zurück zum Artikel

211-PS-Zwerg mit 238 km/h schnellster Serien-Mini aller Zeiten

Straßenfeger: Ausritt im Mini John Cooper Works

Fahrberichte ph
630 x 420 22114_1216388036171.jpg

Mit 238 km/h ist er der schnellste Serien-Mini aller Zeiten. Wir hatten Gelegenheit, den Kleinen um die Kurven zu scheuchen. Dabei machten Sport-Taste und DSC ebenso Spaß wie der Benzin-Direkteinspitzer mit 211 PS

Palma (Mallorca), 21. Juli 2008 – Dass der Rennfahrer und Autokonstrukteur John Cooper (1923 – 2000) mit seinen Entwürfen viele gute Werke geschaffen hat, wird kaum ein Auto-Enthusiast bestreiten. Und so liegt es nahe, das sportliche Topmodell der Mini-Baureihe ihm zu Ehren mit dem Zusatz John Cooper Works zu versehen. Den bärenstarken Flitzer gibt es übrigens sowohl in der dreitürigen Hatchback-Variante als auch als Clubman-Kombi. Wir haben den kürzeren der beiden vorgezogen für einen ausgiebigen Ritt über öffentliche und abgesperrte Asphalt-Pisten.

Massive Front, Doppelauspuff

Der erste Eindruck vom Neuen: Satt steht er auf der Straße. Die Front ist massiver als bei den schwächeren Brüdern, wirkt wuchtiger und breiter. Die 205er-Bereifung auf superleichten 17-Zoll-Rennfelgen füllt die Radhäuser potent aus. Die aerodynamischen Anbauteile wie Spoiler und Schweller sind angenehm dezent ausgefallen – anders als bei dem ebenfalls 211 PS starken Rennsport-Vorbild unseres Straßenwagens aus der mittlerweile recht bekannten Rennserie "Mini Challenge". Bei dem Rennwagen thront nämlich ein Riesenheckflügel am hinteren Dachabschluss, um den Mini bei Topspeed ordentlich auf die Piste zu drücken. Bei unserer zivileren Straßenversion fällt dafür das mittig angeordnete Doppelauspuffrohr um so mehr ins Auge.

Tacho reicht bis 260 km/h

Innen unterscheidet sich unser John-Cooper-Works-Mini nur wenig von den 175 PS starken Cooper-S-Modellen: Übergroßer, mittig angeordneter Tacho, Drehzahlmesser im Blickfeld des Fahrers direkt hinter dem griffigen Lederlenkrad und Sportsitze mit zupackenden Seitenwangen gibt es dort auch. Doch halt: rechts außen auf dem Armaturenbrett prangt ein John-Cooper-Works-Logo. Works-spezifisch sind außerdem ein anthrazitfarbener Dachhimmel, Interieuroberflächen in der Variante Piano Black und die bis zum Wert von 260 km/h reichende Tachoskala. Wer es richtig sportlich mag, muss weiteres Zubehör ordern – "Customizing" nennt BMW das und dürfte wohl nicht schlecht dran verdienen. Da gibt es dann auch derbe Recaro-Rennschalensitze, Carbonblenden, ein Lenkrad mit griffigem Alcantarabezug und vieles mehr.

Straßenfeger: Ausritt im Mini John Cooper Works

Motoren aus Hams Hall

Der 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner für die zweite Mini-Generation, die seit dem Jahreswechsel 2006/2007 auf dem Markt ist, wurde gemeinsam mit Peugeot entwickelt. Die Bestandteile kommen zwar aus Frankreich, die Endmontage erfolgt für alle Mini aber im BMW-Group-Motorenwerk Hams Hall (Großbritannien). Von dort werden dann sogar die 175-PS-Ausführungen, die zum Beispiel den Peugeot 207 RC antreiben, nach Frankreich zurückgeliefert.

211 PS per Turbolader

Wir lassen den Motor unseres chilliroten John Cooper Works an und sind erst mal enttäuscht: Ziemlich leise säuselt das 211 PS starke Aggregat vor sich hin. Auch beim Hochbeschleunigen bleibt die Maschine recht leise. Das heisere Singen der ersten Mini-Cooper-S- und Works-Generation, bei der die Extrakraft noch aus einem Kompressor kam, geht uns doch ab. Jetzt bringt ein "Twin-Scroll"-Turbolader, den wir auf der nächsten Seite näher beschreiben, die sittsame Power, der allerdings eine Menge Vorteile bietet, nicht zuletzt einen geringen Spritkonsum.

Mit Sporttaste: brabbeliger Sound

Gut versteckt hinter dem Gangwahlhebel, mit dem man knackig, aber nicht auf wirklich kurzen Wegen schalten kann, ist der "Sport"-Knopf gelegen. Wenn man den drückt, ändert sich einiges: Die elektromechanische Lenkung verhärtet sich und das Gaspedal spricht direkter an. Doch das Beste: Der Sound wird brabbelig – und zwar am schönsten, wenn man aus niedrigen Drehzahlen heraus beschleunigt. Die absolute Steigerung kommt beim Gaswegnehmen: Blubbrige Fehlzündungen künden davon, dass die Maschine bei Laune gehalten werden will. Und so beschleunigen wir und gehen wieder vom Gas, beschleunigen und gehen wieder vom Gas und nochmal und nochmal, ja das macht Spaß. Genauso gut kann man aber auch so richtig heizen und die Leistungsspitze mit hohen Drehzahlen abrufen: Die 211 PS werden bei 6000 Touren erreicht.

Straßenfeger: Ausritt im Mini John Cooper Works

Wuchtiger Antritt dank Twin-Scroll-Turbolader

Aufgrund der Charakteristik des Turboladers, in dem die Kanäle von jeweils zwei Zylindern voneinander getrennt sind, kommt der Druck fett von unten raus: Schon ab 1850 Touren steht das maximale Drehmoment von 260 Newtonmeter zur Verfügung. Und das geradlinig bis zu 5700 Umdrehungen. Durch eine kurzzeitige Erhöhung des Ladedrucks im Bereich zwischen 1950 und 5500 U/min wird beim Beschleunigen kurzzeitig noch ein Overboost aktiv, der das Drehmoment auf 280 Newtonmeter erhöht. So kommt der Works besser aus dem Keller als viele Diesel.

Schaltfaules Fahren ist möglich

Enge Kehren nehmen wir schaltfaul im dritten Gang und fahren trotzdem richtig schnell. Es ist sehr beeindruckend, zu welchen Fahrleistungen dieses kleine Auto imstande ist. Der Mini benötigt 6,5 Sekunden für den Spurt von null auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 238 km/h. Damit ist er der schnellste Mini, den es je gab.

Sparsam dank Direkteinspritzung

Der Turbo-Vierzylinder ist mit einer Benzin-Direkteinspritzung nach dem Common-Rail-Prinzip ausgestattet. Seitlich im Zylinderkopf positionierte Einspritzventile befördern den Treibstoff in Bruchteilen von Sekunden mit einem Druck von 120 bar in den Brennraum. Das Ergebnis: Der John Cooper Works begnügt sich mit einem Durchschnittsverbrauch von 6,9 Liter auf 100 Kilometer. Der entsprechende CO2-Wert beträgt 165 Gramm pro Kilometer.

Sportler mit Komfort

Das Fahrwerk ist perfekt, wenn es auch deutlich weicher abgestimmt ist als beim ersten neuen Mini Cooper S aus dem Jahr 2002, bei dem die Hinterachse so schön durchknallt, wenn man über eine Querrinne fährt. Jetzt wurde der Wagen besser auf die damals noch ganz neuen Runflat-Reifen abgestimmt und so kommt der Sportzwerg eher kommod daher, selbst mit dem 200 Euro teuren Sportfahrwerk. Hartgesottene müssen dann wohl doch das spezielle John-Cooper-Works-Sportfahrwerk für 1038 Euro bestellen.

Straßenfeger: Ausritt im Mini John Cooper Works

Geniale Straßenlage

Doch auch mit komfortabler Abstimmung hat der Neue eine nahezu geniale Straßenlage, lenkt gierig in jede Kurve ein, lässt sich mit minimalen Lenkraddrehungen um die Ecken zirkeln und bricht auch bei forciertem Ritt nicht aus – weder vorn noch hinten. Allerdings zerrt beim vollen Rausbeschleunigen aus Kurven das Antriebsmoment ganz schön an der Vorderachse, so dass wir Mühe haben, den Wagen auf Kurs zu trimmen.

DSC mit technischen Leckerbissen

Im mallorquinischen Straßenverkehr haben wir uns rücksichtsvoll zurückgehalten – wie deutsche Gäste es bekanntlich bei allen Gelegenheiten auf dieser schönen Insel tun … Auf der abgesperrten Rennstrecke wollten wir es dann aber wissen. Und dabei hat uns die DSC-Taste (genau so gut versteckt wie der Sportknopf) wesentlich geholfen. Allerdings verbergen sich in dem serienmäßigen Fahrstabilitätssystem DSC (Dynamische Stabilitäts Control) einige technische Besonderheiten, so dass wir jetzt um eine kleine Vorlesung in Sachen moderner Fahrwerkselektronik nicht herumkommen.

Erstmals Traktionskontrolle beim Frontantrieb

Zunächst sind wir in normaler DSC-Einstellung gefahren. Und das hilft sehr, den Wagen auch bei übermütiger Fahrweise auf Kurs zu halten. Das DSC verhindert bei Bedarf mit Bremseingriffen und einer Reduzierung der Motorleistung ein Ausbrechen des Fahrzeugs. Auf der Rennstrecke wollen wir die Bremseingriffe aber eigentlich nicht, der Mini kann ruhig ein bisschen über die Räder schieben. Also drücken wir den DSC-Knopf. Als Unterfunktion von DSC setzt die Dynamische Traktions Control DTC – erstmals in einem frontgetriebenen Fahrzeug – die Ansprechschwelle der Fahrstabilitätsregelung herauf. Damit kann der John Cooper Works nicht nur auf schneebedeckter Fahrbahn mit leicht durchdrehenden Vorderrädern kontrolliert Fahrt aufnehmen. Auch auf dem Rundkurs fahren wir damit näher an der fahrphysikalischen Grenze. Einfach gesagt, geht's schneller um die Kurven, weil das System uns nicht so früh ausbremst. Aber rutschen tun wir immer noch nicht. Beim Erreichen des Grenzbereichs wird der stabilisierende Eingriff des DSC nämlich auch im DTC-Modus gewährleistet.

Straßenfeger: Ausritt im Mini John Cooper Works

Gezielter Bremseingriff in schnellen Kurven

Für eine weiter verschärfte Stufe deaktivieren wir die DSC-Funktion durch einen zweiten Druck auf den Knopf vollständig. Jetzt, im DSC-Off-Modus, sorgt eine weitere Funktion für optimalen Vortrieb und gute Traktion. Denn der John Cooper Works ist auch noch mit einer elektronisch gesteuerten Sperrfunktion für das Differenzial der Antriebsachse ausgestattet. Diese bremst in engen Kurven ein durchdrehendes Antriebsrad gezielt ab. Die Kurvenfahrt verläuft harmonischer und schneller. Und beim Einbremsen in die Kurve haben wir es sogar geschafft, dass der Wagen ein bisschen schwänzelt.

Sicherheit wird groß geschrieben

Zu dem Fahrstabilitätssystem kommen übrigens noch ein Bremsassistent und eine Berganfahrhilfe sowie eine Sportbremsanlage mit Antiblockiersystem, elektronischer Bremskraftverteilung (EBD) und Kurvenbremshilfe (CBC). Die passive Sicherheit wird serienmäßig durch eine crashoptimierte Fahrgastzelle, sechs Airbags, Dreipunkt-Automatikgurte für alle Sitzplätze, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer vorn, Gurtwarner, ein Isofix-Kindersitzbefestigungssystem im Fond, Reifen mit Notlaufeigenschaften und eine Reifen-Pannen-Anzeige gewährleistet.

iPod und iPhone sind voll integriert

Der jungen Käuferzielgruppe von Mini entsprechend werden bei den Audio- und Navigationssystemen viele Integrationsmöglichkeiten geboten: Ein serienmäßiger AUX-Anschluss ermöglicht, Musik von einem MP3-Player über das Audiosystem wiederzugeben. Als Zubehör ist eine Schnittstelle zur Integration eines iPod der Firma Apple erhältlich. In diesem Fall kann die Auswahl der Musikdateien über die Bedienelemente der Audioanlage erfolgen. Des Weiteren gibt es optional eine Handy-Vorbereitung beziehungsweise eine integrierte Freisprecheinrichtung, die jeweils mit Bluetooth-Schnittstelle und USB-Anschluss ausgestattet sind. Speziell für das angesagte Mobiltelefon Apple iPhone ist eine Schnittstelle zur Bedienung der Audio- und Telefonfunktionen verfügbar.

30.000 Euro sollte man schon haben

Der Mini John Cooper Works ist ab 27.700 Euro zu haben. Die gleich starke Kombivariante Clubman kostet 29.500 Euro. Die Sportausstattung ist nicht schlecht, sogar die 17-Zoll-Alufelgen sind im Preis inbegriffen und insbesondere die Sicherheitsausstattung ist lobenswert umfangreich. Doch für eine Klimaanlage oder gar -automatik zum Beispiel muss man extra zahlen. Und so bietet die Preisliste noch so manches Schmankerl, mit dem sich der Anschaffungspreis locker auf 35.000 bis 40.000 Euro treiben lässt.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-486048