zurück zum Artikel

BMW kombiniert erstmals Turbo­aufladung mit einer vollvariablen Ventilsteuerung

Valvetronic, Turbo und Direkteinspritzung im Verbund

Technik sl
630 x 420 24660_1245763495284.jpg

BMW verbindet Turbo­aufladung, vollvariable Einlass­ventilsteuerung und Direkt­einspritzung erstmals in einen Serienmotor. Das verspricht deutlich weniger Verbrauch bei verbessertem Leistungsverhalten

München, 24. Juni 2009 – Kein anderer Automobilhersteller setzt die Forderung nach weniger Emissionen und mehr Fahrfreude so überzeugend um wie BMW, findet der bayrische Autobauer. Grund dafür sei die Entwicklungsstrategie EfficientDynamics, die sämtliche Innovationen umfasst, um Fahrzeuge sparsamer und dynamischer zu machen. Tatsächlich hatte BMW in den vergangenen Jahren bei einigen Entwicklungen die Nase vorn, die einer höheren Effizienz dienen. So machte zum Beispiel BMWs Verfahren schnell Schule, mit zurückgewonnener Brems- und Schubenergie das Bordnetz zu entlasten. Neben der strahlgeführten Einspritzung für einen praktikablen Magerbetrieb war diese Bordnetz-Rekuperation bei Einführung des EfficientDynamics-Konzeptes ein wesentliche Baustein.

Bayrische Motoren-Werke

Eine der Kernkompetenzen von BMW ist noch immer der Motorenbau – viele Autokäufer erwarten nach wie vor Besonderes von den bayrischen Motorenbauern und bekommen es häufig auch. Das gilt zum Beispiel für die Schicht­ladung beim Magerbetrieb von Ottomotoren, die BMW erstmals erfolgreich in den Markt brachte. Voraussetzung waren Einspritz­elemente, welche die Bildung eines fetten Gemischzentrums ermöglicht – ohne komplizierte Brennräume zur Drallbildung, die bei höherer Last die angestrebten Verbrauchsvorteile wieder verhageln.

Jetzt stellt BMW zwei neue Motoren vor, einen Benziner und einen Diesel. Vor allem der Ottomotor ist interessant, weil in ihm erstmals Valvetronic, TwinScroll-Turboaufladung und Direkteinspritzung kombiniert sind. Das Ziel ist im Kern übrigens dasselbe wie beim Magerbetrieb: mehr Effizienz durch Entdrosselung [1].

Voll variabel

Der neue Reihensechser mit 306 PS ist vom bekannten Dreiliter-Twinturbo-Motor abgeleitet, der aus dem 135i, 335i, Z4 sDrive35i und X6 sDrive35i bekannt ist. Er bietet unveränderte Leistung und das gleiche Drehmoment, ist aber je nach Modell bis zu 9 Prozent sparsamer. Der offenkundigste Unterschied zum Vorgänger besteht darin, dass nun eine Valvetronic verbaut ist, eine stufenlose Verstellung der Ventilöffnung, welche die Drosselklappe zum Dosieren der Luftzufuhr unnötig macht. Zudem hat der neue Benziner statt zwei Ladern in paralleler Twinturbo-Anordnung „nur“ einen so genannten Twin-Scroll-Turbolader. Dabei sind im Abgaskrümmer und im Turbolader selbst die Kanäle von jeweils drei Zylindern voneinander getrennt. Der Effekt ist ähnlich, allerdings mit weniger Aufwand: Zwei kleine Lader wie beim Vorgänger oder eben ein kleiner Lader, der abwechselnd aus jeweils drei Zylindern gespeist wird, sprechen früher an als ein großer Turbolader.

Valvetronic, Turbo und Direkteinspritzung im Verbund

Freie Atmung

Da zudem der Ventilhub voll variabel gesteuert werden kann (und wie beim Vorgänger die Öffnungsphase auf Ein- und Auslassseite), kann der Turbolader schon bei niedrigen Drehzahlen kräftig unter Druck gesetzt werden – der verbesserte Ladungswechsel [2] erleichtert dem Turbolader die Arbeit. Interessant ist übrigens, dass BMW das Maß der Entdrosselung durch die Valvetronic sogar in Zahlen fasst: Selbst im Teillastbereich beträgt der Unterdruck nur etwa 50 mb, statt bis zu 800 mb bei Motoren, bei denen eine Drosselklappe die Luftzufuhr behindert.

Durch die Kombination der verschiedenen Maßnahmen konnte BMW ein sehr breitbandiges Drehmoment- und Leistungsverhalten auf hohem Niveau erreichen: Einerseits steht schon bei 1200 U/min das maximale Drehmoment von 400 Nm zur Verfügung. Andererseits lassen sich selbst bei 7000 U/min noch gut 90 Prozent der Höchstleistung abrufen – die Nenndrehzahl liegt bei 5800 U/min.

Vorteile im Weltmarkt

Die Entdrosselung per Direkteinspritzung, Turboaufladung und vollvariabler Ventilsteuerung hat übrigens nicht zu unterschätzende Vorteile im Vergleich zu Magerkonzepten: Zum einen ist keine aufwendige NOx-Nachbehandlung notwendig und zum anderen sind die Ansprüche an die Kraftstoffqualität geringer – das erleichtert den Export in Regionen mit schlechteren Spritqualitäten. Seine Premiere erlebt der neue Reihensechszylinder im 5er Gran Turismo, der im Oktober 2009 startet. Kombiniert wird der Antrieb mit einer neuen Achtgang-Automatik. Der Preis für das Auto liegt bei 55.700 Euro.

Valvetronic, Turbo und Direkteinspritzung im Verbund

Diesel mit vier Prozent weniger Verbrauch

Außerdem führt BMW im 7er eine zweite Dieselversion neben dem 730d ein. Sie soll an die Stelle des noch in der Vorgängergeneration angebotenen V8-Diesels im 745d treten. Der Sechszylinder-Diesel basiert auf dem gleichen Grundmotor wie das Aggregat im 730d, erzeugt aber 306 PS bei 4400 U/min und stellt 600 Nm bei 1500 U/min zur Verfügung. Während die Common-Rail-Einspritzung im 730d mit maximal 1800 bar arbeitet, sind es hier bis zu 2000 bar.

Aufladung wie im 535d

Die zweite Neuheit ist die Aufladung: Das Aggregat im 730d besitzt hat nur einen Turbolader, beim Neuen sind es zwei. Grundsätzlich handelt es sich um einen Variable-Twin-Turbo wie im 535d, doch besitzt der kleinere Lader hier eine variable Turbinengeometrie (VTG). Dies ermöglicht es, das Ansprechverhalten bei niedrigen Drehzahlen zu verbessern. Im Vergleich zum 535d bietet der neue Motor 20 PS und 20 Nm mehr. Dennoch ist der Verbrauch um rund vier Prozent niedriger. Der neue Diesel soll die Euro-5-Abgasnorm erfüllen. Ob die neue Version 735d oder 740d heißen wird, teilt BMW noch nicht mit. Auch wann Markteinführung ist, geben die Münchner noch nicht bekannt.

Automatik mit acht statt sechs Gängen

Schließlich stellen die Münchner die Achtgang-Automatik vor, die im 760i und 760Li eingeführt wurde. Die beiden zusätzlichen Gänge erlauben eine größere Spreizung bei dennoch kleineren Drehzahlsprüngen beim Gangwechsel. Im Vergleich zur bekannten Sechsgang-Automatik soll der Spritverbrauch um rund sechs Prozent sinken. Auch die Dynamik soll sich verbessern, da fast alle Schaltvorgänge das Öffnen und Schließen von jeweils nur einer Kupplung notwendig machen – ähnlich wie bei Doppelkupplungsgetrieben. Das Getriebe kann außer in Hecktrieblern auch in Allradmodellen eingesetzt werden, passt also zu den neuen xDrive-Versionen des 7er. Außerdem kann die Automatik in die Hybridversion des 7er eingebaut werden, die im Herbst 2009 startet. (ggo) /


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-456229

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Druck-Erzeugnis-Hubraum-ist-doch-zu-ersetzen-457002.html
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Ladungswechsel