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Sparkassen-Direktversicherung bietet Blackbox-Tarif an

Verwanzt versichert

News Clemens Gleich

Die Sparkassen-Direktversicherung bietet ab Januar 2014 einen Versicherungstarif an, dessen Beiträge sich nach den Messdaten eines Telematik-Systems bemessen, vulgo: einer GPS-Blackbox. Wie steht es mit der Sicherheit der erfassten Daten?

München, 12. November 2013 – Die Sparkassen-Direktversicherung bietet ab Januar 2014 einen Versicherungstarif an, dessen Beiträge sich nach den Messdaten eines Telematik-Systems bemessen, vulgo: einer GPS-Blackbox. Das Gerät stammt vom Tracking-Spezialisten Masternaut und enthält Beschleunigungssensoren, GPS-Antenne, GSM-Modul, eigene Stromversorgung, anders als Ecall-Systeme jedoch (sorry, Missverständnis) keine eigene Freisprechanlage. Anbieter von Hard- und Software ist die Telefónica Insurance Telematics.

Belohnung für die sicherste Fahrweise

Die Versicherung vermarktet das System unter den Punkten Sicherheit (automatischer Notruf), Service (die Blackbox sendet im Fall eines Diebstahls die Fahrzeugposition), Beitragsnachlass und Gamification: Jeden Monat erhält der Fahrer mit der sichersten Fahrweise ein Quartal kostenlosen Versicherungsschutz. Der Kunde kann seine gefahrenen Strecken komplett einsehen, bis die ein Jahr alten Daten halbjährlich automatisch gelöscht werden (maximale Vorhaltezeit also <18 Monate). Die Versicherung erhält einmal im Monat die gefahrenen Kilometer und einen Punktewert, der die Fahrsicherheit abbilden soll. Laut Sparkassen-DV ist der deutsche Markt damit "reif für ein Telematik-Produkt, angeboten durch einen Kfz-Versicherer. Kritische Stimmen von Verbraucherschützern nehmen wir sehr ernst. Denn es müssen nicht nur Maßnahmen zum Schutz des Lebens der Autoinsassen mit der innovativen Technik verknüpft sein, auch der Schutz der Fahrinformationen muss absolut sichergestellt sein." Soweit Dr. Jürgen Cramer von der Sparkassen-DV.

Das Interface, in dem der Fahrer seine Fahrtinformationen sichten kann, ist Teil der Infrastruktur der Telefónica. Die Blackbox wird hier mit einer ID ohne Personendaten geführt, anhand derer nur die gefahrenen Kilometer und der Bewertungs-Score an die Sparkassen-DV weitergegeben wird. Nur die Versicherung speichert also die Personendaten zur ID, so das Versprechen. Die Telefónica-Cloud speichert die Fahrtdaten nach eigenen Angaben sicher verschlüsselt. Prüfbar ist diese Sicherheit für den Kunden jedoch nicht. Meiner persönlichen Meinung nach fehlt zudem die Tugend der Datensparsamkeit. Die Erfahrungen vor allem der letzten Zeit haben die alte Weisheit bestätigt, dass einmal erhobene Daten Begehrlichkeiten wecken, also schlussendlich auch verarbeitet werden. Und: Es gibt in der Kryptographie keine belastbare Sicherheit ohne Transparenz. Das NSA-Projekt "Bullrun" hat deutlich gezeigt, wie es um die Sicherheit kommerzieller Krypto bestellt ist.

Die versprochene Anonymität der Benutzer ist spätestens dann ausgehebelt, wenn sie sich am Telefónica-System mit ihrer pseudo-anonymen ID per PC oder Smartphone einloggen, solange außerdem ISP-Verbindungsdaten vorliegen. Eine weitere, einfach abschnorchelbare Zusammenführungsmöglichkeit der Daten besteht bei der Montage des Systems, und jedem Hacker werden sofort ein Dutzend weitere Möglichkeiten einfallen, aufwandsökonomisch zusammenzuführen. Dazu kommen alle grundsätzlichen Probleme der Hardware, die, sofern kompromittiert, im Prinzip eine üppig ausgestattete Kombiwanze wird: Position, Beschleunigungsdaten, alles stets abrufbar über GSM und mit ihrer eigenen Batterie auch bei ausgeschalteter Zündung verfügbar.

Des weiteren sollten sich Kunden bewusst sein, dass eine Blackbox zunächst für den Anbieter gut ist. Die einfachen Sensoren des Systems können zum Beispiel nicht unterscheiden zwischen einer nötigen, auch für die Versicherung nützlichen Vollbremsung wegen Fußgängern auf der Fahrbahn und einer unnötig harten Bremsung zum Spaß am Risiko. Diesem Punkt möchte die Sparkassen-DV damit begegnen, dass es keine Bestrafung gibt, sondern nur Boni, und auch die mit 5 Prozent gering genug, dass Ungenauigkeiten des Systems keine großen Nachteile auslösen. Einen Überblick über die einfachen Bewertungsregeln der Sparkassen-DV finden Sie bei den Bildern.

Interessierte Kunden bezahlen für die automatische Fahrstilbewertungsbox der Sparkassen-DV 5,95 Euro monatlich (71,40 jährlich). Darin enthalten ist das elektronische Fahrtenbuch, der Diebstahl-Tracker, das automatische Notruf-System und die Teilnahme am Telematik-Tarif inklusive Freiquartals-Gewinnspiel-Teilnahme.


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