hat Kia mit Ablagen gespart: In die vorderen Türen passen keine Flaschen, und die vorgefertigten Getränkehalter an der Mittelkonsole sind so niedrig, dass selbst ein 0,5-Liter-Gefäß bei stärkeren Kurven seinen Standort verlässt. Sehr gewöhnungsbedürftig ist außerdem das dünne und äußerst rutschige Lederlenkrad, das dem Fahrer bei Parkvorgängen gerne schon mal aus der Hand gleitet. Ein Gewinner ist hier schwer auszumachen, denn die beiden Cockpits sind von ihrem Design her völlig unterschiedlich und werden wohl auch komplett verschiedene Geschmäcker ansprechen.

Ausstattung / Preis

Der Suzuki Splash kostet in der Basisvariante 9990 Euro, für den Kia Picanto zahlt man in der Grundversion rund 700 Euro weniger. Bei unseren Test-Fahrzeugen mit gehobener Ausstattung wird die Preisdifferenz noch deutlicher: der Splash in der Linie "Comfort" schlägt mit stolzen 13.500 Euro zu Buche, beim Picanto "Cool" mit optionalem ESP hingegen erhält man bereits für 12.065 Euro die Autoschlüssel. Bei beiden Testwagen gehören eine Klimaanlage, ein höhenverstellbares Lederlenkrad, elektrische Fensterheber vorne, beim Picanto sogar hinten, Nebelscheinwerfer, eine geteilt umlegbare Rückbank sowie ein CD-/Radio mit MP3-Funktion zur Serienversion. Hervorzuheben ist das ESP im Splash, welches ab Ausstattung "Club" ohne Aufpreis dabei ist. Bei den Koreanern muss man hierfür stolze 400 Euro zusätzlich hinlegen, allerdings ist es bei Kia bereits für die Basisvariante erhältlich, bei Suzuki nicht.


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