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Weil es Sprit spart, setzt auch BMW auf Dreizylindermotoren

Praxisversuch: der neue BMW-Dreizylindermotor

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BMW ist legendär für seine Sechszylinder. Doch zukünftig sollen auch drei Töpfe für Freude am Fahren sorgen. Klingt auf den ersten Blick nach Verzicht, doch wie schlägt sich der Downsizing-Motor in der Praxis?

Fürstenfeldbruck, 19. September 2012 – Leichter, sparsamer, aber trotzdem nicht spaßfrei: Das ist die Strategie, mit der BMW seine Fahrzeuge weiter entwickeln will. Das geschieht natürlich nicht aus Jux und Dollerei, sondern wegen strenger EU-Vorgaben zur Senkung des CO2-Ausstoßes und dem Wunsch nach weniger Verbrauch. So wird den BMW-Fans bald ungewohnte Kost serviert: In den nächsten Jahren werden auch Fahrzeuge mit Frontantrieb und Dreizylindermotoren von den Bändern rollen. Wir hatten Gelegenheit, eine Variante des neuen Dreizylindermotors auszuprobieren.

Weniger ist mehr

Anno 1955 erklärte DKW, dass ihr neuer Dreizylinder-Zweitakter so laufruhig sei wie ein Sechszylinder. Die Formel lautete "3=6". Der Zweitakter ist natürlich längst Vergangenheit, die Gleichung nicht. Natürlich war sie auch damals schon Marketinggerede, doch immerhin können gut gemachte Dreizylinder ein angenehmes Laufverhalten haben, weil ihnen die typischen Brummfrequenzen vieler Vierzylinder fehlen. Dass der Dreizylinder wieder verstärkt in Mode in Mode kommt, hat aber in erster Linie mit dem Verbrauch zu tun. Er punktet unter anderem mit weniger innerer Reibung als Vierzylindermotoren gleichen Hubraums und mit günstig dimensionierten Einzelhubräumen. Ford – durchaus Vorreiter bei den aufgeladenen Dreizylindern – nennt seinen aufgeladenen 1,0-Liter-Dreizylinder "EcoBoost" und setzt ihn künftig mit 120 PS Leistung sogar im neuen Mondeo ein. BMW setzt eine Nummer höher auf den Dreizylinder, er hat mit 1,5 Liter deutlich mehr Hubraum.

Nicht, dass es beim Dreizylinder bliebe: BMW setzt auf ein einheitliches Konstruktionsprinzip in Reihenanordnung – für Motoren mit drei, vier und sechs Zylindern. Der Grundwert von 500 Kubikzentimetern stellt für BMW das thermodynamische Optimum für den Einsatz im Pkw dar. Der neue Dreizylinder bietet also 1,5 Liter Hubraum, der Vierzylinder zwei Liter und mit sechs Töpfen sind es drei Liter. Die Zylinderleistung der Benziner liegt zwischen 30 und 55 kW, also etwa 42 bis 75 PS, das maximale Drehmoment zwischen 60 und 80 Nm. In Diesel-Ausführung sind es pro Zylinder 20 bis 45 Kilowatt (27 bis 61 PS) und 75 bis 110 Nm. Rechnen wir kurz zusammen: Ein Dreizylinder könnte bei BMW also zwischen 122 und 225 PS haben. Die Maschine, die wir ausprobieren konnten, liegt mit 130 kW und 177 PS in der Mitte und damit auf dem Niveau des aktuellen 118i.

Geladene Einheit

Was macht das Trio unter der Haube so stark? Erster Baustein ist die variable Ventilsteuerung namens "Valvetronic". Sie nutzt in ihrer neuesten Ausführung eine präzise Mechanik mit Exzenterwelle, um den Ventilhub auf der Einlassseite zu variieren. Weil damit die Regelung der benötigten Luftmasse innerhalb des Motors stattfindet, können die Drosselverluste beim Ladungswechsel reduziert werden, was Sprit spart. Der neue Dreizylinder nutzt die gleiche Technik wie der TwinPower-Turbo-Sechszylinder aus dem BMW 335i. Damit weist auch die halbe Portion sowohl Direkteinspritzung als auch einen Turbolader mit zwei Abgaseinströmöffnungen (deshalb TwinPower) auf.

Soweit, so gut, aber wie steht es mit der Laufruhe eines solchen Motors? Laut BMW ist der Dreizylinder frei von Massenkräften der ersten und zweiten Ordnung, welche sich in den bereits erwähnten Dröhnfrequenzen äußern. Das im Vergleich zum Sechszylinder erzeugte geringe Wankmoment wird durch eine Ausgleichswelle eliminiert. Zusätzlich gibt es Drehschwingungstilger, die nach dem Prinzip des Fliehkraftpendels arbeiten. Eine ähnliche Technik setzt BMW auch bei seinen Sparversionen der Vierzylinder-Dieselmotoren ein, um einen unrunden Lauf bei niedrigen Drehzahlen zu vermeiden.

Schöne Töne

Und wie klingt der BMW-Dreizylinder nun in der Realität? Für eine erste Probefahrt haben die Entwickler ihr Baby in einen 1er mit Acht-Stufen-Automatik gebaut (Man projiziere diese Idee einfach mal 20 Jahre in die Vergangenheit: 1,5-Liter Dreizylinder mit Achtgang-Automatik, haha). Aber auch heute lässt BMW die Kirche im Dorf, im 5er soll der Dreizylinder nicht verbaut werden. Los geht's, im Stand ist das Aggregat kaum wahrnehmbar. Beim Gasgeben ist ein typischer Dreizylinder-Sound zu hören, der aber nicht unangenehm auffällt. Insgesamt ist die Tonlage eher tief mit manchmal von fast dieseliger Konsistenz. Eine Überraschung gibt es in hohen Drehzahlbereichen: Hier hört man entfernt sogar einen turbinenartigen Klang heraus. Nebeneffekt der kompakten Baugröße des Dreizylinders: Der Test-1er lässt sich sehr agil im Slalom bewegen.

Gleich geht es weiter

In der Serie soll der Motor nochmals diskreter klingen, versprechen die BMW-Experten. Apropos Serie: Durch den neuen Motorenbaukasten sind höhere Stückzahlen möglich, zugleich sinken die Produktionskosten. Innerhalb der Benziner- respektive Dieselfamilie steigt der Anteil der Gleichteile auf bis zu 60 Prozent. Die baulichen Übereinstimmungen zwischen Benzin- und Dieselmotoren betragen rund 40 Prozent. Die Drei- und Vierzylinder der neuen Familie sind sowohl für den Längs- als auch für den Quereinbau in künftigen BMW- und Mini-Modellen geeignet.

In Serie ab 2013

Wo werden wir den Dreizylinder ab 2013 wiedersehen? Aus Gründen der Standfestigkeit wird die Obergrenze bei etwa 140 PS liegen, wie es bei BMW heißt. Eine Ausnahme macht ab Anfang 2014 der BMW i8 mit Plug-in-Hybrid, bei dem der Dreizylinder über 200 PS bereitstellen soll. Als gesetzt für den neuen Motor gelten bereits das Serienmodell der Studie Concept Active Tourer und der neue Mini, die beide Ende 2013 auf den Markt kommen.


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