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Quo vadis Lotus?

News Ingo Gach

Die britische Traditionsmarke Lotus scheint durch einen neuen 100.Millionen-Pfund-Kredit vorerst gesichert. Die Verkäufe ziehen zwar an, doch aktuell noch zu langsam, um der Firma schon jetzt eine sichere Zukunft vorauszusagen

Dany Bahar, Geschäftsführer von Lotus Cars, hatte Großes vor. Auf dem Pariser Salon 2010 stellte er mit viel Glitzer und Glamour nicht weniger als fünf neue Modelle [1] vor, die bis 2015 auf den Markt kommen sollten, darunter ein Esprit-Nachfolger mit einem selbst entwickelten V8-Motor. Er schwärmte über zukünftigen Verkaufszielen von 10.000 Stück jährlich. Der ehemalige Ferrari-Manager wollte Lotus als Konkurrent zu seinem früheren Arbeitgeber und Porsche positionieren und setzte dabei auf die glorreiche Historie der Marke, die einst vom legendären Colin Chapman gegründet worden war. Was Bahar dabei ignorierte waren die immensen Kosten für die Entwicklung der Sportwagen und der schleppende Verkauf der drei aktuellen Modellreihen Elise, Exige und Evora [2]. Inzwischen ist er vom neuen Lotusbesitzer DRB-Hicom, der letztes Jahr die Mehrheit am Vorbesitzer Proton übernommen hat, gefeuert worden. Es sah düster aus für Lotus, nur rund 1000 Autos wurden 2012 Jahr verkauft. DRB-Hicom überlegte, die britische Marke zu verkaufen, allein im vergangenen Finanzjahr belief sich der Verlust auf 133 Millionen Euro.

100 Millionen-Pfund-Spritze

Doch nun geht ein Aufatmen durch das Werk im britischen Hethel, die DRB-Hicom-Bosse in Malaysia haben einen weiteren Kredit über 100 Millionen Pfund gewährt. Bereits in den ersten sechs Monaten diesen Jahres sind 776 Autos verkauft worden – 20 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Lotus kündigte an, rund 100 neue Mitarbeiter einzustellen, davon 45 Ingenieure.

Dem ging allerdings ein harter Sanierungskurs voraus. Managing Director Tan Sri Mohd Khamil Jamil von DRB-Hicom erklärte, dass es nach eineinhalb Jahren gelungen sei, „die negativen Aspekte bei Lotus in finanzieller und technischer Hinsicht, im Image, dem Marketing und den Produkten zu beseitigen.“ Die ergriffenen Maßnahmen hatten der Firma gut getan, waren aber natürlich nicht ohne schmerzhafte Schnitte abgelaufen.

Weiterhin nur drei Modellreihen

Der neue Esprit und Eclat werden nicht gebaut, die Nachfolgemodelle von Elise, Exige und Evora kostenmäßig eingedampft. Genaueres wollte Jamil noch nicht sagen, aber sie seien technisch, in der Leistung, in der Qualität und bei den Kosten verbessert worden. Man hofft, bis 2015 die Verkaufszahlen auf 3000 bis 4000 Stück anzuheben, wobei die Hauptmärkte China, Japan und die USA seien. Vom Heimatland Großbritannien verspricht man sich offensichtlich keine signifikanten Absatzzahlen.

Seit Colin Chapman 1982 plötzlich verstarb erlebte Lotus diverse neue Besitzer und überlebte eigentlich nur durch das Erfolgsmodell Elise, das 1995 vorgestellt wurde. Dass Bahar ausgerechnet für das Volumenmodell einen Nachfolger vorgesehen hatte, der optisch rein gar nichts mehr mit der ursprünglichen Elise zu tun hatte, zeugt nicht gerade von Weitsicht. Porsche würde nie den Fehler begehen, sich bei seiner Ikone 911 zu weit vom Ursprungsmodell zu entfernen.

Ohne Wachstum kein Überleben

Lotus braucht dringend ein neues Volumenmodell, um zu wachsen. Das dürfte wohl kaum ein extrem teurer Supersportwagen wie der Esprit sein. Das Damoklesschwert der Insolvenz hängt auch weiterhin über Lotus, die Finanzspritze von 100 Millionen Pfund wird nicht lange reichen, wenn nicht endlich der Verkauf deutlich anzieht.

(Ingo Gach)


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Lotus-in-Paris-Fuenf-Neuvorstellungen-bis-2015-geplant-1100216.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Schnelle-Runden-im-neuen-Lotus-Evora-S-1126537.html